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Westfälischer Merkur
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Was interessant war
Landwirtschaft und Gewerbe
Zu einer Zeit, wo Rußland die Einführung unserer Leinwand verbietet, und der Provinz eine bedeutende Nahrungsquelle verkümmert, muß ein gelungener Versuch, Leinsamen von gleicher Güte, wie den russischen, hier im Lande zu erzielen, eine ganz vorzügliche Aufmerksamkeit erwecken.
Der Kaufmann Hankel zu Bielefeld und der Fabrikant Nieshoff zu Jöllenbeck, haben sich eines solchen in dem vorigen und vorletzten Jahre zu erfreuen gehabt, und die Erfahrung hat folgende Behandlungsart, als die angemessenste, bisher bewährt:
1. Im ersten Jahre wird guter russischer Leinsamen, jedoch nicht vor dem ersten Mai, in wie gewöhnlich zum Flachsbau bereites Land gesäet. Früheres Säen ist wegen noch zu befürchtender Kälte, dadurch verkrüppelten Wuchses und mangelnder Saamenbildung nicht rathsam.
2. Etwa vom 8. bis 12. August, - was jeder erfahrende Oekonom am Flachs selbst beurtheilen wird, - hat der Leinsaamen seine volle Reife erlangt und der Flachs kann aufgenommen werden;
3. Der letztere wird auf dem Felde bei Sonnenschein 24 Stunden getrocknet, dann die Knotten (Knuten, Saamenbehälter) wie gewöhnlich vom Halm abgezogen, und an einem gelegenen Orte nachgetrocknet.
4. Am besten ist es, die Knotten erst kurz vor der Aussaat auszudröschen. Wem aber zur Aufbewahrung derselben ein vor Mäusen sicherer Raum mangelt, der thut wohl, den ausgedroschenen Saamen in einer Tonne zu verwahren, zur Verhütung des Schimmels, zwischen denselben vom reinsten Abfall der Knotten schichtweise einzustreuen, und die Tonne, so viel als möglich luftdicht zu verschließen; die Aufbewahrung muß jedenfalls an einem ganz trockenen Orte geschehen.
Der Flachs, welcher hierbei gewonnen wird, ist allerdings von geringerer Güte, als bei einer 4 Wochen früheren Aufnahme; das Garn davon aber doch zu ordinairen und mittleren Leinwandsorten noch gut zu gebrauchen.
Im Jahre 1822 wurden aus 3/8 Scheffel, oder 20 Pfd. russischen Leinsamen 200 Pfd. oder 1 1/6 Tonne, Saamen gewonnen, der an Schweere, Farbe und Feinheit den russischen übertraf, und wofür Kenner 28 Rthlr. boten. Auch hat eine sorgfältige Berechnung ergeben, daß die Tonne Leinsaamen, die aus Rußland auf 20 Rthlr. zu stehen kommt, bei eigener Erzielung mit einem mäßigen Gewinn zu 5 Rthlr. würde in den Handel gebracht werden können. Die Zweifel, ob der, aus inländischen Saamen gezogene Flachs gleiche Güte mit dem von ausländischem habe? und ob der aus inländischen Saamen wiederum gezogene Saamen nicht ausarte? sind nach den Erfahrungen von 1822 und 1823 nicht begründet, insbesondere ist der 1823 aus inländischen Saamen erzogene Saamen noch vorzüglicher, als der 1822 aus ausländischen erzielte, ausgefallen. Indessen erfordert dies noch länger fortgesetzte Versuche.
Daß die letztern in mehrern gegenden, auf verschiedenem Boden angestellt und mehrjährig fortgesetzt, die Ergebnisse jeden Jahres wahrhaft und sorgfältig aufgezeichnet werden mögen: diese Bitte hoffe ich nicht vergebens an verständige und gemeinsinnige Landwirthe und Landsleute ergehen zu lassen. Ich wünsche daneben, daß die Versuche auch darauf gerichtet werden mögen:
1. ob es nicht vortheilhafter seyn möchte, die Knotten, statt solche abzuraufen, am Flachse abzudröschen, welches in Bunden ohne Verwirrung der Halme geschehen kann, indem eine längere Nachreife am Stengel dem Saamen zuträglich scheint;
2. ob es angemessen, den Saamen in den Knotten, oder auch abgedroschen in Tonnen, 1 Jahr über liegen zu lassen;
3. ob ein Wechsel des Saamen von verschiedenen Gegenden und Bodenarten Vortheile gewährt?
Münster, den 15. Januar 1824
Königl. Preußischer Ober-Präsident von Westphalen.
Vincke.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 6, 7. Februar 1824, Seite 49
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Ueber die Fäule [Moderhinke] der Schafe und die Mittel dagegen.
Da sich bei der bisherigen nassen Witterung die Fäule der Schafe in einigen Gegenden unseres Verwaltungs-Bezirks aufs Neue gezeigt hat: so nehmen wir daher Veranlassung Nachstehendes über die Zeichen, die Natur und die Ursachen, so wie über die Vorbeugung und Behandlung dieser Krankheit den Schafbesitzern in Erinnerung zu bringen.
Ein faulkrankes bleichsüchtiges Schaf ist schon aus der Ferne an seinem matten trägen Gange, den hängenden Ohren und dem wackelnden Kopfe kennlich. Es bleibt allezeit hinter den gesunden Stücken der Heerde zurück, und äußert beim Anfassen oder Niederhalten wenig Widerstand. Bei eienem Drucke auf das Kreuz biegt es sich ein. Das Auge wird ihm bleich, und die verbindende Augenhaut ganz weiß. Die Augenlieder werden aufgedunsen. Das Zahnfleisch und die übrigen Stellen der Maulhaut verlieren alle Röthe, auch die Haut wird immer aufgedunsener, und die Wolle, deren Kräuselung gering ist, läßt sich in ganzen Flocken leicht herausziehen. Auf Verstopfung und andere Unordnungen des Darmsystems folgt ein weiches Misten. Der braune Harn geht nur selten und in geringer Menge ab. Allmählich bildet sich eine Geschwulst in der obern Halsgegend und an den Gamaschen, welche teigig und schmerzlos, und nach dem Weidegange größer als des Morgens ist. Diese Geschwulst bereitet sich nach Verlauf einiger Tage mehr und mehr aus, das Thier wird immer kraftloser, die Augen fangen an zu thränen, die Nase füllt sich mit zähem Schleime, das weiche Misten kommt dem Durchfall nahe, und wie sich die Fresslust mindert, wird der Durst immer lebhafter, und ist kaum zu befriedigen. Der Körper magert zusehens ab, nur der Hinterleib pflegt aufgetrieben und schwappend zu seyn. Das kranke Thier wird lendenlahm, liegt zuletzt beständig, verharrt aus großer Schwäche in jeder Lage, welche man ihm gibt, und stirbt endlich wie durch Erlöschen. Bei dem Aufhauen findet sich ein wassersüchtiger Zustand des gesammten Zellgewebes, und das vorhandene wenige Blut ist ganz wässrich. Im schlaffen und welken Herzen ist es zu gelblichen Klumpen geronnen. In der Brust und Bauchhöhle, selbst in der Rückenmarkshöhle findet sich meistens Wasser ergossen. Die Lungen sind kaum blaßroth, überhaupt alle Eingeweide bleich und wie ausgewässert. Eben so entfärbt sind die welken Muskeln. Die aufgebläheten Gedärme sind gelblich, hie und da bläulich. Der Talg ist aufgelöst, die Galle wässericht-dünn.
