Kindheit und Jugend rund um Wilhelmine-Victoria

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Verwaltung
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Kindheit und Jugend rund um Wilhelmine-Victoria

Beitrag von Verwaltung »

Hallo,
Wie war das früher um und auf Wilhelmine Victoria?
Ich fang mal mit 1947 an, das sogenannte Hungerjahr. Die Zeit vor 1947, ohne oder mit Hunger will ich hier vergessen. Wohnort, neue Kolonie, Seite zum Westfriedhof, die schattige Seite, mit dicken wuchtigen Ulmen gegenüber der Straße. Die neue und alte Kolonie, also Grawen-und Klapeckenhof, Werkswohnungen der Hibernia AG die nur an Mitarbeiter der WV vergeben wurden.

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Jeden morgen acht Uhr,trafen sich mehrere Kinder und machten sich auf den Weg zum Kindergarten, rechts die Ulmen links die Häuserreihe, vorbei an den drei Steigerwohnungen bis zur Brücke der Zechenbahn. Unter die Brücke durch, links in die Dammstr., noch 100m und wir waren da. Tante Änne wartete schon auf ihre Schäfchen und half uns wie immer beim ausziehen.Bild
Nach dem Kindergarten ging es im Affenzahn nach Hause, das Loch im Bauch war groß und musste schnellstens gestopft werden. Die Auswahl war nicht groß, aber ein Pott voll Linsen mit was drin, Wurststückchen oder Bauchfleisch, lecker, haben es auch getan. Der Tag war noch nicht zu Ende und es ging ab nach draußen zum spielen.
Hausnummer 10 war durch einen Bombenvolltreffer platt und ein idealer Abenteuerspielplatz. An einer Stelle, wir haben das Loch mit Gestrüpp und Pappe abgedeckt, konnte man in den Keller krauchen, der bald mit Wehrmachtsschrott, Stahlhelme usw gefüllt war. Aber irgendwann am Nachmittag ruft die Pflicht in Form einer strengen Männerstimme, "Dieter Hühnerfutter besorgen". Verzögern, oder ja ich komm gleich, war nicht drin, der Koppel vom Opa saß locker, also bin ich dem Ruf brav und sofort gefolgt. Die Oma gab mir ein Netz mit zwei braunen Tüten, ab nach Mühle Nolte Kleie und Schrot für die Hühner holen.Damit war der Pflichtteil erledigt doch die Kür folgte sofort.

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Die Oma gab mir Geld in einem selber gemachten Geldbeutel, einen Zettel und eine Milchkanne mit. Erst zum Milchbauer Hartmann, dann Metzger Kaufmann, Sanella mit Bilder
bei Weiler und Brot bei Wever. Anschließend gab es dann Abendbrot mit heißer Milch.
Der Opa hat dann noch zwei Stunden gewerkelt, Schuhe besohlt, oder sich mit den Hühnern und Stallhasen beschäftigt. Schuhe besohlen, da hat er was drauf gehabt, von der Zeche ein Stück Gummiband mitgebracht, den Schuh draufgestellt, angezeichnet, ausgeschnitten und dann mit Kövulfix verklebt. Die haben gehalten! Die Oma hat die drei Tassen gespült, danach ihren Korb mit Strick und Flickzeug aus dem Schlafzimmer geholt,
Socken geflickt, Pullover oder Handschuhe, Fäustlinge hießen die Dinger, gestrickt, manchmal auch mit mir Mühle gespielt. Hab zwar immer verloren, egal der Bauch war voll, ich war zufrieden. Der Opa hat nur den Finger gehoben und nach oben gezeigt, (oben war die Schlafkammer), das Zeichen, der Tag war für mich zu Ende.
Bilder: Quelle Geschichtskreis Wilhelmine Victoria.
Wer möchte mehr pn weitermachen heißt jeden Samstag eine neue Folge

kohle_01
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Part II

Beitrag von kohle_01 »

Die Kindergartenzeit ging zu Ende und eine neue Epoche, die Schulzeit wurde eingeläutet. Einschulung am 01.04.1948 Melanchthonschule in Hessler, Klassenlehrerin, Rektorin Frau R.. BildDer erste Schultag, nichts Besonderes, bis auf ein total überheiztes Klassenzimmer. Links neben der Eingangstür im Raum stand ein riesiger Kanonenofen mit langem Rohr, das zeitweise rotglühend, angstausstrahlend ganz in meiner Nähe war und bis zur Decke ging.
Durchs Fenster sah ich die zerbombte evangelische Kirche, mit ihrem völlig in sich zusammengefallenen Dach. Ein paar Dachträger spickten von den kräftigen Sandsteinquadern der Seitenwände schräg nach oben und boten ein bizarres Bild. Die kaputte Kirche und warum sie so bizarr aussah interessierte mich mehr als das Geplapper, der mir vom ersten Augenblick an unsympathischen Frau R.BildNach zwei Stunden war der Zauber des ersten Schultags zum Glück vorbei, bis auf das Ende, da standen alle Kinder in ihren Bänken, so wie beim Barras und sangen im Chor,“ Aufwidersehen Frau R....“BildMeine Oma und andere I-männchen Abholer standen vor dem Tor zum Schulhof mit einer bunten Riesentüte im Arm und wartete auf ihre Kleinen. Ihr Anblick gab mir neuen Mut und das soeben erlebte war vergessen. Was mag da in der großen spitzen Tüte sein, so eine Stimmung wie vor Weihnachten machte sich breit bis die Oma sagte, „ hier Dieter für dich.“
Der erste Griff in die Tüte war schon Weihnachten, ich hatte eine Tafel Schokolade in der Hand. Meine Augen weiteten sich um einiges, als die Oma das Papier oder Pappe aufriss, ein Stück Schokolade abbrach und es mir gab. Berauschend war der Geschmack der Schokolade ja gerade nicht, zwar süß aber auch stark sandig, da hab ich mir was anderes vorgestellt. Zuhause angekommen sah ich die Bescherung, Brocken für die Schule, Tornister, Tafel, Griffelkasten, ein Schwamm und Lappen zum Trockenwischen der Tafel. Na gut, andere Kinder brauchten ja den gleichen Krempel, dachte ich, war ja auch so. Alle Klamotten in den Ranzen, Klappe zu, ab in die Ecke, tschüss bis morgen.
Der Opa hatte Frühschicht, war also nicht da und kam erst so etwa um drei Uhr, noch genug Zeit hinter den Gärten mit einigen Spielkameraden in Richtung WV 2/3 die Bombentrichter zu erkunden. Spannende Sache, die meisten Trichter waren bis zu einem Drittel mit Grundwasser gefüllt und beinhalteten einige Überraschungen. Um an diese zu kommen benötigten wir einen Käscher, der auch schnell besorgt war und sich als nützliches Hilfswerkzeug erwies. Zwei Stahlhelme eine Pistole, ein Revolver und ein K98 waren die Beute. Gedanken welchen Zweck die gefundenen Gegenstände ein paar Jahre früher noch erfüllten, haben wir uns natürlich nicht gemacht, wussten wir auch nicht. Ich kannte nur die mahnenden Worte vom Opa, „ Junge lass den Kriegsschrott liegen, da hängt viel Blut dran.“ Auf jeden Fall musste die Beute verschwinden, Stahlhelme, Revolver und Pistole in den Keller des zerstörten Hauses Nr 10, den Karabiner verdeckten wir mit Steinen am Fuß der Halde von WV 2/3. Der Revolver, Modell Nagant war bis 1991, natürlich unbrauchbar, in meinem Besitz und wurde auf Wunsch meiner Frau 1991 entsorgt.
BildBildBildEin Erlebnis aus dieser Zeit das mir lange zu schaffen machte, war die Umbettung verstorbener Kriegsgefangener. Von unserer Wohnung Grawenhof 8 aus war gut zu beobachten was genau gegenüber, nur durch die Straße und Garten getrennt, auf dem Westfriedhof ablief. Einige Personen schaufelten die Erde auf, die anderen Personen vermummt von Kopf bis Fuß, trugen die ausgegrabenen Gebeine einige Meter weiter und verpackten sie in bereitstehende Behältnisse zum Abtransport mit LKWs. Das ging einige Wochen so und wurde durch uniformierte Personen begleitet und bewacht.BildMeine Oma erzählte mir das dort viele Menschen in einem Grab lagen und jetzt in ihre Heimat gebracht werden und jeder ein eigenes Grab bekommt. Auf meine Frage: „Warum hat den nicht jeder sofort ein Grab bekommen, kam die nüchterne Antwort, „ das war eben so.“
Auch in diese Zeit passend dürfen die Care Pakete nicht unerwähnt bleiben. Jedes mal ein Freudentag wenn der Opa vom Pütt kam und ein Päckchen unterm Arm trug, Kaugummi, Salzerdnüsse in Dosen und einige andere Leckerbissen kamen mir vor wie Artikel aus einem Märchenbuch.

