Klaus-Peter Wolf

Schriftstellerei, Dichtung, Rezitation

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Detlef Aghte
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Klaus-Peter Wolf

Beitrag von Detlef Aghte »

Auch ein alter Gelsenkirchener ,zumindest gebürtig
http://de.wikipedia.org/wiki/Klaus-Peter_Wolf
Wer durch des Argwohns Brille schaut,
sieht Raupen selbst im Sauerkraut
W. Busch

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Beitrag von Verwaltung »

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http://www.klauspeterwolf.de

Der ist nicht nur "zumindest gebürtig", sondern lebte 20 Jahre in GE und bezeichnet die Stadt auf seiner Webseite als sein "altes Jagdrevier". Offenbar hat er auch ein Drehbuch zu einem Lena-Odental-Tatort mit Gelsenkirchen-Bezug geschrieben.

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Beitrag von Verwaltung »

Westfälische Rundschau 02/1970 hat geschrieben:Schon früh das harte Brot der Schreiberei gekostet
Gelsenkirchens jüngster Literat hat bereits an großes Publikum
Lord Edes Geschichten kommen vor Grillo-Schülern und -Lehrern an


„Die Nacht im Käfig wurde gemütlich. Der Lord rauchte seine Pfeife, Charlie Rind war glücklich über seinen neuen Namen, und. säe sahen hoffnungsvoll in die Zukunft. Morgen würden sie die Hexe finden, und das Land wäre vom Hunger befreit. Dann wollten sie ein Schiff nehmen und auf eine andere Insel fahren, um dort ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen — dem Nichtstun, aber Wichtigtun." So beginnt das fünfte Kapitel der „Phantastischen Geschichten auf den ,Happy Islands' Inseln" von Klaus-Peter Wolf (16), ehedem Mitarbeiter der früh verschiedenen Schülerzeitung „Janus", zur Zeit „hauptberuflich" Obertertianer am Grillogymnasium. Der hauptberufliche Schüler ist Gelsenkirchens jüngster Schriftsteller mit Publikumserfolg.
Der Nachwuchsliterat, der den Stil von Siegfried Lenz imitiert und parodiert, hat schon früh das harte Brot der Schriftstellerei gekostet: „Schon in der Volksschule habe ich Geschichten erzählt. Das hat mir meine Mutter aber bald verboten, weil ich mir die Storys im Untericht ausdachte." Zum Schreiben kam „Lord Ede", wie seine Klassenkameraden den phantasiebegabten Blondschopf nennen, aber erst im vergangenen Jahr. „Wir haben da im Deutschunterricht eine Geschichte von Lenz gelesen. Die hat mir so gut gefallen, daß ich mir dachte: den kannste doch ma! imitieren." Ergebnis: die skurrilen Satiren und Parodien von den „Glücklichen Inseln".
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Kein Geld für eine Schreibmaschine
Eines Tages fiel die Kladde mit Klaus-Peters literarischen Versuchen Kunsterzieher Van der Grinten in die Hände. Der kleine blonde Wolf: „Er hat die Arbeiten gelesen und dann gemeint: ,Das muß gedruckt werden.' " Bevor es aber zum Drucken — Wolf, bescheidenverschmitzt: „Die Sachen sollen erst mal in einer Auflage von 500 Stück vervielfältigt werden. Im Augenblick haben wir nicht mal Geld für 'ne Schreibmaschine. Ziemlich mau bei jungen Schriftstellern." — kommt, wandert „Lord Ede" mit seinen Werken ein-, zweimal in der Woche durch die Klassen der Unterstufe. „Kumpel" und Klassenkamerad Klaus Streufen (17) — „Den hab ich auf der Judomatte kennengelernt. Weil er mit gebrochenem Finger nicht trainieren konnte, gab ich ihm 'ne Geschichte von mir zu lesen. Und dann hat er gesagt: ,Wir arbeiten von jetzt an zusammen.' Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren." — liest, und Klaus-Peter Wolf beobachtet die Reaktionen des Publikums.