Die gewöhnliche Veranlassung zu diesem Leiden, wozu die Schafe bei der Sclaffheit und Weichlichkeit ihres Körperbaus vorzugsweise geneigt sind, gibt meistens das Weiden auf sümpfigen, üppigen Graßplätzen, besonders nach vorgängigem häufigen Regen, und es ist sehr wahrscheinlich daß alsdann die Ausdünstung, Sumpfluft, welche sich an dergleichen Stellen besonders beim Sonnenscheine erheben, schwächend auf die Organe der Thiere einwirken, und zu der nachherigen Ausbildung der Krankheit den ersten Impuls geben. Auch das bloße Liegen auf einem feuchten und kalten Lehmboden kann sie daher, wie schon Tessier bemerkt hat, veranlassen. Daß sie aber auch durch bloß wässrichtes und schlechtes Gras verursacht werden kann, ist daraus erweißlich, weil sie Witte bei der Stallfütterung von staubigen, modrigen und stockigen Futter hat entstehen sehen.
Es ist klar, daß diesem verderblichen Uebel nur dann mit Sicherheit vorzubeugen steht, wenn es möglich ist, die schlechten tiefliegenden und naßen Weideplätze mit gesunden hohen und trockenen zu vertauschen, alles Weiden in Vertiefungen, besonders bei Regenwitterung und während des Thauens ganz zu vermeiden, die Heerde alsdann auf dem Schafstalle zu behalten, und sie mit guten vollkörnigen Getreide-Garben zu nähren, oder in deren Ermangelung einem jeden Thiere eine Achtel Berliner Metze Körner, gleich viel von welcher Getreide-Art, zu geben.
Die Getreidekörner haben überhaupt für das Schfvieh eine sehr wohltätige Eigenschaft, und diese zeigt sich nie deutlicher, als bei vorhandener Fäule. Eine gute Gabe ist nach Ribbe für 8 bis 10 Stück hinreichend, und tut man nach seinem Rathe wohl wenn man das Kornfutter gleich am Morgen eines jeden Tages reicht. Das trockene Futter, welches außer diesemdemnächst gebraucht wird, muß mit Salzwasser, wozu man 1 Pfund Küchensalz zu 2 Maaß reinem Wasser aufgelöst nehmen kann, besprengt, und das Futter bei diesem Besprengen fleißig durcheinandergerührt, und darauf gesehen werden, daß die ganze Masse durch und durch befeuchtet wird, nach welcher Regel dann auch die Quantität des Salzwassers bestimmt werden muß. Nach dem Besprengen bleibt die ganze Masse etwa 2 Stunden lang auf einem Haufen liegen, und demnächst ist solche unter dem Vieh zu vertheilen. Zur Bereitung eines entsprechenden Trinkwassers lege man in gutes, reines Wasser mehrere Stücke recht rostig gewordenes Eisen, lasse dasselbe liegen, thue alsdann auf jeden Stall-Eimer dieses eisenhaltigen Wassers ein Bierglas guten Essig und ein halbes Pfund Salz, und lasse, wenn alles gut aufgelöst ist, nach Belieben davon trinken. Bei der hier angegebenen Behandlung im Stalle ist es rathsam, das Vieh täglich einige Stunden ins Freie zu führen, und es an trockenen Orten, an den Rändern von Gräben und Wegen, auf hochliegenden Stoppel- oder Brachfeldern weiden zu lassen, doch dürfen die Kranken nicht an Orte geführt werden, wo sie trinken können, damit sie nach dem Zurückkehren in den Schaffstall vom Durste um so mehr genöthigt werden, von dem für sie zubereiteten Getränke desto mehr zu sich zu nehmen.
Sind die Fortschritte der Krankheit schon bedeutender, und dieß sind sie: wenn die Schafe schon die Wolle verlieren, der Zungengrund bereits angeschwollen ist, und das Zahnfleisch seine natürliche Röthe verloren hat: so werden von den Thierärzten und Oekonomen sehr manigfaltige Arzneimittel angerühmt. Größtentheils sind es stärkende flüchtigreizende, womit im Anfange oft einige ganz gelinde Abführungsmittel, und nachher solche verbunden werden, welche die Thätigkeit der Sauggefäße und die Absonderung des Harns befördern. Ein Mittel der ersten Art ist das von uns schon empholne Mittel des Landwirths Jac. Just. Wirths zu Hichenbach im Kreise Siegen. Als Harntreibendes-Mittel ist vor Kurzem der Terpenthin aufs Neue, und gewiß mit Recht empfohlen. Man nimmt einen Löffel voll dieses Oels, setzt zwei Löffel voll Wasser hinzu, schüttelt das Ganze wohl durcheinander, und gibt jedem anbrüchigen Schafe von dieser Mixtur, drei Morgen hinter einander jedesmal einen Esslöffel. Des Oels wegen muß für jedes Schaf die Portion in einem eigenen Glase besonders bereitet werden. Uebrigens kommt es hauptsächlich darauf an, für jeden Fall nach dem Grade der vorhandenen Schwäche, dem Vorgerücktseyn der damit verbundenen Wassersucht, der Complication des Uebels, und den Lokal-Verhältnissen, worin die Heerde lebt, die arzneilichen und diätetischen Vorschriften einzurichten, bei Stücken aber, die schon gänzlich entkräftet und so zu sagen, blutleer sind, keine Arzneien weiter zu verschwenden.
Münster, den 20. Februar 1824.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 9, 28. Februar 1824, Seite 83
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Empfehlung zum Anbau des Astragalus beaticus oder des sogenannten schwedischen Kaffee's.
Indem wir nachstehende Anleitung zur Cultur und zum Gebrauche des Astragalus baeticus (Schwedischer Caffee) bekannt machen, empfehlen wir die Cultur dieses nützlichen den indischen Caffee ersetzenden Products.
Wir haben den landräthlichen Behörden eine Quantität Bohnen - ein Geschenk des gemeinsinnigen Gutsbesitzers Rathusius zu Althaldensleben bei Magdeburg - zur unentgeldlichen Vertheilung unter mehrere Landwirthe zugestellt, und erwarten, daß sich diese die Cultur und weitere Verbreitung bestens werden angelegen seyn lassen.
Münster, den 12. März 1824.
Anleitung zur Cultur und zum Gebrauch des Astragalus baeticus, "Schwedischer Caffee" genannt.
