Wassergasse in Bismarck

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Dieter
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Wassergasse in Bismarck

Beitrag von Dieter »

Habe gestern endlich einen Kartenausschnitt bekommen wo die Wassergasse einmal war.
Sie befand sich zwischen der Paulinenstr. und der Liboriusstr. Hat von dieser Straße jemand Bilder.
Geflügeltes Wort aus der Familie: Emmastr. Wassergasse Messerstecher erster Klasse.

Gruß
Dieter
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Schacht 9
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Beitrag von Schacht 9 »

Mir als altem Bulmker war es so geläufig:" Emma, Olga, Wassergasse-----------."
PS, die Wassergasse müßte aber schon Schalke gewesen sein, da dort die Grenze Bismarck/Schalke über die Bismarckstraße verlief.

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iwi
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Stadtteil Bismarck

Beitrag von iwi »

Du hast vergessen die zweite Zeile unseres Bulmker Verses zu erwähnen:

.... Messerstecher erster Klasse.

glückauf
iwi
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salife
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Beitrag von salife »

Wo zwischen Paulinen- und Liboriusstraße muss ich mir die Wassergasse denn vorstellen? Ich glaube aber auch nicht, dass das zu Bismarck gehört, denn die beiden Straßen gehören (lt. PLZ) zu Schalke.

Das mit dem Spruch kann ich mir lebhaft vorstellen, weil eine Tante, die ihr ganzes Leben auf der Bismarck-/Grenzstraße verbracht hat, mir erzählte, dass die Olga, Emma- und Paulinenstraße in den zwanziger (und latent wohl auch noch in den dreißiger) Jahren als Kommunistenhochburg galten und man sich dort mit "Andersgläubigen" immer gerne mal ne Straßenschlacht lieferte.

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Dieter
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Beitrag von Dieter »

Bild


Gruß
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Tekalo
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Beitrag von Tekalo »

Leider ist auf der Karte nichts zu erkennen.

Schacht 9
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Wassergasse

Beitrag von Schacht 9 »

Bild
Die Wassergasse, Kartenausschnitt von 1954

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Dieter
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Beitrag von Dieter »

Danke für den super Kartenausschnitt

Gruß
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TheoLessnich
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Beitrag von TheoLessnich »

Aus der Olgastraße stammte Michel Murach. Der war dem Vernehmen nach mehrfacher Box-Europameister.

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Bretterbude
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Beitrag von Bretterbude »

Die Wassergasse.....
gehörte ursprünglich und wenigstens bis 1939 zu Bulmke. Im Adressbuch 1939 steht zu lesen:
"Wassergasse, G.-Bulmke (So benannt, weil sie früher viel unter dem Wasser des Sellmannsbaches zu leiden hatte)"
Aufgeführt werden die Hausnummern 5, 12, 14, 15 und 16.

Die Wassergasse ist aber schon viel älter, im Plan von 1889 ist sie schon zu erkennen, noch als Sackgasse:Bild(Quelle: Karte des Kreises Gelsenkirchen, 1889, ISG)


1891 dann im endgültigen Verlauf durchgehend bis zur Kronprinzenstraße (heute Dresdener Straße):Bild(Quelle: Meßtischblatt 1891)


Die damaligen Kartographen waren sich aber anscheinend nicht ganz klar darüber, ob die Wassergasse nun durchgeht oder nicht, auf einem Plan gegen Ende des 19. Jahrhunderts verläuft sie wiederum nicht bis zur Kronprinzenstraße. Interessant auch hier die Gemeindegrenzen: die Braubauerschaft ragt noch weit bis ins heutige Bulmke hinein, heutige Schalker Gebiete (westlich der Bismarckstraße) gehörten damals noch zu Bulmke):Bild(Quelle: Karte des Kreises Gelsenkirchen, undatiert (Aufnahme dürfte zwischen 1895 / 1898 liegen, ISG)


Zur Zeit des 1. Weltkriegs ist die Verstädterung weiter fortgeschritten:Bild(Quelle: Industrie und Wohngelände der Stadt Gelsenkirchen, Plan undatiert (Aufnahme ca. 1916)

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Fähnlein
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Beitrag von Fähnlein »

wie immer :2thumbs: einfach genial, was Du aus dem alten Kartenmaterial so rauszauberst :zauberer: und erkennst :idee:

AlterMann
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Wassergasse und der Weg dorthin

Beitrag von AlterMann »

Zwischen meinen Eltern und meinen Brüdern, fünf und sieben Jahr älter als ich, gab es eine Abmachung:
Wer ihn als erster hörte, der durfte, aber für mich, den Kleinen, galt das nicht: Ich durfte noch nicht.

Was gab's zu hören und was wurde gedurft?
Es durften die Schularbeiten unterbrochen werden, es durfte sogar beim Mittagstisch aufgestanden werden, wenn ein kurze Melodie - ich habe sie noch im Kopf - geblasen auf einer billigen Blechflöte (Tin-Whistle?) zu hören war. Dann war Herr Jedamzik in der Nähe, mit Pferd und Wagen, und sammelte und kaufte, was man nicht mehr wollte, was schon immer im Wege stand, was aber zu schade war, in den Mülleimer geworfen zu werden - vielleicht könnte es ja noch jemand brauchen...

