Mit Handicap in Gelsenkirchen

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Stadtgarten
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Beitrag von Stadtgarten »

Ich habe heute ein beispiel gesehen wie sehr jemand wegen seines handicaps diskriminiert werden kann.

Der Fall:

Ich sass draussen bei Nordsee in der Stadt und es kam ein Junge mit seinem Vater die Bahnhofstrasse langgelaufen, der Junge (höchstens 18 jahre) hatte so wie es aussieht offenbar einen Schlaganfall gehabt (konnte jedenfalls seine linke körperhälfte nicht bewegen und der gang war auch so wie er nach einem schlaganfall oft ist). Eine 3 köpfige Familie Mutter Sohn Tochter (Sohn und tochter ca 18-20 Jahre alt) saß ein paar tische weiter und nahm es zum Anlass sich über den Jungen lustig zu machen. Als der Vater mit seinem Sohn an Nordsee vorbei ging hörte ich wie die tochter zur mutter so sagte"hey guck mal Contergan opfer Nummer 2 kommt", die mutter hat dan gelacht. Nummer 2 sagte die Tochter deshalb weil kurze zeit zuvor schonmal ein älterer mann mit gelähmten Arm vorbei kam.Ich hab echt gedacht ich hör nicht richtig als ich das gehört habe, am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte der famile mal ein paar takte erzählt, aber das hätte nur zu ärger und diversen diskusionen geführt so wie ich die familie eingeschätzt habe, weswegen ich meinen mund gehalten habe.

Find es echt traurig das es so minderbemittelte Menschen gibt die sich über sowas lustig machen. Wie schnell kann es gehen das es einen selbst trefen kann ,zb man wacht morgens auf und plötzlich ist die eine körperhälfe taub oder kribbelt usw. Diagnose Schlaganfall. Vieleicht war der Junge der mit seinem vater da lang lief früher mal ganz gesund und von einem auf den anderen tag kam der Schlag aus heiterem Himmel. Ich hoffe das solche minderbemittelten Menschen mal ihre meinung ändern, und wenn sie sowas sehen nicht lachen sondern daran denken wie schnell es einen selbst treffen.

Könnt mich echt aufregen über solche leute. Ist schon schlimm genug das ein junger Mensch der das leben noch vor sich hat sowas schweres erleiden muste und dadurch noch spott erntet. Ich wünsche dem Jungen jedenfalls alles gute und hoffe dass sich sein zustandt vieleicht wieder bessern kann.

trixexpress
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Beitrag von trixexpress »

@Stadtgarten: Was du da geschrieben hast, kann ich sehr gut nachempfinden und finde es eine Schweinerei, dass es immer noch taktlose Menschen gibt, die sich über andere lustig machen, weil sie eben "anders" sind als die "Normalos" unter uns.

Ich selber bin hochgradig schwerhörig, nur dass ich schlecht höre und von den Lippen ablesen muss, das wäre das einzige, an mir eine Behinderung zu erkennen. Ich bin aber auch tolerant anderen Menschen gegenüber wie auch denen, die wie der "Contergan 2" (unverschämtes Wort, echt !!! :twisted: ), zumal ich auch in meinem engsten Freundeskreis einen Gehörlosen habe, den vor Jahren der Schlaganfall auch erwischt hat. Ihn hat es zwar nicht sehr stark getroffen, das Gesichtsfeld ist nun ein bisschen eingeschränkt, d.h. er sieht nicht, wenn was von der Seite kommt. Und richtig anpacken kann er auch nicht mehr. Aber er kann noch gut laufen und kann sich immer noch gut an Dinge von früher erinnern.
Zu meinen Freunden zählt auch ein Contergan-Opfer. Obendrein noch hörgeschädigt, trägt aber ungern ihre Brille. Die Dame, gleich meinem Alter, kenne ich schon aus Schulzeiten. Mal abgesehen von ihren Problemen mit den Armen, ist sie trotzdem eine tolle Wucht ! Kann schon fast alles alleine, sogar Autofahren kann sie.
Eine andere Freundin ist Spastikerin, sieht aber mit dem Alter immer schlechter und auch mit dem Gehör steht es nicht gerade gut, so dass sie teilweise auf das Lormen angewiesen ist (also die Sprache, mit der Taubblinde untereinander kommunizieren).

Mein delfin und ich, wie gesagt beide schlecht auf den Ohren, finden es nicht nur wegen unserer Behinderung wegen selbstverständlich, auch unsere mehrfachbehinderten Freunde unter uns zu haben. Gebärden und auch Lormen sind uns nicht fremd (obwohl wir selbst letzteres eigentlich nicht brauchen, es sei denn, wir haben uns im Dunkeln was mitzuteilen :wink:)

Hhmmm... ich komme wohl ein bisschen von Stadtgartens Erlebnis weg. Er hat das wohl richtig gehört, was die Tochter zur Mutter sagte. Wäre ich an seiner Stelle und bekäme das auch mit, hätte ich denen wohl zugerufen "Und da sitzen die drei Klapsmüllers von Aplerbeck" - sie hätten bestimmt dumm aus der Wäsche geschaut :o

Letzteres am Rande: Auch wir Hörbehinderte haben mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen - darüber werde ich bei Gelegenheit mehr hier schreiben !