Schacht 9
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Beitrag von Schacht 9 »

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Ev. Kirche in Hessler um 1950.
Bild aus dem Gemeidebuch 1950.

kohle_01
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Part III

Beitrag von kohle_01 »

Ein paar Monate meiner Schulzeit sind abgetan, aber so richtig eingelebt, oder wie einige Mitschüler freudig am Schulunterricht teilnehmen, war nicht. Meine Gedanken schwebten übern Steinberg ( Halde WV 2/3), oder beschäftigten sich mit Fußball, Buden bauen und allerlei anderer Sachen, nur nicht mit der Schule. Die häufigen Rügen der Klassenlehrerin und die ständigen Donnerwetter vom Opa, manchmal auch eine Backpfeife, berührten mich nicht wirklich. Endlich, irgendwann im Sommer hieß es „Ferien,“ keine Schule, lange schlafen, das machen was gefällt und am Abend länger aufbleiben und das ganze sechs Wochen lang, so könnte es weitergehen. Schuluntersuchung die ekligen Lebertrantage und die ewigen Maßregelungen der Frau R..., verschwanden langsam in den Hintergrund.
Für Abwechslung sorgte der Opa, der täglich etwas anderes zu tun hatte. Heute holte er den Handkarren, zwei Eimer, einer verzinkt der andere weis emailliert und eine Hacke vom Pütt, aus den Schuppen, nahm mich an die Hand und marschierte los. Unser Ziel, die Halde von Zollverein Schacht 4, die mit viel Arbeit verbunden einige Eimer Kohlen hergab. Der Opa in der linken Hand den Eimer und in der rechten die Hacke suchte auf der Böschung und ich unten entlang. Nach einiger Zeit war der Handkarren ganz und die beiden Eimer halb gefüllt, so machten wir uns auf den Heimweg, mit einem Schlenker entlang der Hesslerstraße bis zum Metzger Kaufmann. Die Kohle wurde in Grütz und Pferdefleischwurst umgesetzt, noch ein Brot von Wever mitgenommen und dann ab nach Hause. Von Opas letzten Hamsterfahrt, Gahlen und Hünxe, mit dem Fahrrad, war noch Griebenschmalz und fetter Speck im Keller. Die Oma schnitt ein paar Scheiben Speck ab, nahm einen Esslöffel voll Schmalz, setzte einen Topf auf den Küppersbuschherd, ließ den Speck aus und fügte noch den Löffel mit Schmalz dazu. Dann kam die enthäutete Grützewurst in den Topf und nach ein paar Minuten noch ein paar Eier von unseren Hühnern dazu. Zum Abendbrot gab es dann Reibekuchen mit Grützewurst, was mir besser schmeckte wie der ewige Milchreis mit Dörrpflaumen.
Irgend etwas war im Busch, die Nachbarn, meine Großeltern auch, steckten auf der Straße die Köpfe zusammen und gestikulierten mit ihren Armen, ein Zeichen, etwas WICHTIGES wurde besprochen. Die Oma erzählte mir, das es neues Geld gibt und man mehr dafür kaufen kann und jetzt alles besser wird. Neues Geld, na ja, war mir Wurst, aber mehr kaufen hörte sich gut an, sollte aber noch ne Zeit dauern.
Den größeren Jungen aus unser Straße haben wir zugeschaut, wie sie mit einem Hammer, eine Seite flach angeschliffen, die andere stumpf von Ruinensteinen den Putz abklopften. Den Grund warum sie die Steine sauber machten hatten wir noch nicht erkannt, aber wollten es unbedingt wissen. Also wurde die Aktion beobachtet und versteckt begleitet. Die Burschen brachten die geputzten Steine in einem Handwagen zum Klüngelkerl Kupsch, der sie begutachtete und ihnen dafür Geld gab. Es stellte sich raus, das er für einen sauberen Stein, ohne Kantenbruch , vier Pfennige, schon neues Geld zahlte. Da gab es kein langes Überlegen, am anderen Tag starteten wir die gleiche Aktion. Der Opa hatte im Schuppen eine kleine Handaxt zum Anzündholz machen, die ich kurzer Hand an mich nahm und damit zum Zerbombten Haus 10 ging, da lagen genug Steine rum von denen man den Putz abklopfen konnte. Mein Schulfreund Manfred fand sich ein und wir verabredeten 100 Steine zu klopfen und den Gewinn halbe, halbe zu teilen. Gar nicht so leicht 100 Steine sauber zu kriegen, die Handgelenke schmerzten, der Rücken und die Kniegelenke auch, irgendwie schafften wir es doch, verluden unsere Steine in den Handkarren, einer zog, der andere schob, bis wir beim Schrotthändler Kupsch auf dem Hof standen. Er war nicht da, aber seine Frau ließ uns die Steine auspacken und auf einen angefangenen Stapel, schichtweise versetz auflegen. Sie zählte genau mit, war zufrieden und gab uns vier Mark, neue Mark! Stolz wie Oskar packten wir jeder zwei Mark in die Hosentasche, die Karrendeichsel in die Hand und ab zum Metzger und Becker unser schwerverdientes Geld in Wurst und Brötchen umzusetzen.
Spielen, jenachdem wie viele Kinder sich einfanden, war in den großen Ferien natürlich der Trumpf, Verstecken, Pinchenklopfen, Völkerball, auch ein typisches Mädchenspiel, hüpfen,
war dabei. Bei all diesen schönen Nebensächlichkeiten übersah man das die Ferienzeit zu Ende ging und der graue Schulalltag immer näher rückte. Aber unaufhaltsam
kam der Tag an dem mich die Wirklichkeit in Form der Frau R... wieder hatte. Der neueste Hit, alle Kinder sammelten sich im kleinen Schulhof, stellten sich je nach Klasse in Zweierreihen auf, nahmen sich an die Hand und warteten das sie von der zuständigen Lehrkraft abgeholt wurden. Des öfteren kontrollierte Frau R... auch die Hände der Kinder auf Sauberkeit und so manch einer bekam den Zeigestock zu spüren. Hände umdrehen die Innenflächen zeigen, ein Schlag auf die linke und ein Schlag auf rechte Hand und weiter ging es zum Nächsten. In der großen Pause ging dann die Rennerei zum Hausmeister los, die 75 Pfennige in der Hand; Treppe runter um die Ecke und die Marken für Milch oder Kakao gekauft. Eine Flasche, 0,25 l kostete 15 Pfennige. Eine gute Einrichtung die auch von allen Schülern genutzt wurde. Die erste Schulwoche nach den Ferien verging ohne besondere Vorkommnisse und das war gut.
Kurz vor Weihnachten, der Opa hatte schon einen Tannenbaum besorgt, kam wieder etwas neues, die Oma putzte mich raus und sagte, „ Dieter, heute gehen wir in die Kirche!“ Ein total überfüllter Raum mit einem großen schlichten Holzkreuz gegenüber der Eingangstüre, davor ein Altar mit einer riesengroßen Bibel und in der linken vorderen Ecke ein Harmonium weckten eine bis zu diesem Tag noch nicht gekannte Stimmung in mir. Der erste Kirchgang hat mir gefallen und es war mir klar das noch mehrere folgen. Beim Verlassen des Gemeindesaales fuhr gerade die Straßenbahn quietschend und ratternd um die scharfe Kurve Ecke Grimm und Dammstraße den Berg hoch um die Brücke der Eisenbahnstrecke zu überqueren. Sie verschwand langsam bergabfahrend aus meinem Blick.
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Heinz
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Beitrag von Heinz »

Bin hingerissen über den Bericht.. oder besser über die Berichte! :2thumbs: sind ja verschiedene Zeiten - kohle01 und Sandberg.