1) Die Cultur
Die Aussaat geschieht im Frühjahr, ohngefähr zu der Zeit, wann die Obstbäume anfangen zu blühen. Zwei Tage vorher weicht man die Schoten in Wasser ein; sie öffnen sich dadurch und man kann den Saamen bequemer herausnehmen. Der Saame wird nun in Reihen, ohngefähr so wie die Zuckererbsen, gesäet, doch mit dem Unterschiede, daß die Reihen 12 bis 15 Zoll von einander entdernt sind, so daß nach dem Aufgehen jede Pflanze einen Raum von 12 Zoll Quadrat einnimmt. Regnet es vor und nach der Aussaat, so geht er in wenigen Tagen auf. Bei Mangel an Regen muß man mit Begießen zu Hülfe kommen. Im Monat Juni fängt er schon an zu blühen, und blühet fort bis zum Monat August. Die Erndtr fängt im August an, und dauert fort bis zum Anfang Octobers. Es darf aber nicht eher geerndtet werden, als bis die Schoten anfangen trocken und gelb zu werden. Er blühet und trägt sehr reichlich; bei guter Cultur und guter Witterung gibt er einen tausendfältigen Ertrag. Er wächst in jedem Boden, aber je besser der Boden, desto größer ist der Ertrag.
2.) Der Gebrauch
Zwei Drittheile Astragalus und ein Drittheil indischer Caffee geben ein Getränk, was sich von dem aus reinem indischen Caffee bereiteten nicht unterscheidet. Es läßt sich aber ein weit größeres Verhältniß anwenden, und selbst fünf Theile Astragalus und ein Theil indischerCaffee geben noch ein Getränk, welches sich durch Reinheit und Aehnlichkeit besonders auszeichnet. Ein Haupt-Erforderniß ist aber dabei, Daß der Astragalus mit dem indischen Caffee zusammen gebrannt wird. Zuerst wird letzterer in der Caffee-Trommel so lange geröstet, bis sich der Caffee-Geruch zeigt; alsdann schüttet man den Astragalus in die nämliche Trommel dazu, und röstet beides zusammen, bis beides schwarzbraun wird oder die Farbe annimmt, welche der gebrannte Caffee haben muß. Es wird hierauf beides noch einmal vermischt, dann gemahlen und wie der gewöhnliche Caffee zubereitet; doch - wo es seyn kann - ohne Zusatz von Eichorien, der dem Caffee ohnehin einen Nebengeschmack ertheilt.
Der Astragalus baeticus wächst in Spanien und im südlichen Frankreich wild. In letzterem, besonders im Departement des Bouches du Rhone, aber auch in der ganzen Provence wird er häufig als Caffee-Surrogat gebraucht. Der jetzige König von Schweden ließ daher eine Quantität Saamen kommen, welchen er der Ackerbau-Academie übergab, und diese hat ihn so ausgebreitet, daß er jetzt in Schweden nicht blos den Eichorien, sondern größtentheis den indischen Caffee ersetzt.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 13, 27. März 1824, Seite 117
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Verbot des Gebrauchs geistiger Getränke bei Verkäufen etc.
Von Zeit zu Zeit ist der Mißbrauch bemerkbar geworden, daß zur Benutzung des Leichtsinns für den Privat-Vortheil bei öffentlichen Versteigerungen geistige Getränke verabreicht sind; schon im Jahre 1817. hat die vormalige Königl. Immediat-Justiz-Kommission nachdrückliche Verfügung dagegen erlassen; aber in neuerer Zeit haben sich wiederum Unternehmungen jener Art offenbart.
Der mit Leitung solcher Versteigerungen beauftragte Beamte, welchem die Würde seines Amtes teuer ist, wird auch ohne Aufforderung jenen Mißbrauch aus seiner Nähe verbannen; dennoch aber erfordern jene Wahrnehmungen eine Erinnerung an die bestehenden Vorschriften, und ich bringe dieselben, selbst auf höhere Veranlassung, zur öffentlichen Kenntniß. Darnach haben die Herren Notarien, Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher, welche öffentliche Verkäufe leiten,
1) es duraus zu verhindern, daß den Bietenden sei es auf Kosten des Verkäufers oder des Erstehers, geistige Getränke gereicht werden;
2) sie haben nicht minder zu wachen, daß dieses nicht unter der Hand von irgend einer Seite geschehe;
3) weil sie die Willensfreiheit der vor ihnen erscheinenden Contrahenten überhaupt in Betracht zu ziehen haben, so dürfen sie berauschte Personen zum bieten nicht zulassen. Wenn sie nun auch
4) in einzelnen Fällen nicht umhin können, den Verkauf in einem Wirthshause zu halten, so haben sie jedoch Sorge zu tragen, daß derselbe nicht in dem gewöhnlichen Gastzimmer Statt finde, imgleichen daß in dem gewählten Lokal keine geistigen Getränke ausgeschenkt werden.
Die Schicklichkeit dieser Regeln redet von selbst. Sollten sich jedoch Fälle ereignen, in welchen dieselben verkannt, oder überhaupt den Anstand verletzende Unordnungen bei den gedachten Versteigerungen gestattet würden; so werde ich auch kein Bedenken finden, zu veranlassen, daß solche Beamte auf dem Disciplinarwege an ihre Verpflichtung gegen ihr Amt so wie gegen das Publikum erinnert werden.
Cleve, den 21. September 1824.
Der Königl. Ober-Prokurator: Hanf.
Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf Nr. 74, 9. Oktober 1824, Seite 470
Gesellschaft
Sämmtliche Pfarrer der Provinz werden angewiesen, diejenigen Militairpflichtigen, welche sich vor ihrer Einstellung verheirathen wollen, darauf warnend aufmerksam zu machen, daß ihre Verheirathung sie nicht von der Militairverpflichtung befreie.
Münster, den 13. April 1824.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 17, 24. April 1824, Seite 142
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Hexerei
Gestern besuchte mich mein Vetter, ein braver und verständiger Landmann aus dem Dorfe W, im Kreise Mühlheim am Rhein. Man brachte mir gerade den Anzeiger, während er bei mir war. Er nahm in an, blätterte darin und fand den Aufsatz über Hexenprozesse vom Prof. Nöggerath. "Der tausend," sagte er, "kommen auch Hexengeschichten in diese Zeitung?" Gewiß, antwortete ich, wenn sie des Druckens und Lesens werth sind! "O," erwiderte er, "in unserem Dorfe hat sich in diesem Frühjahre dergleichen zugetragen, das will ich Ihnen erzählen und sie können es drucken lassen."