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Stadtgarten
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Beitrag von Stadtgarten »

Das war auch ne sauerei von dieser familie wie die sich verhalten haben.

Ich finde man solte sich immer vor augen führen wie schnell es ein selbst treffen kann und man dan selbst ne behinderung hat (zb Schlaganfall, schwerer Autounfall mit Schädel-Hirn-Trauma, zustand der nach einer erfolgreichen Reanimation auftreten kann zb Wachkoma wegen des Sauerstoffmangels im Gehirn während des Herzstillstandes (schon nach 3 Minuten Herzstillstand sterben die gehirnzellen unwiederbringlich ab) usw.

Diese sachen halte ich mir selbst immer vor augen und daher würde es mir nie in den sinn kommen mich über behinderte Menschen lustig zu machen weil ich weiss, das es mich selbst auch jederzeit treffen könnte. Häufig kommt es so aus heiterem himmel, man ist noch glücklich und gesund und plötzlich erwischt es einen irgentwie und dan ist die welt gleich ganz anders.

buerio
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Beitrag von buerio »

Hier ein PORTAL für Gehörlose oder Schwersthörige =

http://www.taubenschlag.de

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qi-yin-yang
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Beitrag von qi-yin-yang »

hallo an alle,

stadtgarten hat vollkommen recht.
hier mal ein beispiel wie man mit einem menschen umgeht der bedingt durch eine wachkomazeit nach reanimation so umgegangen wird. (die folgeschäden sind zerstörte stimmbänder und eine starke warnehmungsstörung der augen):

bei einem spaziergang - ehemaliger nachbar zu meinem mann dessen wange streichelnd - na, isset denn wieder gut ? weisste denn wer ich bin ? musse schön auf deine frau hören, dann wird et wieder

oder - wegen der vorsichtigen gangart - ekelig, besoffen schon am frühen morgen

nun wie soll man sich wohl dabei fühlen ? und dies sind nur kleine beispiele.
Alles wir gut

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timo
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Beitrag von timo »

qi-yin-yang hat geschrieben: bei einem spaziergang - ehemaliger nachbar zu meinem mann dessen wange streichelnd - na, isset denn wieder gut ? weisste denn wer ich bin ? musse schön auf deine frau hören, dann wird et wieder
Ohne dabei gewesen zu sein, klingt das für mich aber eher nach einer Folge von Unsicherheit im Umgang mit Betroffenen als nach böser Absicht.

Ich muss ('tschuldigung für's Offtopic) gestehen, daß ich mich zu meiner Zivildienst-Zeit mal ähnlich in die Nesseln gesetzt habe. Ich war zusammen mit einem Kollegen an einem Freitagmorgen zu einem Einsatz bei einer alten Dame eingeteilt, deren Mann in der Nacht zuvor gestorben war. Als wäre das alleine nicht tragisch genug, war ihr damit der einzige echte soziale Bezug verlorengegangen, den sie noch hatte. Es gab zwar eine Tochter, die aber im Ausland lebte und nur alle paar Monate vorbeikommen konnte. Ansonsten gingen in der Wohnung nur Haushaltshilfe, Pflegepersonal und Zivis ein und aus.

In welch desolatem Zustand sich die Dame befand, kann man sich ja denken. Sie saß völlig aufgelöst an ihrem Küchentisch und weinte unentwegt. Wir haben versucht, ihr Trost zuzusprechen, aber es war hoffnungslos.

Angesichts der Umstände hatten wir unseren Termin natürlich zeitlich erheblich überzogen, aber irgendwann half es nichts mehr, und wir mussten weiter und die Dame mit ihrem Kummer alleine lassen. Und als wir dann in der Türe standen, schoss Trottel Timo den größten denkbaren Bock: Ich habe ihr allen Ernstes in meiner Verlegenheit ein "schönes Wochenende" gewünscht. :oops:

Es hätte wahrscheinlich nicht mehr viel gefehlt, und mein Begleiter hätte mir für den Fauxpas vor der Haustür eine schallende Backpfeife verpasst, und das sicher nicht unverdient. Ich schäme mich bis heute für so viel Taktlosigkeit. Trotzdem kann ich beim besten Willen nicht ausschließen, daß mir etwas ähnliches noch mal passieren wird.