Diesen Satz "das war eben so" habe ich schon lange nicht mehr gehört. Der liegt mir nun schwer im Magen. Ja, den Satz kenne ich auch. :?

kohle_01
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Part IV

Beitrag von kohle_01 »

Part IV
Der Heilige Abend 1948, ein besonderes , eigenartiges, außergewöhnliches Ereignis, welches einen nachhaltigen Eindruck bei mir hinterließ. Nachmittags schickten mich die Großeltern zum Gottesdienst in unser neueröffnetes Gemeindehaus, mit dem Nachruf, „ mach aber keine Dummheiten!“ Zum ersten Mal hörte ich die Weihnachtsgeschichte, die Pfarrer Edelhoff, frei raus ohne Bibel erzählte, auch so erzählte, dass die vielen teilnehmenden Kinder sie verstanden. Zum Schluss sangen alle vom Harmonium begleitet das Lied Stille Nacht Heilige Nacht, verließen das Gemeindehaus und verschwanden in der Dunkelheit.
Einige Kinder aus unser Straße schlossen sich zu einer Gruppe zusammen und traten den Heimweg, mehr rennend als gehend an, machten sich wohl schon Gedanken was sie erwartet.
Angekommen und ein wenig durchgefroren nahmen mich die Großeltern in Empfang und zeigten mir die Bescherung. Unterm Tannenbaum lag eine Kiste mit einem Dampflokbild ein
Kinderbuch und ein Teller mit viel selbstgebackenen Süßigkeiten, Nüsse, ein Apfel Schokolade und etwas seltsam verpacktes, es waren Feigen und Rosinen aus einem Care- Paket. Der große Tisch war festlich gedeckt, mit dem Geschirr das die Oma zu ihre Hochzeit bekommen hatte und Servietten auf denen das Besteck lag. Die große Suppenterrine war bis zum Rand voll mit Hühnersuppe gefüllt und auf dem Herd stand noch etwas lecker riechendes, ein Braten mit Soße und Kartoffel
Der Opa zündete die Kerzen an, machte dass Licht aus, es wurde noch mal gesungen, oh Tannenbaum und stille Nacht, danach wurde gegessen. Nervös und aufgeregt ging es dann an die Geschenke, die Kiste mit dem Dampflokbild interessierte mich am meisten und wurde auch zuerst geöffnet. Der Inhalt verblüffte mich, ich konnte nur noch staunen und bewunderte den Kisteninhalt, eine Dampflok zwei Wagen und Schienen. Zwei gerade und zwölf gebogene Schienenstücke, die ich schnell zusammensteckte, die Lok aufzog ,den kleinen Hebel nach oben, Lok und Wagen auf die Gleise, den kleinen Hebel nach unten und ab ging das Gespann. Dieser Vorgang wiederholte sich bis zum Abwinken.
Neben dem Herd saß der Opa, qualmte eine dicke Zigarre trank ein paar Gläser von seinem selbstgebrannten Fusel, schaute meinem Treiben zu, legte ab und zu eine Schaufel mit Kohlen in die zusammenfallende Glut und machte einen rundum zufriedenen Eindruck.
Die Oma erneuerte die abgebrannten Kerzen am Weihnachtsbaum, räumte den Tisch ab und legte einen Ziegelstein in den Backofen, den sie später mit einem Handtuch umwickelte und ans Fußende in ihr Bett brachte. So langsam vielen mir die Augenklappen runter, ich nahm mir noch ein paar Süßigkeiten mit und verschwand nach oben in meine Koje.
Der erste Weihnachtstag, Besuch aus Essen war angesagt und sorgte schon früh für viel Bewegung, die Oma wirkte in ihrem Reich, der Opa versorgte die Viecher und ich schaute mir verträumt die Eisblumen an den Fenstern an, die sich durch die aufkommende Wärme vom Herd langsam in Wohlgefallen auflösten.
Onkel Willi und Tante Martha erschienen pünktlich zum Essen und staunten nicht schlecht was es alles gab. Eine Tüte mit selbstgebackenen Plätzchen und fünf Mark für mich, verschönten das Weihnachtsfest nochmals und weckten in mir die Stimmung vom Vortag. Der andere Teil, dass Geschwätz über Politik und Vergangenheit kümmerten mich wenig, zog mich warm an und ging nach draußen, zu schauen ob andere Kinder den gleichen Gedanken hatten. Manfred S. und Dieter K. winkten mir zu und ich machte mich auf den Weg zu den beiden Schulkameraden, die mir sofort zeigten und erzählten was sie zu Weihnachten bekommen haben. Der Dieter eine Mundharmonika und der Manfred ein Taschenmesser.
Außerdem hatte der Manfred noch eine Hundekorken-Pistole und eine Schachtel mit den dazu gehörenden Knallkorken, er lud einen Korken in die Pistole und demonstrierte uns wie laut der Knall war. Von diesem Augenblick an stand fest, so ein Ding brauchte ich auch, verabschiedete mich von den beiden und rannte zum Opa und bekniete ihn, mir nach Weihnachten auch so ein Pistole zu kaufen. Offensichtlich gut gelaunt, stimmte er zu, forderte aber die 5 Mark die ich zuvor von der Tante bekommen hatte und vertiefte sich weiter in sein Politikgespräch. Am Abend verabschiedete sich dann der Besuch, sie mussten noch mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof fahren, dann mit dem Zug nach Essen und nochmals mit der Straßenbahn weiter nach Essen Margarethenhöhe. Meine Blecheisenbahn drehte noch ein paar Runden, bis ich mein Kinderbuch nahm ,mich nach oben verzog, zu lesen versuchte, was aber nicht gut klappte, mein Weihnachtsgeschenk an die Seite legte und dann einschlief.
Der zweite Weihnachtstag verlief ruhig, mittags vertilgten wir die Reste der letzten zwei Tage, danach spielten wir Halma und Mühle. Zum Abendbrot gab es dann selbst geräucherten Aal mit Brot und Tee. Weihnachten ging zu Ende, meine Gedanken befasten sich mit der Korkenpistole die mir der Opa morgen besorgen will.
So kam es dann auch, er holte seinen Drahtesel aus den Schuppen und fuhr in gemächlichem Tempo, auf dem Gepäckträger einen Korb, los. Die Oma sagte mir, er muss noch ein paar Besorgungen bei Weimann und Kleinschnittger machen. Meine größte Sorge, hoffentlich vergisst er die Pistole nicht, dachte an nichts anderes und verkroch mich in der Stube neben dem Herd, denn draußen war es bitter kalt.
Meine Geduld unterlag einer harten Probe, die Zeit rannte und vom Opa weit und breit keine Spur. Doch dann, gute zwei Stunden waren vergangen, hörte ich den Gepäckträger von seinem Fahrrad klappern und zischte an der Oma vorbei zur Haustüre. Er nickte bestätigend mit dem Kopf, ein gutes Zeichen, er war erfolgreich. Kurze Zeit später konnte ich eine Hundekorken-Pistole mit vier Schachteln Munition mein eigen nennen.
„Aber nicht vor Silvester verknallen,“ kam sofort der Nachruf von beiden. Die Tage bis Silvester wollten nicht vergehen, draußen war es kalt, Kinder sah man keine, also vertrieb ich mir die Zeit mit basteln oder beschäftigte mich mit dem Weihnachtsbaum, der schon langsam Federn ließ.
Dann, endlich Silvester, in warme Sachen gut eingemummt, fing der Abend für mich und andere Kinder schon am frühen Nachmittag an. Mit zunehmender Dunkelheit begannen unser Spielchen wie Fensterklopfen und Klingelmännchen. Sobald sich jemand blicken ließ, knallte es aus unserem Versteck. Eine Schachtel mit Hundekorken hat sich schon in Wohlgefallen aufgelöst und es juckte in den Fingern Nachschub zu holen, aber dazu kam es nicht, denn um neun Uhr musste ich Nachtessen. Auf dem Tisch stand ein großer dampfender Topf mit mehreren Knackwürstchen, heißer Tee und Brot, alles so richtig nach meinem Geschmack. Vollgefuttert verzog ich mich in mein Zimmer, mit der Gewissheit um halb zwölf von der Oma geweckt zu werden, schlief ich ein.
Ein lauter Ruf von unten weckte mich auf, noch ein wenig benommen sprang ich in meine Klamotten, Treppe runter, den langen Schal über Brust und Rücken gelegt, die dicke Jacke vom Hacken geholt und die Mütze auf , Korken und Pistole in die Taschen und ab nach draußen. Am Zechenweg ging es heiß her, eine Menge Kinder, auch Erwachsene warteten auf das Zeichen ihre Munition, Kracher und Raketen los zu werden. Dann war es soweit, die Kracherei begann, einige Menschen lagen sich in den Armen, andere laut rufend Prost Neujahr und ich war dabei, mitten drin. Meine Korken hatte ich schnell verschossen, schaute aber weiter zu wie die Raketen und Böller Knall, blauen Dunst und Sterne in den Himmel zauberten. An der Straßenlaterne sah ich kleine Schneeflocken hin und her tanzen die zunehmend größer wurden und auf dem gefrorenen Boden liegen blieben. Die Oma kam, gebot mir mitzukommen, ich folgte ohne Widerrede, wir gingen durch die dunkle Gasse zwischen den Häusern, der Weg war nicht weit und waren froh wieder die Wärme der Stube zu spüren. Vom Opa bekam ich noch ein alles Gute fürs neue Jahr, die Oma drückte mich und wünschte mir ebenfalls alles Gute und viel Gesundheit für 1949. Als ich zu ihr hochschaute sah ich das sie feuchte Augen hat.