Direktor stellt Mittel zur Verfügung

Ueber das Entgegenkommen aller Lehrer, vor allem aber von Studienrätin Dr. Magdalene Linnenborn, die ihre Deutschstunden zur Dichterlesung zur Verfügung stellt, und Oberstudienrat Walter Günther, der die Texte grammatikalisch und orthographisch korrigiert — „Lord Ede", als Klassensprecher anerkannte Autorität: „Meine letzte Zeugnisnote in Deutsch war 'ne 3. In den anderen Fächern, och, da bin ich so Durchschnitt, Mehr ist nicht." — Wundert sich das einzige Kind eines Bademeisters und einer Friseuse: „Das ist ein ganz neuer Stil. Vom „Janus" waren wir ja gewöhnt, in Opposition zu stehen." Oberstudiendirektor Fox hat für Wolfs Ambitionen volles Verständnis. Er stellt die notwendigen Mittel kostenlos zur Verfügung. „Dafür muß ich dann die ersten vervielfältigten Exemplare kostenlos verteilen."

Entschuldigungen bei Siegfried Lenz
Das Literatenteam besteht freilich nicht nur aus Autor und Lesechef Streufen, der übrigens Wolfs erbarmungslosester Kritiker ist, sondern auch aus einer zeichnenden Schneiderin: „Marie Luise Symanzik haben wir im Freibad entdeckt. Als sie eine meiner Geschichten gelesen hatte, fing sie gleich an zu zeichnen. Sie macht uns die Illustrationen." Wenn die Werke mal gedruckt werden. Klaus-Peter skeptisch: „Wir können die Sachen noch keinem Verlag geben, weil sie noch nicht getippt sind. Ich habe schon mal Arbeiten an einen Vertag geschickt, aber nicht zurückbekommen, obwohl Porto für die Rückantwort beilag."
Zunächst aber will sich der selbstbewußte Jungdichter bei Vorbild Siegfried Lenz in Hamburg entschuldigen: „Ich will ihm meine Sachen schicken und ihn um Verzeihung bitten, daß ich ihn so parodiere." Der junge Mann, der unbedingt Schriftsteller werden will, weiß, was sich gehört. Wie heißt es im dritten Kapitel der „Phantastischen Geschichten": „Charlie stieg aus, fegte die Scherben beiseite und sprach:,Wenn ich mir zu bemerken erlauben darf, sprach er, ,der Lord will aber auch immer mit dem Kopf durch die Wand."
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Alizette
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Klaus-Peter Wolf

Beitrag von Alizette »