Und er erzählte mir Folgendes:
"Dem Besenbinder G. K. wurde seine Kuh krank; sie gebärdete sich fürchterlich, ein Zeichen, daß sie große Schmerzen hatte. Alle Hausmittel, die bei dem Thiere angewandt wurden, schlugen nicht an, und zuletzt kam eine alte Nachbarin auf den Gedanken: das Thier möge wohl behext seyn! - Der Besenbinder zweifelte nicht daran und eilte sofort zu dem Vikar des Ortes, um den die Sache vorzustellen. Dieser nahm das Behextseyn als sehr wohl möglich auf, und ging sogleich mit dem Manne - versehen mit den gehörigen Beschwörungsapparaten - zu dem Stalle, in dem das behexte Thier lag. Er überlas das kranke Vieh und dessen Futter; da aber während dieser Prozedur das Thier sich noch unbändiger als vorher gebärdete, so meinte der Herr Vikar: es würde schwerlich zu retten seyn, den: die Hexe erhöhe in diesem Augenblicke die Kraft, und dadurch würde die Kraft der Einsegnung fast ganz unwirksam gemacht. -- Die Kuh wurde auch nicht wieder gesund, doch - das hätte sie auch ohnehin durch die Beschwörung nicht werden können, denn: es kann, nach des Hrn. Vikars Aeußerung, nur da Hülfe Statt finden, wo Glaube ist; und wie kann man den von einem unvernünftigen Thiere fordern?" - Ferner:
"Die siebenjährige Tochter des Tagelöhners I. W. litt an der Auszehrung. Ohne Erfolg blieb, was von dem armen Kinde bisher gebraucht war. Der betrübte Vater kam auf den Gedanken: das Kind möge auch wohl behext seyn, und nahm daher zu eben demselben Vikar seine Zuflucht. Er erzählte ihm unter andern: daß er in dem Kopfkissen des Kindes drei Kränzchen von Federn gefunden habe. Erfreut äußerte sich der Geistliche, daß er froh seyn könne, nur drei Kränzchen gefunden zu haben, denn nun könne das Kind noch gerettet werden; würde er aber sieben solcher Federkränzchen gefunden haben, so wäre an keine Rettung der Kranken zu denken. - Das kranke Kind wurde nun ebenfalls überlesen, und der gehörige Hokuspokus dabei gemacht; aber ungeachtet seines und seiner Aeltern starken Glaubens an die Kraft des Herrn Vikars ruhet es schon einige Wochen im kühlen Grabe." -
Es versteht sich von selbst, daß viele Leute im Dorfe auch eine Person als die schuldige Hexe bezeichnen, und so haftet denn, bestärkt durch die Beschränktheit dieses Geistlichen, auf eine unschuldige Person ein unwürdiger Verdacht. -
Was kann nun aber unserer preiswürdigen Regierung sorgsames und kostspieliges Bestreben nützen, ihre Unterthanen durch gute Lehrer und zweckmäßigen Volksunterricht verständiger zu machen, wenn dergleichen geistliche Finsterlinge noch immer ihr Wesen treiben, und das Volk in Dummheit und Aberglauben zu erhalten suchen?
Sollte nicht die weltliche Obrigkeit da eingreifen und solch einem schwachen Hirten seiner Heerde entziehen müssen, wenn allenfalls die geistliche Oberbehörde dazu nicht geneigt wäre? -
Rheinisch-Westphälischer Anzeiger Nr. 49, 19. Juni 1824, Spalte 1090
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Verderbliche Tendenzen an Universitäten
Des Königs Majestät haben allergnädigst gruht, bei der verderblichen Tendenz mehrerer auf der Universität zu Basel angestellten Lehrer und bei der auf der Universität zu Tübingen aktenmäßig fortdauerden burschenschaftlichen und andern verderblichen Umtrieben, mittels Allerhöchster Kabinets-Ordre vom 21. v. M. allen Königlichen Unterthanen, bei Verlust der Anstellungs-Fähigkeit und bei fiskalischer Ahndung gegen Eltern und Vormünder, das Studiren auf gedachten Universitäten zu untersagen.
Berlin, den 24. Mai 1824.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.
Obige Allerhöchste Bestimmung wird hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht.
Münster, den 21. Juni 1824.
Vincke.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 26, 26. Juni 1824, Seite 215
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Ehen zwischen Weißen und Negern
Durch Rescript des hohen Justizministeriums vom 18ten October l. J. ist das Verbot in dem Circulare des französischen Großrichters Justiz-Ministers vom 18ten Nivose J. XI. an die Civilstands-Beamten: eine Ehe zwischen Weißen und Negern abzuschließen, aufgehoben worden.
Ich bringe dieses aus höherem Auftrage zur Kenntniß der Herrn Civilestands-Beamten des Landgerichts-Bereiches.
Düsseldorf, den 6. November 1824.
Der Königl. Oberprokurator: Rittershausen.
Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf Nr. 88, 29. November 1824, Seite 553
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Oeffentliche Hinrichtungen.
Der allgemeine auf nichts beruhende Volksglaube, unser allergnädigster Landesherr unterzeichne kein Todesurtheil mehr, findet zu seiner wahrhaften Beschämung nun gar auch in unserer Landschaft Westphalen einen abermaligen Beweis des Gegenteheils. Das Hochgericht, wovon hier die Rede ist, fand am 4. Dez. früh um 8 Uhr auf der Galgheide, unweit Münster statt, und wurde an den Mörder Joh. Heinr. Kassens, ungesegneten Andenkens, vollzogen. Das Königl. Preuß. Inquisitoriat zu Münster läßt sich am obigen Tage über dieses Volksschauspiel - freilich eins der gräßlichsten, was man der Schaulust zum Besten geben kann! - folgendermaßen vernehmen:
"Am 31. März v. J. ward die unverehelichte Catharina Elisabeth Krabbe, im Kirchspiel Weseke, zwischen 9 und 10 Uhr M9orgens, während die übrigen Hausgenossen zum Hochamte nach Weseke gegangen waren, in ihrem eigenen Hause unversehens überfallen, gewaltsamer Weise ermordet, und um ein Stück Leinwand, ein goldenes Kreuz und mehrere Gulden holländisch beraubt. - Als Urheber dieses Verbrechens ist der Inquisit Tagelöhner Johann Heinrich Kassens, aus dem Kirchspiel Südlohn, zur Untersuchung gezogen, und mittels zweier gleichlautender Erkenntnisse des Kriminal-Senats des königl. Ober-Landes-Gerichts hieselbst de publicato den 7. April d. J., und des zweiten Senats desselbe de publicato den 3. Oktbr. zur Strafe des Rades von unten verurtheilt. - Mittelst allerhöchster Kabinetsordre vom 9. Oktbr. d. Jahrs ist diese Strafe von des Königs Majestät bestätigt, und daher heute an dem Inquisisten vollzogen, welches zur Warnung hierdurch öffentlich bekannt gemacht wird." - Und gar eine Strafe des Rades von Untenauf, wird Mancher ausrufen, wie hat doch das der König übers Herz bringen können! Doch hier ist nach Recht und Verdienst gestraft worden und daher gebührt ihm, unsern allgeliebten König und Landesvater, für dieses neue Zeichen hoher Gerechtigkeit der wärmste Dank von allen seinen Schützlingen - Unterthanen. Hoffentlich wird diese in der Chronik zum ersten Male vorgekommene Rubrik bald wieder neue Nahrung bekommen; denn Verbrechen hat die Chronik, wie unsere Leser wissen, leider genug aufzuweisen, und die Verbrecher gehören - zum Hochgericht.
Westphälische Zeitung Nr. 138, 16. Dezember 1824, Seite 554
Bildung
Mit Genehmigung des Königlichen hohen Ministerii des Handels und der Gewerbe wird für den hiesigen Regierungsbezirk auf Kosten des Staats noch in diesem Jahre in Hagen eine Gewerbe- oder Handwerksschule eröffnet werden, welche den Zweck hat, denjenigen Jünglingen, die sich dem Handwerksstande, insbesondere aber einem der verschiedenen Bau- und Fabrikhandwerke widmen, und zu tüchtigen Zimmerleuten, Maurern, Steinhauern, Tischlern, Mühlen- Hammer- Schleifwerk- und Maschienen-Verfertigern, Stempel- und Form-Schneidern, Schmieden und sonstigen Metallarbeitern, Färbern, Zimmermalern u. s. w. ausbilden wollen, Gelegenheit zu geben, sich die für ihren künftigen Beruf erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten in der Mathematik, in der Naturlehre und Chemie so wie in der Zeichenkunst zu erwerben.
