Kinderheime in Gelsenkirchen

Kindheit und Kinder in verschiedenen Epochen

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Verwaltung
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Kinderheime in Gelsenkirchen

Beitrag von Verwaltung »

Wer weiss wie viele Kinderheime es noch in Gelsenkirchen gibt?
Wer war selber früher als Kind in einem solchen Heim?
Wie war das Leben dort?

Nachdem Ursula von der Leyen den zugesagten Runden Tisch zur Aufarbeitung der Geschichte der Kinder- und Erziehungsheim zur Enttäuschung der Betroffenen zurück gezogen hat, sollten wir vielleicht für Gelsenkirchen Geschichten sammeln.

Nach dem Krieg bis in die 70er Jahre herrschte in vielen Heimen Strenge, teilweise heute sicherlich als menschenunwürdig zu bezeichnende Erziehungsregeln vor.
Viele Kinder wurden für den Rest ihres Lebens traumatisiert.

Wer kann darüber etwas berichten. Positives, negatives, alles was erlebt wurde.
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Pandoraa333
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Beitrag von Pandoraa333 »

Also da ich 3 Kids habe die mit Kindern aus dem Heim zur Schule gehen,haben wir auch schon Kinder (Jugendliche) aus dem Heim hier bei uns gehabt.
Es ist aber nicht mehr wie früher ein Kinderheim im Sinne das die Kinder keine Eltern haben,leider ist es so das viel dort wohnen weil es Zuhause nicht mehr klappt.
Gründe wird es wohl viele geben.

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kleinegemeine01
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Beitrag von kleinegemeine01 »

da gab es schon mal ne Suche:
http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 6393#26393

ich hatte kiki-75 mal per pn angeschrieben, aber leider kam nie eine Antwort

http://www.kinderheim-elisabeth.de/Geschichte.htm

Von ca. 1970-1972 mußte ich dort ausharren. Schreibe beizeiten ein paar Zeilen.
Ich sach nur: Sauerkraut und 4 Stunden am Tisch sitzen müssen, wenn man nichts gegessen hat.
:x
Langeweile, langeweile, kennt keine Hast, kennt keine Eile!

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Verwaltung
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Beitrag von Verwaltung »

@gemeine Kleine
Danke 8)
Kiki-75 hat geschrieben:kann mir jemand weiterhelfen??? suche material über das kinderheim crangerstrasse.war schon mal da,aber das alte gebäude ist nach einem brand abgerissen worden.mein mann ist nämlich auf der suche nach seiner vergangenheit,und hat leider überhaupt keine fotos aus dieser zeit.er war von 1967-1973 dort.

ich bedanke mich schon mal im voraus,da ich durch eifriges lesen weiss wie hilfsbereit ihr alle seid!!!



christa
Heinz O. hat geschrieben:@kiki-75

Hallo, da empfehle ich dir folgendes Buch:Bild

kann mich sich in der Bücherei in Erle ausleihen.

Ob da was bei ist was du suchst , weiß ich natürlich nicht.

Ansonsten würde ich doch einfach mal im Kinderheim nachfragen, die haben doch mit Sicherheit ein Archiv.
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Heinz
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Beitrag von Heinz »

Mir fällt ein, dass damit auch ein dunkles Kapitel verbunden ist - Terrorismus in der BDR - Ulrike Meinhof schrieb ein Fernsehspiel über die Zustände in einem Mädchenheim:
http://de.wikipedia.org/wiki/Bambule_(Fernsehspiel)

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bostonman
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Beitrag von bostonman »

In den Kinderwohngruppen leben mittel- und langfristig Kinder und Jugendliche, welche aufgrund der vorhandenen Problematik voraussichtlich nicht mehr in ihre Herkunftsfamilien zurückkehren können.
Beide Kinderwohngruppen befinden sich in großzügigen Altbauten in den Stadtteilen Gelsenkirchen-Buer und Gelsenkirchen-Ückendorf.
siehe
http://www.ev-kinder-jugendhaus.de/foll ... exmain.htm

bostonman hat geschrieben:Heutige Adresse Schlosserstraße,damals Wilhelminenstraße 123
Bild
aus
http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 5086#75086

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kleinegemeine01
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geh mich wech mit Sauerkraut

Beitrag von kleinegemeine01 »

Eine kleine Geschichte über Angst
oder wie Bine lernte, sich unsichtbar zu machen.