In den Adreßbüchern heißt es:
Jedamzik, Adolf, Althändler - das konnte man auch auf einem kleinen Schild am Wagen lesen. Wenn man von ihm sprach, war er allerdings kein Althändler, sondern dann war er der Lumpensammler, der Klüngelskerl. Dann hieß er auch nicht Jedamzik, sondern schlicht Judas. Seinen wahren Namen werden nicht viele gekannt haben.

Was meine Brüder antrieb, war nicht das Bedürfnis, sich an den häuslichen Arbeiten zu beteiligen, sondern reiner Geschäftssinn, reine Geldgier, denn die Pfennige, die sie als Gegenwert bekamen, durften sie behalten.

So vom Wohlstand ausgeschlossen zu sein, mißfiel dem Kleinen, und er beschloß, den großen Brüdern zu zeigen, daß ab sofort mit ihm zu rechnen war, und zwar in Mark und Pfennig.
Er packte den angesammelten Klüngel auf seinen Roller und schob von der Roonstraße aus durch die Franz-Bielefeld-Straße und bog an der Selters-Bude nach links in die Kronprinzenstraße ein, die vielleicht zu der Zeit nicht mehr Kronprinzenstraße hieß, sondern Karl-Kuhn-Straße, aber das wußten wohl nur die, die darin wohnten.
Das Anbringen der Nazi-Straßennamenschilder ist übrigens sehr bald nach der Umbenennung erfolgt, bei den anderen Straßen hat man sich sehr viel Zeit gelassen. So hieß so lange, wie ich in Gelsenkirchen gelebt habe, bis 1943, die Gabelsbergerstraße an einem Ende Gabelsbergerstraße, an der Ecke zur Schalker Straße aber Marktstraße.

Der Ruf der Kronprinzenstraße war schlecht. Man hörte von Schlägereien und wußte, daß da nur ganz schlimme Jungens wohnten, vor denen man sich in acht nehmen mußte. Aber vormittags, wenn die in der Schule waren, könnte man es doch mal wagen...

So schlecht wie ihr Ruf, war der Zustand der Straße. Zwar lagen auf dem Bürgersteig die üblichen Platten, aber nicht alle lagen fest auf dem Boden. Wer bei Regenwetter auf die hochstehende Ecke trat, saute sich zu bis zum Kragen oder es spritzte von unten her in das Innere der Hosenbeine und lief anschließend an den Beinen wieder herunter. Bei kurzen Hosen war das besonders unangenehm (der Kleine hatte nur kurze).

Die Fahrbahn war noch nicht "gemacht", war also nicht gepflastert
Jahrzehnte vorher war sie sicher mal mit einer Dampfwalze geglättet worden, aber das sah man ihr nicht mehr an. Zu sehen war eine schmutzige sandige Oberfläche, aus der Steinspitzen herausragten, dazwischen waren teils großflächige Vertiefungen, die bei Regenwetter kleine Seen bildeten. Die Kronprinzenstraße war ein Straße für schönes Wetter, aber wegen der übrigen negativen Eigenschaften eigentlich gar keine. Wer nicht mußte, ging nicht hinein, und wer doch mußte, wartete auf schönes Wetter.
Etwa Mitte der Dreißiger, wenn ich nicht irre, wurde sie asphaltiert.

"Wenn ich die Straße verlasse, hat die Schweinerei ein Ende" denkt sicher mancher.
Die bis dahin erlebte Schweinerei ging tatsächlich zuende. Es folgte eine weitaus schlimmere, denn Bürgersteige und eine befestigte Fahrbahn gab es in der Wassergasse nicht. Die Wassergasse war ein Weg, nicht befestigt, wurde aber täglich von Judas' Wagen befahren. Sie war in drei Spuren geteilt, hervorgerufen durch die tiefen Rillen, die Judas mit seinem Wagen in den Weg hineingefahren hatte. Seine alleinige Täterschaft hätte er nicht leugnen können: Die Rillen bogen nach einigen Metern ab auf sein Grundstück.

Hier hätte ich gern geschrieben: "... bogen nach rechts ab auf sein Grundstück", denn so habe ich es in Erinnerung. Die Adreßbücher sagen allerdings etwas anderes: "Wassergasse 5"!
Wenn von der Kronprinzenstraße aus gezählt wurde, müßte die Nr. 5 links liegen.
Man könnte aber auch von der Bismarckstraße aus nummeriert haben. Dann wäre die Nr.5 rechts. Das wäre mir recht, es paßt aber nicht zu der Bebauung, die die Karten zeigen. Ich werde mich wohl irren.

