Der Weg führt vorbei an der ehemaligen Hofstätte May. Nur die Zufahrt und die Hofbäume erinnern noch an die alten Zeiten, das Haus und die Stallungen sind verschwunden. Ich erinnere mich noch daran, wie ich dort frische Kuhmilch mit der Milchkanne geholt hatte. Ein wahrlich mystischer Ort, der zum verweilen einlädt.
Auch die Nachbarskotten Dreiskämper und Schürmann auf der anderen Straßenseite gibt es schon lange nicht mehr.
Hof Schulte-Kellinghaus
Der alte Hof von Schulte-Kellinghaus dient heute zahlreichen Pferden als Unterkunft. Wegen der geplanten Erweiterung des Chemieparks hatte der Bauer damals den Hof aufgeben müssen. Dort hatten die Kinder ihren Spielplatz und die Bäuerin hatte jeden Tag einen leckeren Kuchen für sie gebacken.
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"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat." Dr. Peter Paziorek
manuloewe59 hat geschrieben:Danke für die schönen Aufnahmen, sieht toll aus. Diese Bilder erinnern mich an das Gebiet rund um die Gecksheide, in dem ich aufgewachsen bin.
Als meine Generation noch im Kindesalter war, scheinen mir im Rückblick die Leute ein komplett anderes Verhältnis zu Entfernungen und der Weite des Landes zu haben als heute, wo jeder ein Auto fährt. Oder kurzgesagt: Was heute als nahebei gilt, war für den kleinen Fußgänger damals an Papas Hand eine ziemliche Strecke. Wenn der Vater (für den das Wort "Taxi" ein Inbegriff des Luxus und der Dekandenz war) jemanden aus seiner großen Familie suchte, um mit ihm Papas große Schwester zu besuchen, war das Haus wie leergefegt. Ich musste also mit. Von Mittelscholven, wie man jetzt wieder sagt, Nähe Zechentor, ging es durch die ganze Kolonie an der Gladbecker Grenze hoch, an der Bahnlinie lang bis zum Bülser Kreuz. Backgeruch lag in der Luft.
Am Kreuz ging es rechts ab, durch Bülse hindurch bis zur Vestischen Straße.. D0rt mussten wir ein ungeheures Straßenbau-Wirrwar queren um auf unseren vertrauten Feldweg zu kommen: Der Gecksheide! Und an deren Anfang kamen dem kleinen Jungen die ersten, vom Vater unbemerkten Tränen. Wenn der einen Schritt machte, musste ich ja zwei machen. Die Schwester wohnte in der neuen Siedlung Schaffrath. "Auf der Pferdekoppel" oder so ähnlich. Und die Gecksheide war ein endloser Weg. Vielleicht gibt'die ja noch.
Wer dort gelebt hat, den kann keine Ödnis und kein weiter Weg mehr schrecken...
Jau, Gutenberg wie recht du hast.
Für uns Blagen waren Ausflüge immer ziemliche Strecken die zu Fuß abgeleistet werden mussten. Nach Möllersbauer aufe Schaukel ginget ja noch, aber der Weg von Bergmannsglück bis zum Stadtwald anne Rutsche und annet Planschbecken zog sich unendlich bis man seinen Spaß haben konnte. Zu Essen gabet meist mitgebrachten Kartoffelsalat und Klopse.
Auch an die Spaziergänge mit der Omma und der Uromma zum Soldatenfriedhof nach Buer kann ich mich noch erinnern. Unterwegs gabet dann schomma ne Limo odern Eis anne Bude.
"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat." Dr. Peter Paziorek
Heimat heute, die Erkundung eines Lebensgefühls. Die Zeiten, da ein solches Gefühl gleichsam verpönt war, scheinen zu schwinden. Je stärker sich die Welt globalisiert, je unwohler sich Jung und Alt in der Uniformiertheit weltgleicher Mode, weltgleicher Lebensmittel und weltgleicher Musik fühlen, desto wertvoller dünkt sie die schrullige, fehlerhafte, aber doch gute alte Heimat. Oder geht es inzwischen um etwas anderes?
Bedeutet die neue Heimat Stärke oder Feigheit vor den Herausforderungen der Zeit?
Sind die heutigen Wohlfühl- und Rückzugsmuster, die bis in die Tiefen des (wiederum weltweiten) Internets führen, vergleichbar mit jener Lindenbaum - Idylle am “Brunnen vor dem Tore”, von dem die Alten sungen?
Heimat ist da, wo Arbeit ist : Im 20. Jahrhundert wurden Industriekulissen zum Sinnbild der Geborgenheit wennet auch dreckich wa und gestunken hat.
Im 21. Jahrhundert sind Millionen Menschen notgedrungen auf Heimatsuche; für viele von ihnen eine Frage auf Leben und Tod. Heimat ist mehr als nur eine Erinnerung:
Heimat ist Notwendigkeit.
Heimat ist, da die Welt nun einmal nicht stehen bleibt, immer mit Verlust verbunden. Die Dinge (Landschaft, Sprache, Beziehungen) verändern sich, so vehement man sich da gegen wehren mag. Und manches geht unwiederbringlich verloren. Das Wort Nostalgie, das die Sehnsucht nach dem Verlorenengegangenen meint, scheint selber verloren gegangen zu sein. Der Zeitgeist spricht von ”Retrowellen” und bejubelt die vorübergehende Wiederbelebung von klappernden Latschen, Brausegetränken und Schlabberhosen .
Über die wahren Verluste kann das nicht hinwegtäuschen.