Auf einmal war ich mit meiner Mama dort.
Ich war 5 Jahre alt. Ein riesiges, altes, dunkles, drohendes Gebäude. Das Erler Kinderheim.
Eine Nonne öffnete uns die Tür. Ich hatte unwillkürlich Angst vor dieser Frau und dann ich sah sogar noch mehrere von diesen schwarz gekleideten Frauen. Ich wollte dort weg.
Ich weiß nicht mehr, ob meine Mutter mich vorab aufgeklärt hatte, was mir bevorsteht. Ich denke mal nicht. Sie war in dieser Beziehung immer sehr zurückhaltend und freiwillig schob sie mich eher nicht dorthin ab, wenn ich auch davon überzeugt bin, dass sie eine Wahl gehabt hätte. Aber sie war zu schwach.
Jedenfalls ließ sie mich nach einem kurzen Gespräch mit dieser fürchterlichen Person (sorry, aber so habe ich diese Nonnen nun mal empfunden) dort zurück. Ich weinte vor Angst. Versuchte noch, mich an meine Mutter festzuklammern.
Danach weiß ich erst einmal nichts mehr. Die Erinnerung begraben unter kindlichen Schutzmechanismen. Weiß nicht mehr, wie lange ich geweint hatte, weiß nicht mehr, wie lange die Angst anhielt.
Ich wollte nicht angestarrt werden und versuchte mich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Anfangs gab es massive Hänseleien, das weiß ich noch.
Ich war allein. Alles vertraute war weg. Ich war 5. Verdammt, ich muss mich beschissen gefühlt haben, aber ich weiß es zum Glück nicht mehr.

Wie fing die Geschichte an? Warum musste ich dort landen? Welche Gründe sind wichtiger als das Wohlergehen des eigenen Kindes?

Ich bin unehelich geboren und meine Eltern lebten im Jahre 1965 wohl noch recht chaotisch. Mein Vater war verheiratet und irgendwo in meiner Erinnerung taucht ein Satz auf, dass meine Mutter mit in der Wohnung seiner Ehefrau gelebt hatte. Meine Mutter wurde mit mir schwanger und als ich zur Welt kam, soll es mir nicht gut gegangen sein. Wie auch immer. Meine Tante väterlicherseits nahm mich zu sich und zog mich die ersten Jahre auf und ich verbrachte das eine oder andere Wochenende bei meinen Eltern.
Bei meiner Tante hatte ich dann so was wie eine Familie, mit einem 7 Jahre älteren Cousin und eine 10 Jahre ältere Cousine, aber wir waren wie Geschwister.
Dann begann meine Tante eine Fortbildung und sie hätte keine Zeit mehr gehabt, sich um mich zu kümmern und daher kam ich für die Dauer ihrer Fortbildung ins Heim.

An den Wochenenden war ich aber immer bei meinen Eltern. Der Weg, mich dort abzuholen war kurz. Einfach über die Cranger Straße gehen und schon waren sie da.
Ich erlebte meine Einschulung noch im Heim und wechselte irgendwann die Grundschule, als meine Tante mich wieder versorgen konnte.

Meine Erinnerung insgesamt ist aber nicht negativ belastet. Ich kann mich nach der schrecklichen Eingewöhnungsphase nicht an schlimme Dinge erinnern. Außer vielleicht an die Sauerkraut/Kasseler/Tütenpürree Tage. Ich sehe mich spielen, abends im Zimmer mit den anderen Mädchen flüstern, kichern.
Von meinem Bett aus konnte ich den Himmel sehen und nachts den Mond und die Sterne. Schon damals hatte ich den Orion zu meinem Lieblingssternbild gemacht. Ich schaute immerzu zu den drei Gürtelsternen und wartete darauf, dass sie zusammenstoßen. Ham se bis heute nicht gemacht…
Aus der Ferne konnte man nachts das Sirren der Autoreifen der nahen A2 hören.
Ich erlebte den schweren Herbststurm von 1972, wo ein dicker Baum auf das Haus krachte.
Es gab sogar ein kleines Schwimmbecken, welches wir im Sommer nutzten. Wir hatten ein Fernsehzimmer, wo wir abends häufig saßen. Ich lernte Rollschuhlaufen und Radfahren, Schwimmen und die besten Sandburgen bauen.
Ich habe bis heute nie mit meinem Schicksal gehadert. Es war mein Leben und ich nahm es, wie es kam. Ich kannte es ja nicht anders. So mache ich es auch heute noch.