kohle_01
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Beitrag von kohle_01 »

Part V
Das noch junge Jahr 1949 begann frostig, kalt, mit Schnee und Eis, zum Glück gab es für Bergleute Deputat, ich denke fünf Tonnen pro Jahr, die uns über die andauernde Kälte halfen. Von der Schule, die Weihnachtferien schon Geschichte, kann ich sagen, dass sich die Schwierigkeiten mit der Frau R... abgeschwächt haben, wir uns gegenseitig nicht mochten, aber akzeptierten. Unsere Klasse bestand aus drei Gruppen, Radfahrer-Schleimer, neutrale, Cliquen und Grüppchen. Die unangenehmen, widerlichen, Frau R... ich weis was!, Päckchen vom Selbstgeschlachteten schleppenden Kinder lagen mir wie Felsbrocken im Magen. Realitätsfremd und unter den Deckmantel der elterlichen Obhut versteckt andere in die Pfanne hauen, sich dadurch noch einen Vorteil erhofften, von diesen Stinkmorcheln gab es zum Glück nur wenige. Aber es gab sie!
Zum Tagesablauf gehörte auch die Schule, wie die Pest zum Schwefel, die eingeordnet einen Platz hinter den anderen angenehmen oder unangenehmen Tagespflichten einnahm und von mir als notwendiges Übel angesehen wurde.
Hausaufgaben machen, danach den Knopf umdrehen, abschalten und sich anderen Dingen zuwenden, eine Übung die mir immer leichter viel.
Vor ein paar Tagen bekamen wir Post von Omas Schwägerin Liese aus Rotthausen Ostermannstraße, sie hatte eine Jacke für mich genäht, die jetzt fertig war und zum Abholen bereit lag. Der Opa ging zur Mittagsschicht und begleitete uns bis zur Straßenbahn-Haltestelle Grimmstraße, von da aus trennten sich unsere Wege, er weiter zur Arbeit und wir mit der Straßenbahn zum Hauptbahnhof.
Wir saßen auf starren Holzbänken im hinteren Wagen, als der Schaffner mit einem Geldautomaten vor dem Bauch, seine Hand hob, an eine braune Lederleine zog und dem Fahrer im vorderen Wagen ein Bimmelzeichen gab abzufahren.
Mit einem leichten Ruck setzte sich die Bahn in Bewegung, fuhr entlang der Zechenbahn den Berg hoch über die Bahnbrücke der Eisenbahnstrecke, Essen, Schalke Bismarck weg, den Berg runter am Lungenbau vorbei und bog scharf links in die Heßlerstraße ein.
Nächste Haltestelle Kanzlerstraße, nur ein kurzer Aufenthalt, die Straßenbahn fuhr weiter links die Haldenstraße dann rechts die Elefanten-Apotheke und wieder links der Eingang zur Zeche Wilhelmine Victoria ¼. Nachdem die Zechenbahn passiert war, rechts Kartoffel Liedtke, ein Stück weiter Stallberg so ging es bis zum nächsten Haltepunkt Küppersbuschstraße. Links sah man den riesigen Holzplatz der Zeche WV auf dem eine unübersehbare Menge an Holstempel herum lagen.
Bis hierher kannte ich mich aus, ab jetzt betrat oder befuhr ich Neuland, Straßenschluchten die ich so noch nicht gesehen hatte, mit vielen Ruinen und einer Menge Schutt begleiten uns bis zum Altermarkt. Die Häuser kamen mir groß und mächtig vor und schienen, je näher wir dem Hauptbahnhof kamen noch zu wachsen.