Zur Aufnahme in dieser Schule sind daher solche Jünglinge geeignet, welche gute natürliche Fähigkeiten besitzen, diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten, welche in guten Elementarschulen im Lesen, Schreiben und Rechnen ertheilt werden, sich erworben haben, Zeugnisse ihres Fleißes und sittlichen Betragens von ihren Lehrern und Pfarrern beibringen können und bereits confirmiert, oder, wenn sie der katholischen Kirche angehören, zur ersten Communion zugelassen sind.
Dem Vorstande der Schule ist es überlassen, auch Lehrlinge des Handwerker- und Fabrikanten-Standes, welche nicht die volle Tageszeit auf ihre Bildung in der Gewerbeschule verwenden können, am Unterricht in einzelnen Lehrgegenständen in den dazu festgesetzten Stunden, in sofern die anderen Schüler dadurch nicht aufgehalten werden, zu gestatten.
Die Zeit der Aufnahme ist der 1. Oktober jedes Jahres (diesmal aber der 1. Dezember). Diejenigen, welche aufgenommen zu werden wünschen, müssen sich wenigstens 6 Wochen vorher schriftlich und unter Einreichung der vorhin genannten Zeugnisse bei dem Schul-Inspektor, Herrn Prediger Zimmermann in Hagen melden, der hiernächst das Weitere wegen ihrer Prüfung veranlassen wird.
Der Lehr-Cursus dauert ein Jahr und findet während dieser Zeit außer den achttägigen Ferien von Weihnachten bis Neujahr und den Oster- und Herbstferien, welche jedesmal 14 Tage währen, keine Unterbrechung des Unterrichts weiter statt. Nach vollendetem Cursus steht es jedem Schüler frei, denselben zu seiner Vervollkommnung noch einmal zu machen. - Unsittliches Betragen schließt sofort von der Wohltat der bewilligten Theilnahme an der Anstalt aus, worin jeder Schüler sich durch Fleiß, durch Bescheidenheit und Folgsamkeit gegen die Lehrer und durch ein anständiges uns sittliches Betragen überhaupt auszeichnen, auch immer reinlich und anständig in seiner Kleidung erscheinen muß.
Die Zöglinge erhalten den Unterricht von Morgens 8 bis 12 und Nachmittags von 4 - 6 Uhr ganz frei und zwar in nachfolgenden Lehrgegenständen:
1) Zeichen und zwar abwechselnd Linearzeichnen nach in der Ebene entworfenen Mustern oder nach afgestellten Körpern an dem einen, und freies Handzeichnen an dem andern Tage, während des ganzen Vormittags 5 mal wöchentlich,
2) Modelliren in Thon, in denselben Stunden 1 mal in jeder Woche,
3) reine und angewandte Mathematik und zwar die Hauptsätze der Geometrie, Planimetrie, und Stereometrie, so wie der Feldmeßkunst, der Mechanik und der Baukunst, soweit solche unter Berücksichtigung der Anwendbarkeit für Bauhandwerker und Fabrikanten den jungen Leuten während des einjährigen Cursus vollkommen deutlich gemacht werden können, in 4 Nachmittagsstunden wöchentlich,
4) Rechnen - Proportionalrechnung und praktische Rechnungsarten, insbesondere auch Berechnung der Flächen und Körper, 2 Stunden,
5) Physik - 2 Stunden,
6) technische Chemie - 2 Stunden,
7) deutsche Sprache, namentlich die Hauptregeln der Grammatik und Orthographie, verbunden mit Uebungen im deutlichen und schriftlichen Gedanken-Vortrage - gleichfalls 2 Stunden wöchentlich.
Wir dürfen erwarten, daß die Gemeinnützigkeit dieser Anstalt, insonderheit auch für den Fabriken-Distrikt unseres Regierungsbezirks, anerkannt und solche daher von Jünglingen, die als Fabrikanten oder Handwerker einen höheren Grad von Einsicht und Geschicklichkeit in ihrem Berufe zu erringen wünschen, freudig benutzt werden wird.
Arnsberg den 28. September 1824.
Königlich Preußische Regierung.
Amtblatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg Nr. 41, 9. Oktober 1824, Seite 477
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Errichtung eines katholischen Schullehrer-Seminars zu Büren.
Schon unter der Regierung des Fürstbischofs Maximilian Franz wurde es beabsichtigt, zur vollständigen und gründlichen Bildung der Elementar-Schullehrer für die Gemeinden der Münsterischen Diöcese ein Schullehrer-Seminarium zu errichten. Die Ausführungen dieses Plans wurde damals durch manche, nicht sogleich zu beseitiegende, Schwierigkeiten und späterhin durch die politischen Umwälzungen verhindert. Der Plan selbst wurde aber nicht aus den Augen gelassen, sondern vielmehr gleich nach der Wiederherstellung des Friedens wieder aufgefaßt, und im Fortgange der Verhandlungen immer mehr entwickelt und vervollständigt.
Jetzt ist es durch die huldvolle Fürsorge Sr. Majestät des Königs möglich geworden, denselben in einem noch größern Umfange, als er anfänglich gedacht worden, in Ausführung zu bringen.
Es hat nämlich Se. Majestät geruhet, zu einem großen Seminarium, zur Bildung der Schullehrer für die sämtlichen katholischen Gemeinden in den drei Regierungsbezirken der Provinz Westfalen, an welchem, außer einem geistlichen und pädagogischen Direktor, welcher zugleich der erste Oberlehrer der Anstalt seyn wird, ein zweiter Oberlehrer, ein Musiklehrer und ein oder zwei Hülfslehrer, angestellt, und in welchem zugleich den Zöglingen die nöthige Unterstützung dargeboten werden sollen, nicht allein ein vortreffliches Lokale, das Gebäude des ehemaligen Jesuiten-Collegiums zu Büren, bei Paderborn, sondern auch die zur Einrichtung und Unterhaltung der Anstalt erforderlichen Mittel allergnädigst zu verleihen.
Aus dem Plane, nach welchem dieses Seminarium seine Einrichtung erhalten wird, bringe ich hiermit vorläufig folgendes zur Kenntniß:
1) Das Seminarium wird zu Anfange des Monats Mai künftigen Jahres eröffnet werden. Den Tag, an welchem sich die Zöglinge einfinden müssen, wird eine nähere Bekanntmachung in den Amtsblättern bestimmen.
2) Wer als Zögling in die Anstalt aufgenommen werden will, muß in der Regel das 17. Jahr seines Lebens zurückgelegt haben.