Nur mein Vertrauen blieb auf der Strecke. Und vllt. die Fähigkeit…hmmm…Liebe, lieben, Liebe erwidern.
Ich bin eine Einzelgängerin geworden. Zwar habe ich immer mit anderen Menschen die Zeit verbracht, aber tiefe Freundschaften haben sich nicht entwickelt. Ich fühlte mich nie lange wohl in der Gesellschaft von immer den gleichen Menschen. Immer auf der Suche… nur wonach?
Heute habe ich ein paar Freunde, bin aber nach wie vor immer auf dem Sprung. Zuviel Nähe vertrage ich nicht.
Glücklicherweise habe ich mit meiner Tochter dann doch einen Menschen in mir aufgenommen. Meine Tochter liebe ich, auf meine besondere Art, weit entfernt aber von Beschreibungen über Liebe aus Erzählungen und Büchern.

Ich möchte keine Dinge wie: oh, kg01, das muss hart gewesen sein oder ähnliches hier lesen. Kein Psychokram, bitte.
Mir geht es gut, ich bin zufrieden und selbstbewußt wie nie zuvor. Manchmal bin ich traurig, genieße dieses Gefühl aber auch irgendwie. Es läßt mich spüren, daß ich lebe.

So, ich bin fertig. :wink:

cue
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Beitrag von cue »

beeindruckt,
cue

pito
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Beitrag von pito »

Ja, danke für diesen Lebensblick.

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Benzin-Depot
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Beitrag von Benzin-Depot »

Beitrag entfernt / bzw. verschoben, siehe hier:

Kindheitserinnerungen an Aufenthalte in Kinder(Kur)Heimen...

http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 078#120078
Zuletzt geändert von Benzin-Depot am 15.01.2009, 21:25, insgesamt 1-mal geändert.
„Die Menschen", sagte der Fuchs, „die haben Gewehre und schießen. Das ist sehr lästig.“
(Antoine de Saint-Exupéry / aus "Der kleine Prinz")

Männlein
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Beitrag von Männlein »

Na, ja, das war wohl eher ein Kinder-Kurheim.

Davon durfte ich auch 2 genießen. Ein Horror ohnegleichen, ich hatte Glück dass meine "große" Schwester immer dabei war.

Beim ersten war ich 5, beim zweiten 8 Jahre alt. Nach den Ferien war aber alles vorbei, das hatte man im Hinterkopf. Also nix open end.

Die Stadt Gelsenkirchen und verschiedene Großbetriebe hatten zahlreiche Heime in ganz Deutschland angemietet oder in Eigenbesitz.
Besonders auf die Nordseeinseln wurden das ganze Jahr über Kinder "verschickt" wegen der schlechten Luft im Kohlenpott.
Während der Schulzeit war das erträglich...in den Ferien hatte man besseres vor.
Ich mußte in den ferien, von wegen was versäumen...

Der Ansatz von kg01 war aber doch wohl anders ...

Männlein

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Benzin-Depot
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Beitrag von Benzin-Depot »

Männlein hat geschrieben: Der Ansatz von kg01 war aber doch wohl anders ...
....und sogar das Thema war doch auch ganz anders.... 8) :lol: 8)

und sollte nur zeigen, wie viel Freude man in solchen Instituten genießen konnte...

wenn man nur ein klein wenig angepasster gewesen wäre... :winken:
Zuletzt geändert von Benzin-Depot am 15.01.2009, 20:42, insgesamt 1-mal geändert.
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pito
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Beitrag von pito »

Hier ein Bild aus einem Frankfurter Kinderheim in den 50ern:
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Bund ... ndheim.jpg

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Heinz O.
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Beitrag von Heinz O. »

Männlein hat geschrieben:Na, ja, das war wohl eher ein Kinder-Kurheim.

Davon durfte ich auch 2 genießen. Ein Horror ohnegleichen

Männlein
das denke ich auch.
auch ich durfte sowas mal miterleben, und schon damals habe ich mir geschworen:

NIE WIEDER !

wenne nicht essen wolltest, kam der Rohrstock, wenne aus Heimweh nachts geweint hast, haben se dich aufs Klo abgestellt (incl. Bett), und wenne dich gewehrt hast, haben se dich "fixiert"

das meine Erinnerungen an dieses "Kurheim"
Gegen Hass, Hetze und AfD
überalteter Sittenwächter

jokomo
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Beitrag von jokomo »

kleinegemeinde 01
geh mich wech mit Sauerkraut

knallhart,
bewundernswert,
Liebe ist nur ein Wort,
"Ich wäre stolz Dein Freund zu sein".

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