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Bild : Quelle Sandberg

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Hier war für uns Endstation, den Rest der Strecke liefen wir, ein kleines Stück die Bochumer hoch, dann die Wiehagenstraße entlang, noch ein paar Nebenstraßen und das Ziel die Ostermannstraße und Omas Schwägerin Liese waren erreicht.
Der Aufenthalt war nicht von langer Dauer, Kaffee für die Oma, Kakao und Streuselkuchen für mich, die Jacke anprobieren, passt, anlassen und ab, ich wollte ja noch den Stadtgarten kennen lernen. Hätte ich gewusst welche Strapazen da auf mich zu kamen wäre mir eine Straßenbahnfahrt lieber gewesen. Daheim angekommen gut durchgefroren mit schmerzenden Füßen, viel Hunger, sprach die Oma mir Trost zu, gab mir noch etwas zu futtern und schickte mich ins Bett.
Die Zeit verging, die Sonne spendete schon des öfteren ihre Wärme, die Klamotten wurden leichter und die Grawenhof Kinder hielten sich wieder mehr draußen als in der Wohnung auf.
Am alten achteckigen Wilhelmine Victoria Kühler tat sich etwas, Bauarbeiter hoben Bauschutt aus dem Achteck, verluden den Dreck auf LKWs und putzten das ganze Becken mit Besen und Bürsten aus. Keiner konnte sich einen Reim darauf machen was da passiert, die Bauarbeiter gaben auch keine Antwort. Nach und nach veränderte sich das ganze Gelände, alte Zäune verschwanden, die Oberschicht schob man mit einer Raupe ab, die Seite zur Halde bekam neuen Boden der angestampft und dann angesät wurde .Die andere Seite zur Neuen- Kolonie bestückten die Bauarbeiter mit einem Karussell einen Sandkasten eine Wippe, Turngerüst und einer Rutsche. Riesige Berge Sand karrte sie in dieses Gelände, pflanzten außen herum Buschwerk und zogen einen neuen Zaun um alles.
Uns ging ein Licht auf was hier in Arbeit war, Wilhelmine Victoria 2/3 bekam ein Schwimmbad.
Auch an anderen Stellen gab es Bauaktivitäten, in der Hesslerstraße, zwischen Frisör Hölzer und Metzgerei Kaufmann entstand ein neues Gebäude. Auf der Bautafel stand Obst und Gemüse Schütte. Fischkopf Busch der jeden Montagmorgen mit seinem Dreiradauto durch die Kolonie kam, mit einer Kuhglocke die Anwohner aus den Betten warf, seinen frischen Fisch in Fässern unter die Leute brachte, half kräftig mit beim Erstellen des neuen Gemüseladens. Der frische Fisch vom Busch, allseits beliebt, ein Hering einen Groschen, fand riesigen Absatz, auch bei meiner Oma.
Sie kaufte immer zwanzig Stück Heringe, sechs davon kamen am gleichen Tag in die Pfanne, die anderen legte sie ein und ließ sie danach im Keller verschwinden.
Ab 1949 kam zweimal in der Woche Kartoffel Liedtke mit seinem Pferdegespann durch unsere Straße, Liedtke saß auf der Ladefläche schnalzte einmal mit der Zunge der Zossen zog an und hielt immer an der exakt gleichen Stelle an ohne ein dazutun von Liedtke.
Wenn auch nur ein paar Minuten pro Tag, aber den Baufortschritt am Wilhelmine Victoria Schwimmbad, ( genannt Kühler ), schauten wir uns jeden Tag an. So wie es aussah sollten wir in diesem Jahr keine Eröffnung mehr erleben
Der Sommer dauerte nicht mehr lange, ein schöner Herbst begann, so auch die Zeit bei Bauer Terkamp und Polixa bei der Kartoffelernte die Felder auf vergessene und liegen gebliebene Kartoffel abzusuchen. Die Nachsuche hatte ihre eigenen Regeln und Gesetze, Kartoffel über fünf Zentimeter bekam der Bauer, die anderen konnten wir behalten. Bis zu hundert Personen tummelten auf dem Acker herum und versuchten so schnell wie möglich ihre Eimer voll zu bekommen. Nach einer Woche war der Spuk vorbei, die Ausbeute zwölf Eimer, ein gutes Zubrot zu den drei Zentnern vom Kartoffel Liedtke, die über den Winter reichen mussten.
Abends zündete der Bauer einen zusammengetragenen Haufen Kartoffelkraut an, viele Nachsucher verweilten noch ein Stündchen, warfen ein paar Kartoffel in die Glut, warteten und erzählten Geschichten aus der Vergangenheit. Nach den Mühen des Nachmittags kam ein Genuss der besonderen Art, die in der Glut gegarten Kartoffel aus der schwarz verkohlten Schale befreien und mit einer Prise Salz zu verspeisen.
Die Großeltern voll in Aktion, der Opa presst Zuckerrüben aus, macht daraus wohlschmeckenden Sirup, die Oma kocht alles was der Garten so hergibt, Birnen, Gurken und Wirsing ein. Die Vorsorge für den langen Winter ist voll im Gange!
Jedes Jahr im Herbst, die Entleerung der Jauchegruben, die angebaut an den Häusern, eine übelriechende Angelegenheit war. Der Jauchewagen der Zeche WV fuhr von Haus zu Haus öffnete den Deckel und saugte den Inhalt in sich hinein und verstreute ihn auf die umliegenden Felder der Bauern.
Die Hibernia AG kündigte in einem Rundschreiben an, dass umfangreiche Baumaßnahmen und Erneuerungen stattfinden sollen.
Geplant sind ein neues Wasserleitungsnetz, neue Toiletten mit Wasserspülung, entfernen der Jauchegruben und erneuern der maroden Straße. Gute Aussichten die unter der anwohnenden Bevölkerung mit Begeisterung aufgenommen wurde. Die ersten Frostnächte kündigen den vor der Tür stehenden Winter mit Nachdruck an.

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Wollang
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Beitrag von Wollang »

Vielen Dank an kohle01 und Sandberg.

Man mag ja gar nicht dazwischen schreiben. War zwar nicht meine Ecke, aber ich glaube, viele aus der Zeit haben ähnliche Erinnerungen. Schön, dass Ihr sie für uns aufschreibt.
Der Lüneburger Heide

kohle_01
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Part VI

Beitrag von kohle_01 »