Klaus-Peter Wolf ging in Gelsenkirchen zunächst zur Parkschule (Volksschule). Er hatte einen schweren Verkehrsunfall und verpasste dadurch fast ein Jahr lang den Unterricht. In einigen Interviews berichtete er später darüber, er habe eine Geschichtenerzählerbande gegründet und sei mit seinen Freunden auf dem Schulhof immer im Kreis spazieren gegangen, da hat er seine Geschichten erzählt.
Weil er in der Schule nicht besonders gut war, wurde ihm dies verboten, die Lehrer verdächtigten ihn, die Geschichten im Unterricht zu erfinden, deswegen wollte Klaus-Peter unbedingt von der Volksschule weg aufs Gymnasium, weil er hoffte, dort sei das Geschichten erzählen erlaubt.
Von der Parkschule bekam er keine Empfehlung, man war sich einig darüber, dass „der Junge das sowieso nicht schafft“. Aber er bestand eine Aufnahmeprüfung und kam ans Grillo-Gymnasium. Das muss eine große Enttäuschung für den Geschichtenerzähler gewesen sein, denn hier ging es ihm nicht viel besser.
Er wurde sehr rasch Klassensprecher, später auch Schulsprecher. Er arbeitete bei der dann verbotenen Schülerzeitung „Janus“ mit, Chefredakteur Bernd Aulich, zu den Redakteuren gehörte auch Herbert Schütz.
Im „Janus“ wurden seine ersten politischen Gedichte veröffentlicht.
Nach dem Verbot gründete er die Schülerzeitung „Der Weg“, die eine Weile sogar monatlich erschien, bis die Repressalien auch dagegen zu groß wurden.
Bereits im zarten Alter von 14 veröffentlichte er die ersten Kurzgeschichten in der überregionalen Presse. Er veranstaltete selbst organisierte Lesungen am Grillo-Gymnasium und verkaufte seine fotokopierten und zusammengeklebten Texte für damals zehn Pfennig, u.a. die Geschichten von Lord Snob, mit Bildern seiner damaligen Freundin Mary, die mit bürgerlichem Namen Marie-Luise Symanczik hieß und noch heute in Gelsenkirchen in der Stadtbibliothek arbeitet (Achtung! Wer heute noch so ein Heftchen besitzt, in Sammlerkreisen bekommt man dafür je nach Zustand zwischen 180 und 500 Euro). Überhaupt sind seine damals zusammengeschusterten und selbst geklebten Werke zu Sammlerstücken geworden.
Vieles erschien damals in der sog. Undergroundpresse, in Mini- und Kleinstverlagen.
Schon 1969 suchte er Kontakt zur Literarischen Werkstatt Gelsenkirchen, LWG, und gehörte zum Kreis um Hugo Ernst Käufer, Josef Bücher, Richard Lipmert, Lieselotte Rauner, Frank Göhre, Michael Klaus, Günther Braun, Detlev Marwig. Heute nennt er diese Ruhrgebietspoeten „meine Lehrer“. Als jüngstes Mitglied der Literarischen Werkstatt Gelsenkirchen durfte er seit 1970 dort seine Texte vortragen, damals stimmte das Publikum in einer Art Hitparadensystem ab (wahrscheinlich hat Deutschland sucht den Superstar sich das dort abgekupfert, grins…)
Klaus-Peter Wolf gewann fast jede dieser Lesungen. (Heute würde man das Poetry Slam nennen.) Er selbst sagt dazu: „Das lag bestimmt nicht an der Qualität meiner Texte, sondern eher daran, dass viele junge Leute, unter ihnen auch viele Schüler des Grillo-Gymnasiums, es klasse fanden, einen zum besten Literaten zu wählen, der in Deutsch Fünf stand und ständig davon bedroht war, von der Schule zu fliegen.“
Er hat seine Herkunft nie verleugnet. Inzwischen sind seine Bücher in 24 Sprachen übersetzt und weit mehr als 8 Millionen mal verkauft worden. Aktuell läuft im S.-Fischer-Verlag eine Krimireihe, „Ostfriesenkiller“ und „Ostfriesenblut“ heißen die ersten zwei Titel, die sich laut Verlagsangaben verkaufen „wie geschnitten Brot“.
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Er hat auch zahlreiche Fernsehfilme geschrieben und darin immer einen Gelsenkirchenbezug. Zum Beispiel in seinem Tatort „Abgezockt“ mit Ulrike Folkerts als Kommissarin Lena Odenthal haben sämtliche Personen Namen von Gelsenkirchener Stadtteilen. Sie heißen Hüllen, Horst, Bismarck usw. Überall finden sich in seinem Werk kleine Hinweise auf, ja manchmal Verbeugungen vor Gelsenkirchen. Sympathische Figuren sprechen bei ihm oft Ruhrgebietsdeutsch.
Mehr über ihn findet man auf seiner Homepage: www.klauspeterwolf.de
Im Augenblick verfilmt das Hessische Fernsehen gerade seinen Roman „Sklaven und Herren“. Das Drehbuch hat er, wie meist bei seinen Romanverfilmungen, selbst geschrieben. Der Film soll am 12. November um 20.15 Uhr in der ARD ausgestrahlt werden, selbst wenn sich das Sendedatum noch mal ein bisschen verschiebt, wird es auf jeden Fall an einem Mittwochabend um 20.15 Uhr in der ARD sein.