Er muß körperlich gesund seyn, und die zur Verwaltung eines Elementarschulamts erforderlichen natürlichen Anlagen und Fähigkeiten besitzen. Er muß sich diejenigen Vorkenntnisse und Geschicklichkeiten erworben haben, welche die erfolgreiche Benutzung des Seminarunterrichts voraussetzt. Er muß nämlich von der Muttersprache, außer der Fertigkeit im ordentlichen Lesen und im Schreiben, soviel verstehen, daß er im Stande ist, einen schriftlichen Aufsatz, ohne grobe Verstöße gegen die ersten Regeln der Grammatik und der Orthographie, anzufertigen. Er muß im Rechnen bis zur Fertigkeit, Aufgaben aus der Regel de tri in ganzen Zahlen zu lösen, gekommen seyn. Daß er im Klavierspielen und in der Singekunst den Anfang gemacht habe, wird für den Anfang gewünscht; zukünftig aber gefordert. Er muß aus der Religionslehre und aus der biblischen Geschichte wenigstens dasjenige innen haben, was in der christlichen Lehre von den Pfarrern, vor der Zulassung zur ersten heiligen Communion, gelehrt wird. Besitzt er außerdem noch Kenntnisse in der Geographie, Naturkunde, Geschichte etc., so wird man ihn desto lieber in die Anstalt eintreten lassen.
Unter denen, welche sich zur Aufnahme melden, erhalten die Geschickteren vor den Mindergeschickten den Vorzug, und künftighin wird namentlich die größere musikalische Geschicklichkeit besonders berücksichtigt werden, weil das Seminarium auch die bestimmung hat, den Schulen solche Lehrer zu liefern, welche im Stande sind, durch ihren Unterricht zur Verschönerung des kirchlichen Gesanges gehörig mitzuwirken; weshalb denn diejenigen, welche späterhin in das Seminarium einzutreten Willens sind, wohl thun werden und aufgefordert werden müssen, sich bei Zeiten, und gleich von jetzt an, fleißig im Klavier- und Orgelspiel zu üben.
3) Die Aufnahme neuer Zöglinge geschieht in der Regel jährlich Einmal.
4) Wer als Zögling aufgenommen zu werden wünscht, muß sich spätestens vor dem 15. Januar 1825., durch eine selbstgeschriebene Vorstellung bei mir melden. Dieser seiner Vorstellung hat er einen ebenfalls selbst angefertigten, kurzen Lebenslauf beizulegen, in welchem nicht fehlen dürfen: die Angabe seines vollständigen Namens, die Angabe des Namens, Standes und Wohnorts seiner Eltern und etwaigen Vormünder, die Angabe seines Alters, die Angabe der Lehrer, deren Unterricht er bisher genossen, die Anzeige, wie er sich seit seinem Austritt aus der Schule weiter ausgebildet habe, und die Aeußerung, aus welchen Gründen er sich dem Seminar widmen wolle. Außer diesem Lebenslaufe hat er seiner Vorstellung auch noch ein verschlossenes Zeugniß von seinem Pfarrer und dem Orts-Bürgermeister (Schultheiß, Orts- und Canton-Beamten) beizulegen, worin diese über seine bisherige Aufführung Auskunft geben und seine Alters-Angaben als richtig bestätigen.
5) Auf diese Anmeldung, welche nach Ablauf des 15. Januars nicht mehr angenommen werden kann, werden dann die Bewerber zur Prüfung beschieden werden, und zwar einstweilen, und bis auf weiter Bestimmung, die aus dem Münsterischen Regierungsbezirke an die Examinations-Commissionen der Normalschulen zu Münster und Recklinghausen; die aus dem Mindenschen Regierungsbezirke, an die Examinations-Commission der Normalschule zu Paderborn, und die aus dem Arnsbergschen Regierungsbezirk an die Examinations-Commission der Normalschule zu Arnsberg.
6) Der Unterricht für die Seminaristen zerfällt in zwei Haupt-Cursus und wird in zwei Jahren vollendet.
7) Die Prüfung derer, welche ihren Cursus vollendet haben, wird in dem Seminarium selbst von der anzuordneten Examinations-Commission gehalten werden. Diejenigen, welche in der Prüfung bestanden, erhalten ein Zeugniß der Wählbarkeit und eine Abschrift des Prüfungs-Protokolls. Die Namen der Geprüften und zur Anstellung approbirten Schulamts-Candidaten werden durch die Amtsblätter bekannt gemacht werden.
8 ) Durch die, bei der Ausstattung des Seminariums bewiesene, huldreiche Fürsorge Sr. Majestät unseres Königs ist es möglich gemacht worden, daß den Seminaristen nicht allein der Unterricht in der Anstalt ganz unentgeldlich ertheilt, sondern auch freie Wohnung, nebst Heizung, Licht und Bette angewiesen, und überdies den Unvermögenden, nach Maaßgabe ihres Bedürfnisses und ihrer Würdigkeit, zur Erleichterung ihres Bestehens, eine ganz oder zum Theil freie Beköstigung verliehen werden kann. Diejenigen, welche auf letzerwähnte Unterstützung Anspruch machen wollen, müssen bei ihrer Anmeldung zugleich ein besonderes Zeugniß, über den Grad ihrer Unvermögenheit von dem Pfarrer und Orts-Bürgermeister einreichen.
Münster, den 27. November 1824.
Königlich Preußischer Ober-Präsident von Westfalen.
Vincke.
Amtblatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg Nr. 50, 11. Dezember 1824, Seite 574
Gesundheit
Noch ein Beitrag über die Lieberischen Gesundheits- und Auszehrungskräuter.
Die im 3ten Hefte S. 227. 1824 [Beitrag fehlt] des westph. Anz. mitgetheilten Nachricht der Herrn Dr. Wolfers, über die angestellte Untersuchung des Kreisphysikus Dr. Wesener über die Lieberischen Kräuter, daß sie aus nichts anderem, als aus der wildwachsenen Galeopsis grandiflora bestehen, hat seine Richtigkeit und ist wahr.
Der Einsender dieses lebt in der Gegend und in der Nähe des Fleckens Blankenheim in der Eifel, Kreis Gemünd, Regierungsbezirk Aachen, wo diese Kräuter, wie auch an dem Orte des Schreibers, auf einem schlechten trockenen Boden wild in großer Menge wachsen und selbst an den Wegen gefunden werden.
Herr Lieber läßt dieses Kraut mit seiner weißen Blüthe von armen Leuten, die eine Kleinigkeit dafür bekommen, auf den magern Feldern von Blankenheim sammeln, klein schneiden und trocknen, nach Kamberg bringen, dort schön einpacken, und so das Paquet von 12 Unzen verkaufbar machen.
Der Einsender dieses hat von der Galeopsis grandiflora, die unter dem Namen Dahnnessel hier jeder kennt, und die in dem hinter seiner Wohnung zwanzig Schritt weit entfernten Berge so häufig wächst, daß sie in der Blüthezeit den Berg ganz weiß scheinen läßt, nie bemerkt, daß die Einwohner weder Kraut noch Blume gegen Auszehrung und Lungensucht gebrauchen.
Auch die Aerzte und Apotheker in der hiesigen Umgegend, die doch auch nicht, wie man im gemeinen Leben pflegt zu sagen, auf den Kopf gefallen sind, verordnen die hier wachsende Dahnnessel bei Auszehrungskrankheiten gar nicht und schreiben ihr durchaus keine Wirkungskraft zu.
Die von dem Herrn Reg. Rath Lieber empfohlenen gesunden Nahrungsmittel und verordnete Diät, wie das angepriesene Gläschen recht guten alten Rheinwein, würde ich, als Laie in der Medizin, daher jedem Auszehrenden eher anrathen, als die warme, den Magen des Kranken erschlaffende Dahnnesselbrühe.