Part VI
Ende Januar 1950, endlich fällt Schnee, der auf dem gefrorenen Boden liegen bleibt. Durchs Stubenfenster kann ich beobachten wie die Flocken immer größer werden und auf der Straße schnell ein paar Zentimeter an Höhe erreicht haben. Der Opa, ein gelernter Hufschmied, baute mir auf der Zeche einen Schlitten aus Stahlrohr, vorne mit runden Hörnern und eine Sitzfläche aus Holz. Bis jetzt hatte ich noch keine Möglichkeit das Schneefahrzeug auszuprobieren, doch ein Blick nach draußen sagt mir wenn es so weiter schneit, kann es zu einer Probefahrt kommen. Ohne Unterbrechung rieselten die weißen Flocken vom Himmel und ließen mich voller Erwartung auf den morgigen Tag mein Umfeld vergessen, bis die Oma sagte: „Dieter es wird Zeit ins Bett zu gehen.“
Schon morgens auf dem Weg zur Schule flogen die Schneebälle, einer traf mich im Nacken, ein anderer an der Stirn, aber die Gaudi ging weiter bis wir die Schule erreichten.
Nachmittags dann der Probelauf mit dem selbstgebauten Schlitten, aber Flöte, der blieb auch bergab stehen und bewegte sich nicht von der Stelle. Andere Kinder zischten mit ihren Schlitten an mir vorbei man hätte denken können die fahren mit einem eingebauten Motor.
Hier konnte nur der Opa helfen, also ab nach Hause das Problem erklärt, brennend auf die Antwort wartend, stand er auf ging in den Keller und kam mit einem Stück Sandpapier zurück. Mit ein paar Handgriffen, er fuhr mit dem Sandpapier entlang der Kufen, schüttete ein paar Tropfen Öl auf diese, womit er das Problem behob und sich lächelnd zurück zog..
Danach rutschte mein Schlitten genau wie die der anderen Kinder und ich war froh einen Opa zu haben.
Unsere Klasse hatte heute einen rabenschwarzen Tag der für lange Zeit Gesprächsstoff an der Schule war. Zu viert dachten wir uns einen Streich aus den wir der Frau R... spielen wollten, aber nicht an die Konsequenzen dachten. In der großen Pause lief ich heim, besorgte mir eine große Tüte und füllte sie mit feinem Kohlenstaub aus unserem Schuppen. Nach der nächsten Pause, zwei Stunden Frau R..., setzten wir unseren Streich in die Tat um, ich schlitzte den Boden der Tüte auf und stellte sie vorsichtig auf den Tisch von Frau R... und huschte schnell wieder nach draußen. Als die Pause zu Ende war, holte Frau R... uns ab und wir gingen im Gänsemarsch in die Klasse. Guten morgen Frau R..., ich konnte es schon nicht mehr hören, nahm Platz auf meiner Bank und harrte der Dinge die da kommen. Fritzchen B. aus der Gruppe Radfahrer und Schleimer bekam die Order die Tüte zu entfernen, welches er freudig in Angriff nahm, die Tüte fasste und damit zum Papierkorb wollte. Der Inhalt entleerte sich Sekundenschnell und nebelte den Tisch und Frau R... schwarz ein. Fritzchen schaute die Tüte an, konnte gar nicht glauben was da passiert war und dachte wahrscheinlich er sei der Schuldige. Die Klasse verfiel in ein grölendes Lachen, die Lehrerin verlies die Klasse und kam erst zehn Minuten später mit dem Hausmeister wieder. Der fing an die Kohlenstaub- Explosion zu bereinigen und drohte uns mit dem Finger, schmunzelte sich aber leicht grinsend einen in sein Bart.
Hart und energisch kam die Frage: „Wer war das ?“,keiner gab Antwort, es wussten ja nur vier Kinder und die hielten dicht. Aber der Teufel ist ein Eichhörnchen, einer von uns vier erzählte die Story anderen Kindern, so war bald klar das die Lehrerin davon Wind bekam wer der Übeltäter war. Es kam so wie es kommen musste, mein Anstandsbesuch im Lehrerzimmer endete wie immer mit einer Backpfeife auf die linke und rechte Backe und ein Brief an meine Großeltern. Die Backpfeifen, na ja, war schnell ein Fall für den Papierkorb, vergessen vorbei, aber der Brief bereitete mir schon ein wenig Sorgen er musste ja am anderen Tag bei Frau R... vorliegen. Zuerst Mittagessen dachte ich so vor mich hin, die Hiebe kriegst du sowieso, dann ist es besser wenn es nach dem Essen ist. So war es auch, dass Essen im Bauch setzte ich mich rüber an den anderen Tisch an dem ich immer meine Hausaufgaben machte und gab der Oma den ominösen Brief, den sie durchlas , danach dem Opa zuschob und mich grimmig anschaute. Keine Minute später begann der Tanz, der Opa machte seinen Koppel ab kam auf mich zu, flüchten war zwecklos, die Hiebe bekam ich sowieso, dieses mal heftiger den je. Die schlimmste Strafe für mich , eine ganze Woche Stubenarrest, beginnend gleich nach den Hausaufgaben. Er setzte sein Unterschrift unter das Schreiben der Lehrerin, verschwand im Garten und bastelte weiter an einem Verschlag für zwei Ferkel, die er in Kürze besorgen will.
Bei meiner Lehrerin, man kann sich vorstellen warum, hatte ich auf lange Zeit sehr schlechte Karten.
Der Frühling steht vor der Tür, überall sind Bauarbeiten im vollen Gange, so auch beim, Gemüse Schütte, der nur noch Innenarbeiten zu erledigen hatte und bald seinen Laden eröffnet.
Heute kam ein Junge der den Opa sprechen will, ich eilte zu ihm und sagte, „ da ist jemand für dich“, er folgte und erfuhr von dem Jungen das er nach Westermanns Schmiede kommen soll, es müssen ein paar Pferde beschlagen werden. Er zog die Jacke an nahm mich an die Hand, ich hatte ja noch Stubenarrest, und ging mit. Ich kannte diese Arbeit schon und fragte, „ kann ich rüber in Bonnkamps Garten und ein wenig schaukeln?“ „ Hau aber ja nicht ab,“ bekam ich zur Antwort und lief über die Straße in den Garten. Fünfzig Meter entfernt floss die Köttelbecke, soll ich oder soll ich nicht, überwand aber mein inneren Schweinehund und trotzte der Versuchung das Gelände zu erkunden. Da die Luft noch brannte, konnte ich keine neuerliche Kapriole veranstalten, schaukelte und glotzte dabei verträumt in den Himmel.
Nachdem die Pferde ihre neuen Schuhe anhatten gab der Opa mir ein Zeichen zu ihm zu kommen, reichte mir seinen leeren Flachmann und deutete auf die Gaststätte Bonnkamp.
Ich rannte über die Straße, die Treppe hoch, schob die Tür auf und klopfte an den Schalter, „ der Opa schickt mich“ reichte den Flachmann durch die Luke und sagte, „ voll machen, Wachholder, der Opa kommt gleich.“
Auf dem Nachhauseweg, am Anfang vom Grawenhof liefen einige Bauarbeiter mit Bandmaß Messlatten und einem Fernrohr auf drei Beinen an uns vorbei und bemalten mit gelber Kreide den Boden. Die von der Hibernia angekündigten Bauarbeiten scheinen ihren Anfang zu nehmen. In den folgenden Tagen brachten die Baufirmen zwei Bauwagen ein Bagger und LKWs, sie begannen auch umgehend mit dem Abschieben der maroden Straßenschicht und entfernten gleichzeitig die Dreckwasserrinne. Der nächste Schritt, der Bagger hob einen tiefen Graben von Hausnummer 1 bis 4 aus und legte seitwärts das Material ab. Werner D. ein Mitarbeiter der Baufirma, auch Mitbewohner unserer Straße erzählte uns der Graben sei für die Kanalisationsrohre die durch den Grundweg unter die Hesslerstraße durch am Neubau vom Gemüse Schütte vorbei, im Schwarzbach ( Köttelflitsche ) enden soll.
Am Wilhelmine Victoria Schwimmbad fingen die Anstreicher an ihre Farbeimer und Pinsel in das Becken zu tragen, später deckten sie ihre Materialien mit Planen ab, putzten alle Wände und Boden gründlich sauber und begannen am anderen Tag mit den Malarbeiten. Ein helles Blau trugen sie recht zügig auf, ließen die Farbe trocknen und wiederholten den Vorgang ein zweites mal. Mitte Mai soll der Badebetrieb beginnen, die Liegewiese, Umziehkabinen, Spielplatz und Planschbecken sind fertig, es hängt an den Malern und der Wasserfüllung, aber bis Mitte Mai war ja noch Zeit.
Vor ein paar Tagen hat der Opa zwei Ferkel gekauft, die zuzüglich zu den anderen Viechern
eine Mehrbelastung für uns alle war.
Mit ein paar Kinder aus unserer Straße machten wir uns auf den Weg zur Müllkippe an der Grothusstraße, dort fand man sehr viele Bilder und Bücher aus Wehrmachtzeiten, auch Orden und andere Gegenstände lagen da noch in Mengen herum. Heute schnappte ich mir zwei Bildbände über den Afrikafeldzug und noch ein Päckchen in Originalverpackung das voll mit Sammelbilder der Kriegsjahre war. Die anderen Kinder bedienten sich auch kräftig und schleppten was sie tragen konnten mit heim. An der Oma vorbei schlich ich die Treppe hoch, versteckte meine Beute im Kleiderkasten ging nach unten und tat so als nichts gewesen sei.
Die Beute blieb aber nicht lange unentdeckt, bei der nächsten Wäsche die eingeräumt wurde, ist die Oma fündig geworden, warf mir mit den Worten: „ Der braune Dreck verschwindet sofort,“ warf mir die Beute vor die Füße und zeigte mit dem Finger auf die Türe. Der Fall war klar, ich schnappte das Zeug trug es zur Halde und versteckte es in der Nähe der Gärtnerei . Die Bilder benutzte ich zum Tauschen gegen Margarinebilder und andere begehrte Sammelobjekte, die ich ohne Beanstandung der Großeltern haben durfte.

Bild

Links an den Bäumen ist gut die Dreckwasserrinne zu erkennen und an den Häusern die Jauchegruben. Genau so sah es im Grawenhof aus, als die Bauarbeiten der Hibernia begannen.