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qi-yin-yang
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Beitrag von qi-yin-yang »

nun ja timo, du magst ja recht haben, aber wenn du es immer wieder erlebst, reicht es irgendwann mal.
es waren ja oft sogar sogenannte "gute freunde" die sich so verhalten haben. die gibt es allerdings nicht mehr bei uns.
gerade diese menschen die man bereits teilweise jahrzehnte lang kannte, hätten erkennen müssen, dass ein mensch, der nur nicht gut sprechen und sehen kann, trotzdem ein vollwertiger mensch ist. dies kann ich auch mit unsicherheit nicht entschuldigen, denn man war sich ja nicht fremd.
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Schorsch
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Beitrag von Schorsch »

Stadtgarten hat geschrieben:Das war auch ne sauerei von dieser familie wie die sich verhalten haben.

Ich finde man solte sich immer vor augen führen wie schnell es ein selbst treffen kann und man dan selbst ne behinderung hat (zb Schlaganfall, schwerer Autounfall mit Schädel-Hirn-Trauma, zustand der nach einer erfolgreichen Reanimation auftreten kann zb Wachkoma wegen des Sauerstoffmangels im Gehirn während des Herzstillstandes (schon nach 3 Minuten Herzstillstand sterben die gehirnzellen unwiederbringlich ab) usw.
@ Stadtgarten
Dazu ein Satz von Richard von Weizsäcker:

Nicht behindert zu sein, ist wahrlich kein Verdienst sondern ein Geschenk
das jedem von uns jederzeit genommen werden kann.

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qi-yin-yang
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Beitrag von qi-yin-yang »

@schorsch

und mit diesem geschenk sollte man pfleglich und umsichtig umgehen
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staudermann
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antstand handstand

Beitrag von staudermann »

hi

is doch ganz einfach ich habe von meinen vater gelernt wenn eine ältere oder gebrechliche person in den bus oder bahn kommt dann stehst du auf mach ich heute noch

heute ist das nur noch wunschdenken nette gesellschaft


Dr hc deti
thomas linke fussballgott
komm wir essen opa

trixexpress
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Beitrag von trixexpress »

Der Satz von Weizsäcker mag gut formuliert sein ....

... mein einziges Handicap ist die hochgradige Schwerhörigkeit, damit verbunden ist es bei mir nicht möglich zu telefonieren, habe einige Schwierigkeiten, andere zu verstehen (was ich leider auch bei vielen GG'lern erleben musste, das ist aber eine andere Sache, auf keinen Fall böse gemeint !!!) bin aber dennoch froh und dankbar, dass ich noch Musik hören und genießen kann, was wiederum auch heisst, ich höre zwar, da singt wer, weiss manchmal nicht ob Männer- oder Frauenstimme, es sei denn, ich kenne den Schlager und den Interpreten, dann ist das für mich auch etwas Positives !

Ach ja, wenn mein Avatar bellt oder jault, entgeht meinen Ohren nichts :D

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qi-yin-yang
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Beitrag von qi-yin-yang »

liebe/r trixexpress,

ich freue mich sehr für dich, dass du die musik geniessen kannst.
mein mann wäre ebenso sehr glücklich einmal wieder seinem hobby nachgehen zu können - dem lesen. auch wenn er dazu eine lupe benötigen würde - er wäre überglücklich. nur leider geht es bis heute nicht
Alles wir gut

buerio
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Beitrag von buerio »

@ qi-yin-yang

Kleiner Hinweis von mir:
Es gibt Hörbücher.
Die könnten ETWAS Lebensqualität bringen?!
Gruß buerio

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qi-yin-yang
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Beitrag von qi-yin-yang »

lieber buerio,

wir haben schon eine riesige sammlung davon. es ist eine prima alernative geworden.
ausserdem bin ich ein sehr guter vorleser geworden, denn reiseberichte, die mein mann mit vorliebe gelesen hat, gibt es nicht so oft als hörbuch
Alles wir gut

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Schorsch
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Beitrag von Schorsch »

qi-yin-yang hat geschrieben:@schorsch

und mit diesem geschenk sollte man pfleglich und umsichtig umgehen
@ qi-yin-yang
leider ist auch mir dieses Geschenk vor 11 Jahren genommen worden aber ich habe gelernt mit meinem Handikap zu leben. Meine alten Hobbys musste ich aufgeben und mein Leben neu gestalten. Nun habe ich mich etwas erholt und pflege meine neuen Hobbys mit der gleichen Begeisterung wie früher. Meine Frau und ich leben nun jeden Tag so intensiv als wenn unser letzter wär. Unsere Freunde haben auch gelernt mit meinem Handikap umzugehen, was anfangs nicht einfach war. Wir haben gelernt, das man auch auf seine Freunde zugehen muß um Ihnen die Unsicherheit mit dem Umgang des Handikaps zu nehmen.

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