R. im Schleiderthal. Ein Geistlicher.
Rheinisch-Westphälischer Anzeiger Nr. 30, 14. April 1824, Spalte 686
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Verkauf der Liberischen sogenannten Auszehrungs-Kräuter.
Die bekannten Liberischen sogenannten Auszehrungs-Kräuter sind nach einer von unserm ausgezeichneten Apotheker Jos. Nagelschmidt zu Dülmen angestellten genauen, und durch die wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen bestätigten Untersuchung nichts weiter als das ganz zerschnittene Kraut der Galeopsis grandiflora, wovon der Liber sich das Pfund mit 2 - 2 1/2 Rthlr. bezahlen läßt, jeder Apotheker aber dasselbe zu dem taxmäßigen Preise von 10 Sgr. das Pfund verkaufen kann.
Nach den vorhandenen gesetzlichen Vorschriften dürfen dieses und alle übrigen Geheimmittel von Personen, welche keine Apotheker sind, gar nicht, von Apothekern aber nur nach vorgängiger Untersuchung und Genehmigung Seitens eines hohen Ministerii der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten auf Anordnung eines qualifizierten Arztes verkauft werden, und indem wir diese Bestimmung hiermit wiederholt zur Kenntniß des Publikums bringen, untersagen wir zugleich die Aufnahme der Anzeigen solcher Mittel in die öffentlichen Blätter, und verpflichten übrigens die Apotheker unseres Verwaltungs-Bezirks das zerschittene Kraut der Galeopsis grandiflora für 10 Sgr. das Pfund auf die Anordnung eines approbirten Arztes zu verkaufen.
Münster, den 14. September 1824.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 39, 25. September 1824, Seite 330
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Wuthkrankheit unter den Füchsen
Nach öffentlichen Nachrichten hat man in mehreren deutschen Ländern eine Krankheit unter den Füchsen wahrgenommen, welche bei vielen derselben die mit der Hundewuth verbundenen Zufälle verräth.
Diese schon vor 8 Jahren in dem Königreich Würtemberg beobachtete Krankheit ist von Ober-Deutschland aus den nördlich gelegenen Ländern immer näher gekommen, herrscht seit einem Jahr im Nassauischen, hat sich jetzt in einem Theile des Regierungs-Bezirkes Coblenz gezeigt und bedroht nunmehr auch unsern Verwaltungs-Bezirk.
Laut Berichts der Kreisbehörde zu Brilon hat sich am 20. des v. M. Morgens zwischen 6 und 7 Uhr zu Siedlingshausen ein Fuchs eingefunden und einer jungen Ziege, die das Maul durch eine Spalte der Stallthür gesteckt hatte, die Lippen zerfleischt. Derselbe ist darauf in den Stall eingedrungen und neben der alten Ziege liegend von dem Besitzer derselben, dem bei seinem Eintritte in den Stall der Fuchs die Zähne mit Widersetzlichkeit zeigte, erschlagen worden.
Der Kreisthierarzt fand bei der Oeffnung des Fuchses die Eingeweide desselben krank und von Entzündung ergriffen; namentlich waren der Schlund- und Luftröhren-Kopf geschwollen und entzündet, und der ganze Befund zeigte einen krankhaften Zustand der Verdauungs-Werkzeuge. Daß dieser Fuchs von der Wuth befallen gewesen sey, ist aus dem auffallenden Benehmen desselben, in Verbindung mit dem im Cadaver gefundenen Erscheinungen, wahrscheinlich, obgleich dieses nicht mit Gewißheit ermittelt werden konnte, indem die verletzte Ziege, ohne ihr Verhalten nach dem Bisse gehörig zu beobachten, auf Veranlassung des Eigenthümers gleich getötet und verscharrt worden ist.
Eine Eigenthümlichkeit dieser Krankheit ist, daß die damit befallenen Füchse in die Ortschaften, Häuser und Ställe laufen, sich widersetzen, Thiere, besonders Hunde, anfallen und solche beißen. Wenn auch nicht alle so kranken Füchse die Tollwuth haben, und das Gerücht Manches übertreiben mag: so ist doch nicht zu bezweifeln, daß einige dieser Thiere wirklich wüthend geworden sind und, wie Beispiele offenbar gelehrt haben, ihr Biß dieselbe Wirkung hat, wie die von wüthenden Hunden. In der Gegend von siedlinghausen sollen sich Füchse bei Tage und bei Anwesenheit der Hirten unter Schaafherden gewagt haben, und in andern Fällen dieselben vor den auf sie losgegangenen Menschen nicht gewichen seyn, sondern, wie ein Augenzeuge versichert hat, sich mit schwankendem, der Kreuzlähme gleichem Gange mühsam fortgeschleppt haben, was allerdings ein bei Hunden die With verrathendes Zeichen ist.
Im Kreise Siegen hat sich ein Fuchs in das Dorf Zeppenfeld gewagt und in den Ställen mehrere Schweine und Schaafe gebissen. Als er letzteres that, wurde derselbe getötet. Ein anderer Fuchs wurde, als er in den Ort Wirgendorf laufen wollte, erschlagen.
Wir sehen uns daher verpflichtet, das Publikum auf diesen Gegenstand aufmerksam zu machen, und zur Verhütung der Gefahr für Gesundheit und Leben vorläufig Folgendes zu verordnen:
1) Die Königlichen Forstbeamten und die Jagdberechtigten werden die Jagd auf diese jetzt besonders gefährlichen Thiere mit verdoppelter Anstrengung fortsetzen und derselben so viele, als es möglich ist, erlegen; indem selbstredend durch die Verminderung der Anzahl derselben die Gefahr selbst vermindert wird.
2) Wenn in diese Absicht Gemeinden, besonders in den Gegenden, wo dergleichen der Wuth verdächtige Füchse whrgenommen werden, sich bereitwillig erklären, ohne Vergütung Treigjagden anzustellen: so haben die Königlichen Kreisbehörden, mit den Forstbeamten resp. Jagdberechtigten, das Erforderliche einzuleiten und darauf zu sehen, daß bei diesem Jagen keine Bracken gebrauchrt werden.
3) Die Vorsicht gebietet, daß in jedem Dorfe bei sichern Leuten einige geladene Flinten zum Tödten der etwa in den Ort eindringenden Füchse bereit stehen.
4) Die wegen des Hundehaltens bestehenden Polizeigesetze sind in den Gemeinden von Neuem zu publiciren und zu vollstrecken. In denjenigen Gegenden, wo sich kranke Füchse zeigen, müssen die Hunde angelegt und die im Felde frei umher laufenden Hunde todt geschossen werden.
5) Wird ein landwirthschaftliches Hausthier, besonders ein Hund, von einem Fuchse verletzt, so darf das verwundete Thier nicht gleich getödtet werden, sondern dasselbe ist, mit Beobachtung der erforderlichen Vorsicht, festzulegen und von einem Sachverständigen zu beobachten, der über die Folgen des Bisses an die ihm zunächst vorgesetzte Behörde zu berichten und, unter Mitwirkung der Orts-Polizei-Behörde, die erforderlichen Maßregeln wegen Trennung der Thiere, Reinigung des Stalles und der Stallgeräthschaften u.s.w. in Vollziehung zu setzen hat.