Kohle01
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Part VII

Beitrag von Kohle01 »

Part VII
Pünktlich am 15.05 1950,wird das Wilhelmine-Victoria Schwimmbad an einem sehr warmen Sonnentag eröffnet. Der Eintritt war nicht ganz frei, aber für jeden erschwinglich. Eine Badekarte für Zechenangehörige kostet 50 Pfennige mit einer Gültigkeit beginnend ab 01 05 bis 15.09 eines Jahres. Der Andrang am ersten Tag war groß, Mütter mit ihren Kindern, die Orts-Jugend sowieso und noch eine Portion Neugierige überzeugten sich von der gelungenen Anlage in der noch tristen Nachkriegszeit.
Hans Zander der erste Bademeister und Friedhelm Bonnkamp, erprobten mit einem vorwärts und rückwärts Salto das Sprungbrett. Ich konnte schon schwimmen traute mich aber nicht ins große Becken und blieb im niedrigerem Nichtschwimmerabteil. Das Wasser war sehr kalt, so kam es das der erste Besuch im neuen WV Schwimmbad nicht von langer Dauer war, es gab ja noch einige andere Einrichtungen, Wippe, Sandkasten und Karussell zu testen und die Liegewiese ihrem Namen gerecht in der Horizontalen einen Besuch abzustatten. Langeweile kam nicht mehr auf, die täglichen Besuche des Bades verschönten die Tage und drückte andere Dinge mehr und mehr in den Hintergrund.
Anfang Juni, ich denke der sechste oder achte, großer Bahnhof in Hessler, die alljährliche Fronleichnam Prozession. Schon Tage zuvor schleppen Frauen und Männer Körbe mit Blumen, schmücken damit Altäre und Bürgersteige entlang der Stationen und Wege die der Umzug nehmen wird. Gasthaus Batton, (auch kleines HSH genannt), putzt sich besonders raus, um das ganze Gebäude sind gelbweiße Fahnen aufgehängt, auf dem Bürgersteig tolle Blumenmuster ausgelegt, dass alles vermittelt einen feierlichen Eindruck mit viel farblicher Untermalung. Sogar die Straßenbahn ist geschmückt als sie vom Fersenbruch in die Grimmstraße einbiegt und langsam an der evangelischen Kirche, an der kräftig gebaut wird, vorbei fährt.
Eine Sache beschäftigt mich sehr, wie macht der Steinmetz Rolke seine Grabsteine so glänzend, dass sich die Sonnenstrahlen darin brechen. Des öfteren geh ich an der Ruine Grimmschule vorbei und schau über den Zaun was der Steinmetz macht. Manchmal klopft er mit einem dicken Hammer auf den Meißel und schafft so ein Muster in den Stein. Aber warum die Steine so glänzen kann ich nicht ergründen, bis ich doch mal den Mut hatte zu fragen, als Antwort bekam ich, „da musst du mal kommen wenn ich ein Stein schleife. “Mein Schulweg führte nicht weit entfernt an Rolkes Werkstatt vorbei, so war ich immer auf dem Laufenden was in Arbeit war. Auch bekam ich mit wie ein Stein zum Glänzen gebracht wird, es sind mehrere Arbeitgänge nötig, vom groben Vorschleifen bis zum endgültigen Polieren mit feiner Schleifpaste. Ein toller Beruf dachte ich und behielt die Grabmalkunst Rolke immer im Auge um zu sehen welche Neuigkeiten der Meister schafft.

Ein diesiger kalter Sommertag, kein Wetter um in den Kühler zu gehen, trollten wir, einige Kinder aus dem Grawenhof, auf der Halde umher und wussten nicht so recht was wir anstellen sollen, als plötzlich, wie aus dem Nichts der alte Nachtwächter Zappka mit seinem noch älteren Schäferhund hinter uns stand. „ Ich komm jetzt jeden Tag und jag euch zum Teufel ihr Dreckspatzen, hier wird bald Material abgekippt,“ schrie er und deutete mit dem Finger in Richtung Zechenbahn wo ein paar Arbeiter den Zaun zur Halde entfernten. Schon am späten Nachmittag kippte der erste LKW Steine ab, die angeblich von Schacht 3 kamen der tiefer gemacht wird, so der Fahrer. So ging es Tag für Tag, sogar Nachts fuhren die Laster Steine an und eine Planierraupe schob ne Auffahrt zur alten Halde. Zwischen den Steinen fand man lange bunte Drähte, die ich auf ein Holzstück wickelte und mit nach Hause nahm, dem Opa zeigte und fragte was das für Drähte sind. „ Junge das sind Schießdrähte, da ist vorne ein Zünder dran und stecken im Sprengstoff, brauchen die Hauer im Streckenvortrieb oder Schachtabteufen.“ Also dauert die Angelegenheit mit dem Abkippen von Steinen länger und es könnte sein das Eisen und Schrott mit abgekippt werden. Gute Aussichten die Kleingeldkasse in Ordnung zu bringen, denn viel Schrott zum Verkaufen lag nicht mehr rum. Ab und zu stand ein Wagen mit Schrott den die Schachthauer Nachts beladen haben auf dem Abstellgleis der Zechenbahn, aus dem wir uns kräftig bedienten. Wir konnten aber nur Kleinteile raussuchen die für uns noch transportfähig waren und die der Schrotthök annahm, aber ein paar Mark für die zusätzliche Verpflegung vielen immer ab.

Die Auffahrt zur Halde war fast fertig, als ich die ersten Kohlebrocken zwischen den Steinen fand, weiter suchte, sie auf einen Haufen legte und nach Hause rannte um den Opa zu holen. Der fragte mich ob wir den Handkarren mit nehmen sollen , „ ein paar Säcke brauchen wir auch noch,“ sagte ich zu ihm, er holte beides und wir gingen los. Den Handkarren ließen wir am Zechenweg stehen, nahmen die Säcke und liefen die fünfzig Meter zum Fundort Der Opa war erstaunt wie viele Brocken ich zusammengesucht hatte, verstauten sie in die Säcke und schleppten sie zum Handkarren. Auf dem Weg nach Hause sagte er zu mir, „ Junge da musste Aufpassen wenn da noch mehr kommt können wir eine Tonne Deputat verkaufen und haben dadurch einen schönen Nebengewinn.“ Ab jetzt nahm mein Schulweg einen anderen Verlauf, morgens vor der Schule zuerst schauen was über Nacht abgekippt wurde, auch der Weg nach Hause führte mich an der Kippstelle vorbei um zu sehen ob sich ein Einsatz lohnt. Die nächsten zwei Wochen kamen immer Kohlen mit, mal mehr mal weniger, aber locker eine Tonne kam zusammen und für die verkauften Deputat Kohlen bekam der Opa 120 DM, wovon 20 DM mir gehörten.
Sonntag dann, ein Spaziergang zum Kanal, vorbei an Bauer Polixa zur Pferdekoppel der Grubenpferde von Wilhelmine Victoria, auf der, der schwarze Ajax stand und sein Gnadenbrot bekam. Der Opa hatte zwei Karotten aus unseren Garten dabei, die er dem Grubengaul gab und dabei seinen Kopf streichelte, ein paar Minuten bei dem Pferd verweilte und dann weiter ging. Am Hafen Wilhelmine erklärte er mir wie die Schiffe beladen werden.
Ein großer Kran auf Schienen, mit Dampf betrieben hob aus den bereit gestellten Zug der von der Zeche kam, die einzelnen Wagen mit einem Bügel, der an beiden Seiten Haken hatte hoch, schwenkte über das Schiff und entlud den Inhalt. Das Sonntags auch gearbeitet wurde lag wohl daran das der Bedarf an Kohle groß war. Auf der anderen Seite vom Hafen Wilhelmine Victoria zischte und qualmte es aus allen Gebäuden, Koks wird aus den Batterien gedrückt und unter eine Abkühlanlage gefahren, der dicke weiße Qualm zog bis auf unsere Seite und roch nach verbrannter Kohle. Auch der abgekühlte Koks wird auf Schiffe verladen und so an die jeweiligen Bestimmungsorte transportiert. Opa sagte: „ Ohne Koks nix los,“ ist ein wichtiger Bestandteil zur Stahlherstellung, denn ohne Koks könne man kein Stahl herstellen. Ein Dampfer mit drei Schleppkähnen zog vorbei in Richtung Schleuse, „ der hat Bergfahrt,“ kam es als Kommentar vom Opa, was ich aber nicht verstand, „wie können Schiffe bergauf fahren,? fragte ich und war neugierig auf die Antwort. Die Kokerei Nordstern hinter uns lassend zogen wir auf dem Kanalwanderweg weiter in Richtung Schleuse. „ Junge, auf der anderen Seite stand ein großer Gasometer der von Bomben getroffen wurde, aber leer war, sonst hätte Horst und Hessler ein Flammeninferno erlebt.“ An der Schleuse leuchtete mir ein warum die Schiffe Bergfahrt haben. Zwei riesige Tore versperrten den Schiffen die Weiterfahrt. Beide Schleusenkammern waren geschlossen, bis auf einmal vor dem rechten Tor ein Strudel auftauchte, der kurze Zeit später weg war, das Tor sich öffnete, ein Dampfer rückwärts bis vor das Tor fuhr und ein Stahlseil mit dem Schleppkahn verband. Langsam begann der Schleppzug seine Talfahrt, bis der Weg für die Bergfahrer frei war in die Schleusenkammer einzufahren. Das Tor schloss sich und ein großes weißes Dreieck kam zum Vorschein. Das Schleusenbecken füllte sich mit Wasser bis der Stand vom oberen Kanal erreicht war , die Schiffe rausfuhren und mir klar war, was Berg und Talfahrt war. Auf dem Weg zur Kolonie naschte der Opa noch zwei Wacholder, ich bekam ein Eis, die Oma wartete mit Streuselkuchen, Kakao und Kaffee auf uns und war zufrieden als wir kamen.
Zuletzt geändert von Kohle01 am 05.12.2008, 22:09, insgesamt 2-mal geändert.