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

  • Ein "Autorenverlag" soll Zeitung nach Neugründung sein
    Schriftsteller-Verband lehnt Wolf-Initiative jedoch ab

    von Hans-Jörg Loskill, WAZ Samstag 7. Juli 1979

    Als "Alternative zu den Großverlagen" , über deren Bedingungen viele Autoren "lamentieren", versteht Klaus-Peter Wolf, Gelsenkirchener Autor und seit kurzem Geschäftsführer im neugegründeten Literarischen Verlag Anneliese Braun (Nachfolger des Helmut-Braun-Verlages in Köln, der in finanzielle Schwierigkeiten geriet (Die WAZ berichtete), ein verlegerisches Modell, das jetzt in den Mitteilungen des Schriftsteller-Verbandes (VS) veröffentlicht wurde.

    Wolf schlägt vor, daß möglichst viele Autoren Mitgesellschafter des Anneliese-Braun-Verlages werden (mit einer Kapitaleinlage von 10 000 DM). Würde sich der überwiegende Teil der Gesellschafter aus Schriftstellern zusammensetzen, könne "ein Autorenverlag realisiert werden".
    Wolf: "In diesem werden die Autoren nicht nur als Aushängeschild geduldet, sondern sie haben mit ihrer Stimme entscheidenden Einfluss auf die Verlagspolitik." Der 25-jährige, vor allem durch Jugendromane und -Hörspiele bekannt gewordene Autor, sieht in seiner Funktion als Geschäftsführer des Kölner Verlages die Garantie dafür, "daß der Einfluss der Autoren gewahrt bleibt".

    Weiter heißt es in diesem Brief-Aufruf: "So entsteht aus dem Zusammenbruch des H.-Braun-Verlages für die Autoren eine günstige Position. Wir haben die Möglichkeit, einen mitbestimmten bzw. selbstbestimmten Autorenverlag zu etablieren." Die ersten Titel bringt der neue Verlag, in dem Helmut Braun weiter großen Einfluß besitzt, in Kürze auf den Markt.

    Und was sagt der Verband zu diesem so günstig angepriesenen Modell? Kurz und bündig, allerdings auch nicht erläutert, heißt es in einem Kommentar zum VS-Rundbrief: "Unser Verbandsvorstand, der seiner Informationspflicht gegenüber unseren Mitgliedern nachkommen muss, weist darauf hin, daß der VS-Justitiar zu dem Modell eine gegenteilige Meinung vertritt."

    Danach hätte die sicherlich gut gemeinte Alternative kaum eine Chance - oder denken die Autoren etwa anders als ihre Verbandssprecher? Man wird sehen.
WAZ 7.7.1979
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klaus peter wolf
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Literarischer verlag

Beitrag von klaus peter wolf »

Leider behielten H J Loskill und der VS Justitiar mit ihren Bedenken Recht. Ich musste am Ende als Geschäftsführer den Konkurs Antrag stellen. Man hat es uns allerdings auch nicht gerade leicht gemacht. Der Schriftstellerverband setzte mehr auf die Autorenedition bei Bertelsmann (betrieben von Gerd Fuchs, Uwe Timm und Uwe Friesel). Die Kollegen übersahen dabei, dass ein Verlag, der einem Konzern gehört, eben genau kein autoreneigener Verlag ist. Die Gewerkschaft setzte mehr auf die Büchergilde, weil alle glaubten, die gehöre der Gewerkschaft. Alle diese Modelle sind gescheitert. Es zu versuchen machte trotzdem Sinn. wir wollten uns eben nicht abfinden mit der desolaten Verlagssituation. Wir fanden die Konzentration bedrohlich für die Presse und Meinungsfreiheit. Für junge Autoren sah es schlecht aus, statt Geld in sie zu investieren, kaufte man lieber teure amerikanische Lizenzen.
Wir machten sogar Lyrik, wofür wir ausgelacht wurden. Wir hatten eine Reihe "Literarischer Nachwuchs" und eine Reihe "Rückblick" in der zu Unrecht vergessene werke erschienen. Edgar Hilsenrath,Christoph Meckel, Paul Schallück und Hans Christian Kirsch fanden hier eine neue literarische Heimat. Aber die Banken waren uns nicht freundlich gesonnen, wir bekamen kaum Kredite, dafür mussten wir persönlich bürgen. Ich tat es und einige andere Autoren auch. Der VS Justitiar stand unserem Unternehmen zwar sehr skeptisch gegenüber, aber der Vorsitzende Bernd Engelmann stand mir mit vielen guten Ratschlägen zur Seite. Er hat sehr gehofft, dass wir es schaffen würden.
Am Ende sind wir gescheitert, was für mich eine Katastrophe war. Ich verlor alles, was ich besaß. Was mir blieb waren Schuldenberge und Gerichtsverfahren. Damals dachte ich:" Wenn mir noch mal einer anbietet irgendwo Geschäftsführer zu werden, haue ich ihm erst eins in die Fresse und dann sag ich Nein." Heute sehe ich das anders. Ich bin inzwischen sogar stolz darauf, es wenigstens versucht zu haben.
Klaus Peter Wolf