6) Wird eine Mensch von einem der Wuth verdächtigen Fuchse gebissen, so treten dieselben gesetzlichen Bestimmungen in Wirksamkeit, die zur Verhütung der Wasserscheu, als Folge des Bisses von einem tollen Hunde, erlassen worden sind.
7) Die eigene Vorsicht wird Jeden lehren, wie es mit dem Genusse des Wildpretts zu halten sey.
Die Kreisbehörden haben über den Erfolg dieser Verfügung, nach Lage der Sache, zu berichten und die etwa weiter nöthigen Vorsichtsmaßregeln, mit Rücksicht auf die Oertlichkeit, in Antrag zu bringen.
Arnsber, den 4. November 1824.
Königlich Preußische Regierung.
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Arnsberg Nr. 46, 13. November 1824, Seite 79
Politik
Mit Bezug auf die Verordnung vom 15. September 1816 - Amtsblatt S. 82 - wird in Erinnerung gebracht, daß
1. Die Dienstherrschaft dem abziehenden Gesinde den vorgeschriebenen Dienstentlassungsschein bei einer Strafe von 1 bis 2 Rthlr. zu ertheilen hat;
2. Wenn die Dienstherrschaft nicht schreiben kann, dieser Schein von dem Orts-Schulmeister für dieselbe ausgefüllt und von ihr unterkreuzt werden und für dieses Geschäft demselben 1gGr. oder 1 1/4 Sgr. gezahlt werden soll;
3. Die Stempelgebühren für den Schein, welche jetzt 5 Sgr. betragen, von dem abziehenden Gesinde getragen werden müssen;
4. Das entlassene Gesinde den Entlassungsschein der Polizeibehörde, also dem betreffenden Bürgermeister, hier Oberbürgermeister zur unentgeldlichen Visirung bei Vermeidung einer Strafe von 16 gGr. vorlegen muß;
5. Bei Weigerung des Gesindes, diesen Schein anzunehmen, solcher von der Dienstherrschaft der Polizeibehörde zur weiteren Verfügung sogleich übergeben werden soll, und
6. Dienstboten, nicht bloß beim Antritt ihres anderweitigen Dienstes, sondern schon bei der neuen Vermiethung, nachweisen müssen, daß hinsichtlich der Verhältnisse zu der bisherigen Dienstherrschaft der anderweiten Vermiethung nichts entgegen stehe, mithin niemand ohne diesen Nachweis Gesinde anmiethen darf.
Ferner wird nach Bestimmung des Königlichen Ministerii des Innern und der Polizei vom 17. v. M. nachträglich verordnet:
daß der Vorschrift der Gesinde-Ordnung vom 8. November 1810 §. 9. bis 12. wodurch den Herrschaften die Verpflichtung auferlegt ist, bei Vermeidung von Polizeistrafen den Entlassungsschein der früheren Herrschaft von den anziehenden Gesinde einzufordern, pünktlich nachgekommen werden muß, zu dem Ende bei der Meldung des Gesindes, dieser sogleich mit vorgelegt werden soll; worauf sämmtliche Bürgermeister, hier der Polizei-Kommissarius, bei eigener Verantwortung zu sehen haben.
Münster, den 12. November 1824
Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 47, 20. November 1824, Seite 399
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Vorbereitungen zur Ständewahl
Berlin, 3. Juni.
In Folge des allgemeinen Gesetzes vom 5. Juni v. J., wegen Anordnung der Provinzial-Stände in der Monarchie haben seine Majestät unterm 27. März d. J. auch die besonderen Vorschriften für den ständischen Verband der Rhein-Provinzen, imgleichen für den der Provinz Wesphalen zu erlassen geruhet. Der erste begreift alle Landestheile, welche 1) das Großherzugthum Niederrhein und 2) die Herzogthümer Kleve, Jülich, Berg, in Beziehung auf die Verwaltung, bilden. Die Stände dieses Verbandes bestehen, und zwar der I. Stand aus den vormals unmittelbaren Reichsständen, der II. Stand aus der Ritterschaft, der III. Stand aus den Städten, der IV. Stand aus den übrigen Grundbesitzern, welche im zweiten und dritten Stande nicht begriffen sind. Die Anzahl der Mitglieder eines jeden dieser Stände ist festgesetzt: für den ersten auf vier Mitglieder, nämlich: die Fürsten von Wied-Neuwied, von Wied-Runkel, von Solme-Braunfels, von Solms-Hohensolms-Lich, jeder mit einer Virilstimme; und für jeden der folgenden drei Stände auf 25, zusammen also 79 Mitglieder. - Der andere Verband umfaßt alle diejenigen Landestheile, welche in Bezug auf die Verwaltung die Provinz Westphalen bilden. Die Stände dieses Verbandes bestehen, und zwar der I. Stand aus den vormals unmittelbaren Reichsständen, der II. Stand aus der Ritterschaft, der III. Stand aus den zur Vertretung des bürgerlichen Gewerbes geeigneten Städten, und der IV. Stand aus den übrigen, im zweiten und dritten Stande nicht begriffenen Grundbesitzern. Die Anzahl der Mitglieder dieser vier Stände ist festgesetzt: für den ersten Stand auf 11 Mitglieder, nämlich: der Herzog von Aremberg, die Fürsten von Salm-Salm, von Salm-Kyrburg, von Kannitz-Rietberg, der Herzog von Looz, die Fürsten von Sayn-Wittgenstein-Berleburg, von Sayn Wittgenstein-Wittgenstein, von Bentheim-Teklenburg, von Bentheim- Steinfurt, von Salm-Horstmar, und der Herzog von Croy, jeder mit einer Virilstimme; für jeden der drei übrigen Stände auf 20, mithin zusammen 71 Mifglieder. - Das Recht zu einer Virilstimme im ersten Stande wird ( in dem einen, wie in den andern Verbande) durch den Besitz eines vormals unmittelbaren Landes, nach Maßgabe der Instruction vom 30. Mai 1820 §§ 2 und 63 begründet. Mehrere dergleichen in der Person eines Besitzers vereinigte Länder berechtigen nur zu einer Stimme; auch kann das Stimmrecht durch Theilung nicht vermehrt werden. Se. Majestät haben sich jedoch vorbehalten, den Besitz bedeutender Familien-Fideikommiß-Güter durch Ertheilung von Virilstimmen in diesem Stande zu bevorrechten. Auf dem Landtage erscheinen die vormals unmittelbaren Reichsstände, sobald sie die Majorennität erreicht haben, in der Regel in Person, mit der Befugniß, sich in erheblichen Verhinderungs-Fällen durch ein Mitglied aus ihrer Familie oder einen sonst geeigneten Bevollmächtigten aus dem zweiten Stande vertreten zu lassen. Alle übrigen Stände erscheinen durch abgeordnete, welche von ihnen durch Wahl bestimmt werden. Zum Versammlungs-Orte des Landtages ist für den ständischen Verband in den Rhein-Provinzen die Stadt Düsseldorf, und für Westphalen die Stadt Münster bestimmt. (Staatsz.)
Westfälischer Merkur Nr. 69, 8. Juni 1824