Karlheinz Rabas
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Beitrag von Karlheinz Rabas »

Was ist denn "bostonman" für eine Quellenangabe?

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Fuchs
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Beitrag von Fuchs »

Karlheinz Rabas hat geschrieben:Was ist denn "bostonman" für eine Quellenangabe?

Kalheinz Rabas

Naja... gewohnt ruppige Fragestellung, Karlheinz :D - aber dieser Zusammenhang

http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 7068#77068

würde mich auch interessieren und bostonmann kann uns diesen vielleicht erklären. :wink:


Übrigens: Danke für diese tolle Aufbereitung und interessante Geschichte!
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Beitrag von bostonman »

Fuchs hat geschrieben:
aber dieser Zusammenhang

http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... 7068#77068

würde mich auch interessieren und bostonmann kann uns diesen vielleicht erklären. :wink:
Nicht wirklich,versuche es aber. Kohle01 wollte zitieren,klappt aber noch nicht.
daher dann eine Quellenangabe gemacht und diese auch gerade editiert. :ka:

aber bostonman bin ich :winken:
und ein paar dieser Fotos stammen aus meiner Quelle

DThamm
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Part VIII

Beitrag von DThamm »

Part VIII
Die Neue Kolonie steht voll unter Druck, die Bauarbeiten an den Toiletten, Wasserleitung und Straße sind in vollem Gange, sollen noch vor dem Winter fertig werden. Die Badesaison ist vorbei, auf der Halde fand ich keine Kohlen mehr, aber Schrott gab es in Hülle und Fülle, so hatte ich immer Geld in der Tasche für den sonntäglichen Kinobesuch und Eis bei Batton.
Gemüse Schütte hat seinen Laden eröffnet, auf WV 2/3 begannen neue Baumaßnahmen, ein Jugenddorf und ein Sportplatz sollen gebaut werden, der Aushub ist in vollem Gange.
Die ersten Blätter fallen von den Bäumen, Zeit, Schleuderbüchsen und Zwillen zu bauen. Zum Bau von Schleuderbüchsen benötigt man eine Blechdose, einen Hammer Schießdraht und einen Nagel. In den Boden der Dose schlägt man ein paar Löcher mit Hammer und Nagel, an der Seitenwand gegenüberliegend je ein Loch, zwei Meter Schießdraht wird doppelt durch die beiden Löcher gezogen und an den Seiten verdrallt. Die Dose wird halb mit Holzglut gefüllt, der Schleuderdosen-Weitwurf konnte beginnen. In der Abenddämmerung ein schönes Schauspiel, wenn die Schleuderbüchse einen Feuerschweif hinter sich her zog und beim Aufprall auf den Boden die heiße Glut auseinander spritzte. Weitaus gefährlichere Spiele waren noch im Umlauf, auf der Halde bauten wir Kittbomben, mit Treibladungspulver aus Infanteriegeschossen. Ein Klumpen Fensterkitt, der sich gut formen ließ, der in der Mitte einen Hohlraum, etwa drei Zentimeter hatte, in die dann das Pulver kam und mit einer ca. 30 cm langen Kordel in Petroleum getränkt, verbunden und verknetet wurde. Zündschnur anzünden und ab in Deckung bis der Knall zu hören war, vorher wurde die Deckung nicht verlassen, vom Kitt natürlich keine Spur mehr, aber auf den Steinen ein schwarzer Fleck. Kitt fand auch eine andere Verwendung in Bezug mit Infanteriemunition, auf die Schienen der Zechenbahn legten wir im Abstand von zehn bis zwölf Zentimeter einen kleinen Batzen Kitt in den wir je ein Geschoss drückten, dass es nicht verrollen konnte. Aneinander gereiht etwa 25 bis 30 Stück, dann hieß es nur noch warten bis der Kohlenzug von WV ¼ zum Hafen fuhr, über die Geschosse rollte und den Knallfroscheffekt auslöste. Der Lokführer schaute aus sein Fester, konnte nichts feststellen und verschwand wieder in seine Kabine. Wenn der Zug ein Stück entfernt war, sammelten wir die plattgefahrenen Hülsen ein und versteckten sie in unserem Lager. Dieser Vorgang wiederholte sich alle zwei bis drei Tage, aber nie an gleicher Stelle.
Gelegentlich schaute ich dem Treiben der Schachthauer von WV Schacht 3 zu, von außen sah man wie sie schwere verbogene Eisenteile aus der Schachthalle transportierten und auf dem freien Platz davor ablagerten. Sobald der Förderkorb entladen war, begannen sie wieder mit der Beladung. Wagen die genau in den Förderkorb passten und mit Holzknüppel beladen waren, jedes mal vier Wagen, verschwanden kurze Zeit später wieder im Schacht. Der eine Korb fuhr runter und der andere kam hoch, so ging es laufend zu. Die Schachthauer und der Anschläger kannten mich, so kam es, dass ich ab und zu bei ihnen, wenn sie Pause hatten, mit in ihrer Bude sitzen durfte. Nach dem Verzehr ihrer Knifften ging es sofort weiter, aber nicht mit der normalen Arbeit, sondern mit Klötzchen hacken. Otto Bojahr öffnete ein Kiste die in der Ecke stand, entnahm ein paar runde Holzstücke, die sie zuvor aus einem Stempel gesägt hatten, legte einen Gummi um das Stempelstück, setzte die Axt an und Hannes Sznera schlug mit einem Hammer auf die Axt. So spalteten sie den Klotz in 1 cm dicke Scheiben, drehten den Klotz um 90° und wiederholten den Vorgang bis das Stempelstück in exakt gleich große Holzstäbchen, durch den Gummi gehalten, gespalten war. Der gehackte Klotz verschwand sofort in die Kiste und der nächste kam an die Reihe. Nach Feierabend verschwanden die Klötzchen in die Taschen der Schachthauer, die sie mit nach Hause nahmen ,damit ihre Frauen immer Holz zum Anzünden der Öfen hatten.
Danach verschwand auch ich, denn der Opa verstand kein Spaß wenn ich nicht pünktlich zum Nachtessen mit gewaschenen Händen am Tisch saß.

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Bild: entnommen aus Geschichtskreis Wilhelmine Victoria
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Artikel: entnommen aus Geschichtskreis Wilhelmine Victoria

Schacht 9
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Mutterklotz

Beitrag von Schacht 9 »

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Kumpel sägen ein Mutterklotz.Bild
Anfertigung eines Mutterklotz.Bild
Seilfahrt, Kumpel unten rechts mit Mutterklotz.
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Mutterklotz, ein Vers von Adolf Wurmbach.

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