pito
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Re: Literarischer verlag

Beitrag von pito »

klaus peter wolf hat geschrieben:... Man hat es uns allerdings auch nicht gerade leicht gemacht. ... desolate Verlagssituation ... wofür wir ausgelacht wurden ... die Banken waren uns nicht freundlich gesonnen ...
Also kann man sagen, es waren nicht zuletzt die Umstände der damaligen Zeit, die zum Scheitern führten. Vielleicht wart ihr eurer Zeit einfach voraus. Wie sähe das heute aus? Würde einem Autorenverlag heute noch immer Ablehnung und Gelächter entgegenschlagen?

Braunschweiger13
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Dosenbier und was ?

Beitrag von Braunschweiger13 »

Anfang der 80er haben wir auf dem Gymnasium im Schulzentrum Ückendorf im Rahmen unseres progressiven Deutschunterrichts bei Herrn Mertmann KP Wolfs "Dosenbier und Frikadellen" gelesen. Wie auch den Rest der Schulzeit habe ich 99% davon recht erfolgreich verdrängt und lebe glücklich so :lol: Aber die Idee, mal was heimatbezogenes zu machen, war gut!

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klaus peter wolf
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Literarischer Verlag

Beitrag von klaus peter wolf »

Hallo, pito! Ob das heute klappen könnte, so ein Unternehmen, das von Künstlern bestimmt wird? Ich weiß nicht, wir hatten für unsere Geldgeber Verträge, in denen stand, Ziel des Verlages sei es nicht, besonders hohe Renditen abzuwerfen, sondern "guter Literatur eine Chance zu geben". Ob da heute noch Leute Geld reinstecken würden?
Die Banker haben mich damals schon angeguckt, als sei ich nicht ganz dicht.
Als ich dann im zarten Alter von 25 Konkurs anmelden musste und 2,7 Millionen (waren noch DM -Zeiten) in den Sand gesetzt hatte, da ahnte ich, was Janis Joplin meinte, als sie sang: "Freedom is another word for nothing left to lose"- Ich hatte eine schwangere Frau, kein Einkommen mehr, Haus weg, Auto weg, Konto gefändet, Kreditkarte weg, und zu allen Überfluß pfändete ein übereifriger Typ meine Schreibmachine, was es für einen Autor nicht leichter macht, Geld zu verdienen. Am Ende wurde ich zu drei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Der Staat ist nicht gerade gnädig mit mir umgegangen. Als Gerichtsreporter konnte ich die Strafe "ohne Bewährung"(!) gut einschätzen. Dafür kannst Du zum Beispiel mehrere Personen krankenhaus reif schlagen. Wo bei es auch dann schwer ist, keine Bewährung zu kriegen, dafür muß man schon Wiederholungstäter sein.
Ich stand als unbescholtener Bürger vor Gericht, der nur ein Verlagsprogramm zu verantworten hatte, das nicht so gut wie erhofft lief. Es reichte nicht, mich finanziell zu ruinieren. Ich mußte auch noch bestraft werden, ich vermute mal, damit ich das nicht wieder tue, und damit andere von meiner Niederlage abgeschreckt werden.
Überigens, meine Schulden sind bezahlt. Mit Dialogen für Fernsehserien, mit Kurzgeschichten, Krimis und Kinderbüchern habe ich alles abgestottert. Das hat fast zwanzig Jahre gedauert, ab jetzt schreibe ich nur noch für mich - ach ja und fürs Finanzamt.
Klaus Peter Wolf

pito
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Beitrag von pito »

Du hättest nicht 2,7 Mio DM in den Sand setzen, sondern 8 Mio € Steuern hinterziehen müssen. Dann hättest du Bewährung bekommen.