Mit Judas' Hausnummer und der Lage seines Hauses habe ich über Jahrzehnte keine Schwierigkeiten gehabt. Sie begannen erst, als ich angefangen hatte, in den Adreßbüchern zu blättern. Allerdings war ich immer der Meinung, daß er die Nr. 4 hätte. Die läge dann rechts und alles wäre richtig.

Viele, auch die, die jetzt nein sagen, werden es schon mal mitgesungen, zumindest gehört haben. Es hat nach "Wikipedia" folgenden Text:

Lumpen, Knochen, Eisen und Papier,
ausgeschlag´ne Zähne sammeln wir,
Lumpen, Knochen, Eisen und Papier,
ja, das sammeln wir.

Der Gelsenkirchener Text der 30er Jahre (in meiner Ecke) war anders:

Lumpen, Eisen Knochen und Papier,
sammelt Judas, Wassergasse vier,
Lumpen, Eisen Knochen und Papier,
ja, das sammeln wir.

Hinsichtlich der Hausnummer werde ich wohl durch das Lied in die Irre geführt worden sein. Daß das Judas-Grundstück auf der Südseite der Gasse lag, meine ich allerdings noch immer.

Ob der Zustand der Wassergasse am anderen, am bebauten Ende, besser war, weiß ich nicht - so weit bin ich nie gekommen.
Ich war auch kein zweites Mal in der Gasse: Was ich von Judas bekam, war mir für den anstrengenden Weg zu wenig.
am
Zuletzt geändert von AlterMann am 06.09.2015, 09:10, insgesamt 1-mal geändert.

Oliver Raitmayr
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Adolf Jedamzik

Beitrag von Oliver Raitmayr »

Sehr schöner Beitrag, einmal mehr!

Könnte es sich bei diesem Klüngelskerl Jedamzik um einen Zuwanderer aus Friedrichshof im Kreis Ortelsburg handeln?

Ein gleichnamiger Mann besaß einen sogenannten Ausbauhof (Nr. 2 in der Karte ganz unten): http://www.kreis-ortelsburg.info/026/friedrichshof.htm

Fragt sich

Oliver

AlterMann
Abgemeldet

Beitrag von AlterMann »

Hallo Oliver!
Was dich anregt, nach was und wo weiterzusuchen, hat mich schon öfter erstaunt - diesmal, wo er herkommt.
Richtung Osten steht wohl fest, nicht gerade er, aber vielleicht seine Vorfahren. Die Einträge bei den Mormonen weisen in die gleiche Richtung.
Auch der Ort Muschaken (Muszaki) wird genannt (zwischen Neidenburg und Willenberg).
Vielleicht habe ich denselben Karl ein zweites Mal auf den Verlustlisten des 1. Weltkrieges gefunden.
Bild
Für die Gegend um Ortelsburg interessieren sich hier einige, glaube ich.
am

Edit:
Der Satz in Kleindruck enthält einen Fehler. Er ist zu ersetzen durch:
Auf den Verlustlisten des ersten Weltkriegs habe ich den Namen Jedamzik auch gefunden. Einer der beiden wohnte in Hüllen.
am
Zuletzt geändert von AlterMann am 06.09.2015, 11:23, insgesamt 1-mal geändert.

Oliver Raitmayr
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Beitrag von Oliver Raitmayr »

AlterMann hat geschrieben:Hallo Oliver!
Was dich anregt, nach was und wo weiterzusuchen, hat mich schon öfter erstaunt - diesmal, wo er herkommt.
Richtung Osten steht wohl fest, nicht gerade er, aber vielleicht seine Vorfahren. Die Einträge bei den Mormonen weisen in die gleiche Richtung.
Auch der Ort Muschaken (Muszaki) wird genannt (zwischen Neidenburg und Willenberg).
Vielleicht habe ich denselben Karl ein zweites Mal auf den Verlustlisten des 1. Weltkrieges gefunden.
Bild
Für die Gegend um Ortelsburg interessieren sich hier einige, glaube ich.
am
Lieber AlterMann (Bergbaubegriff? oder Sachrealist?)

Dann empföhle sich doch ein Besuch der Heimatstube in Herne! http://www.kreisgemeinschaft-ortelsburg.de/04.htm

Du schriebst in Deinem langen Beitrag von einem "Adolf", die beiden Herren in den Verlustlisten könnten ja Brüder sein; einer bereits vielleicht als Fachkraft im Bergbau ganz schlepperfrei nach Gelsenkirchen/Hüllen importiert, der andere noch in der östlichen Heimat auf ostpreußischer Scholle. Naja, im Schicksale waren sie leider wieder vereint.

Da gibt es ja auch ein recht neues Buch zum Thema ostpreußischer Einwanderer ins Ruhrgebiet. Der Titel ist mir entfallen und so ich Zeit finde, werde ich denselben nachreichen.

Vielleicht ist aber auch Lorbass oder ein/eine Andere/r (besser: Anderer/-; nein, nicht besser) schneller.

Liebe Grüße an eine meiner Ahnenheimaten

Oliver

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