Lieber Heinz deine Bilder vom Fünf-Häuser-Weg lässt Erinnerungen wachwerden
Wir kommen nach Hause in unsere Landschaft. Die vor uns da war und nach uns da sein wird. Alles ist anders geworden, und alles ist gleich. Sieht man über die weiten Wiesen und den Wald, darin lagerten 1949 Amis bei einem Manöver gab jede Menge Kaugummi, so meint man, nichts habe sich verändert, obwohl doch vom Einst nichts mehr geblieben ist.
Deshalb, Danke für diese herrlichen Aufnahmen
Lorbass43 hat geschrieben:...Lieber Heinz deine Bilder vom Fünf-Häuser-Weg lässt Erinnerungen wachwerden
Wir kommen nach Hause in unsere Landschaft. Die vor uns da war und nach uns da sein wird...
Klaus
Nachdem ich eine Woche im Krankenhausbett verbracht hatte brauchte ich unbedingt Ablenkung. Hatte mal wieder Sehnsucht nach Oberscholven, eine zeitliche Heimat an die ich mich gerne zurückerinnere. Zum Einkaufen ging es damals meist mit dem Bollerwagen in die Ortsmitte nach Scholven, mittendrin saß unser Sohnemann.
"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat." Dr. Peter Paziorek
Kurz vor dem Schulte-Kellinghaus-Hof biege ich in die Schlüpfstraße ab.
Die Schlüpfstraße ist ein echter Blickfang und allseits beliebtes Fotomotiv. Diese einzigartige Straße schlängelt sich durch die Landschaft und bietet dem Betrachter mit ihren alten und jungen Kopfweiden ein imposantes Bild.
Ein Schwalbenpärchen sitzt auf der Telefonleitung und beobachtet neugierig den Wanderer.
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"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat." Dr. Peter Paziorek
@Heinz
Mittelscholven hin, Mittelscholven her, wer auf der Mentzelstraße aufwuchs, war für einen Zweckler Paolbürger ein Ruhrgbietler, es sein denn, er war katholisch.
Für einen Schulkameraden aus der Kolonie Scholven war man ein "Bauernknüppel", also ein Oberscholvener.
Und die wenigen Jungens, die man aus Oberscholven kannte, und die wir "Eingeborene" nannten, bezeichneten sich als "Überscholvener". Aus dem Storchnest kannte ich nur einen, und der war schwer in Ordnung.
Soviel Heimat - und das nur in Scholven.
Dass man aber aufgrund von Fotos die Sumpfwiesen am Buerelter Weg förmlich riechen kann, lieber Heinz, war mir relativ neu!
@Lorbass 43
"Heimat ist, da die Welt nun einmal nicht still steht, auch immer mit Verlust verbunden" ist der Satz, der zeigt, worum es Dir geht. Und dass kann nur einer verstehen, der als Kind halb Europa durchqueren musste. Der all das Grauen und Elend eines Flüchtlingtrecks erlebt hat.
Du sagst aber auch, dass Heimat dort sei, wo die Arbeit und Brot ist, und spielst auf unser Asyl an.
Ich gehe mal davon aus, dass Buer unsere gemeinsame Heimat ist, trotz dessen, was Du auf Trecks und in Lagern erleben musstest. Und ich die ersten zwei Monate meines Lebens in meinem Geburtsort Zweckel verlebt habe. Und trotz der Tatsache, dass wir beide wohl die kürzeste Zeit unsere Lebens n Buer verbracht haben, gilt oft unser Denken der alten Heimat Buer.
Heimat ist also auch eine Sache der Erinnerung und der Melancholie.
Hier habe ich das erste Mal ein Mädel geküsst und seiner Mutter Blumen zum Vorstellungs-Café geschenkt.
Ich habe erst als älterer Mann gemerkt, dass Heimweh immer Nostalgie ist. Sehnsucht nach Vergangenem, wie Du so treffend schreibst und das ist nunmal die Eigenschaft der Vergangenheit, dass sie vergangen ist.
Wir waren Bueraner, weil wir ein Teil dieser Stadt waren.
Heute sind wir nur mehr Betrachter.
Das Leben kann hart sein. "Heimat ist, wo ich meinen Hut hinhänge"
Raymond Chandler's Phillip Marlowe
Einmündung der Schlüpfstraße in die Oberscholvener Straße.
Im Hintergrund der Hof Beckmann.
An der Straßeneinmündung biege ich rechts ab in die Oberscholvener Straße. Hier befindet sich linker Hand der Hof Beckmann. Es gibt Wildfleisch aus der Region steht auf einem Schild. Links vom Eingang befindet sich ein Bildstock, ein religiöses Kleindenkmal als Anstoß zum Gebet unterwegs. http://de.wikipedia.org/wiki/Bildstock
Der Bienenstand im Garten liefert leckeren Naturhonig.
Und jetzt kommt der Hammer... In Scholven gibt es tatsächlich noch Kühe!
Vier lecker Kuhmädels, etwas mager für meinen Geschmack, tummeln sich auf der Hofweide.
Ich bin entzückt, das hatte ich nicht erwartet im Pferdeland.
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"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat." Dr. Peter Paziorek
Etwas abseits auf der anderen Straßenseite ein ähnliches Bild. Dort liegen Galloways aus Schottland im Gras und lassen es sich gut gehen. Die Rinder gehören der Familie Brune, die auf ihrem Hof eine Galloway-Zucht betreibt. http://www.hof-brune-scholven.de/galloway-zucht/
Wenn man auf die Landkarte schaut sieht man dort die Hofnamen Berkel und Werwer...?
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"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat." Dr. Peter Paziorek