Schlimme Geschichte, die du da erzählst.
Ein Glück, dass du nicht irgendwann aufgegeben hast, sondern immer noch schreibst. :)

Heinz
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Beitrag von Heinz »

Hut ab.
Genieße die relative Freiheit!
Hast du über die Zeit etwas geschrieben?

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Lo
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Beitrag von Lo »

@ Klaus-Peter Wolf:
Ich habe, neugierig durch Deine obige Pleiten-Schilderung mit ihren Folgen soeben Deine Biografie gelesen,
ach, was sage ich: verschlungen!
Donnerwetter!
Das alles in nur einem (!) Leben!
Ich besitze leider keinen Hut, um ihn davor abzunehmen,
aber mein aufrichtiger, schleimloser Respekt ist Dir sicher.
Lo
Zuletzt geändert von Lo am 19.07.2008, 18:51, insgesamt 1-mal geändert.

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klaus peter wolf
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bewährung

Beitrag von klaus peter wolf »

Nee, ich habe nie darüber geschrieben. Aber ich hatte später dann immer ein Herz für gebrochene Helden. In meinen Büchern gibt es immer diese "Stehaufmännchen", denen fest in die Fresse gehauen wird, aber danach stehen sie wieder aufrecht im Ring. Insofern habe ich dann vielleicht doch darüber geschrieben.
Damals war die Frage für mich: schneid ich mir die Pulsadern auf oder kämpf ich mich durch. Ich habe mich für den Kampf entschieden, klingt jetzt irgendwie heroisch. War es aber nicht. Ich wurde nur gerade Papa und wollte mein Kind gerne aufwachsen sehen. Heute, da alles vorbei ist und zur Anekdote wird, bin ich auf manches stolz, das damals idiotisch aussah.
Vielleicht hat mich das Ganze auch am Ende erfolgreich gemacht. Ich stand ja unter heftigem Produktionsdruck, um die Familie zu ernähren und die Schulden abzubezahlen. Neulich stellte mich in einer Filmhochschule ein Prof. seinen Studenten mit den Worten vor: "Dieser Mann ist verantwortlich für mehr als 100 Stunden Fernsehn." (Kann sein, ich habe es nicht nachgerechnet.) Er sagte das irgendwie wie "dreckiger Schmierschmutz". Aber es gibt keine Minute Fernsehn für die ich mich schämen müßte und für meine Romane erst recht nicht.
Klaus Peter Wolf

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Uwe Görlas
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Beitrag von Uwe Görlas »

@ Ede ...

ist doch immer wieder schön, nach 35 Jahren und mehr von dem einen oder anderen was zu hören. War doch eine nette Zeit ... und so viel Idealismus.

Leider sind einige Leute so ganz verschwunden wie Achim W., Peter T. und Andreas E., aber zumindest dein Name begegnet einem so ab und an. Freut mich.

Uwe G.
Uwe aus GE-Horst

Teekesselchen
Abgemeldet

Beitrag von Teekesselchen »

@Uwe Görlas

Wenn du mit Andreas E. vielleicht einen schwarzhaarigen schlanken jungen Mann meinst, Grillo-Gymnasiast und damals wohnhaft in der Von-der-Recke-Str., dann schau mal hier :

http://www.slavistik.uni-wuerzburg.de/s ... s/kontakt/

Den Hinweis habe ich von Ulli H., mit dem ich nach 30 Jahren über´s Internet wieder Kontakt gefunden habe, damals Schalker Str., heute hier :

http://www.hdm-stuttgart.de/startseite/

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