Armut

Was so passiert, was mal passiert ist ...

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aka = candid
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Armut

Beitrag von aka = candid »

Edit 22.10.2007
Verwaltung hat geschrieben:Bilder wurden von Candid von seiner Domain entfernt und sind deshalb hier nicht mehr zu sehen.

Vorbemerkung:
Im letzten Frühjahr berichtete die WAZ über ein sozialpädagogisches? Projekt auf der Brache Rheinische Straße, hinter dem Burgmer-Gelände. Im vorvergangenem Jahr war ein langer Streifen Blumenzwiebeln gesetzt worden, die nun anfingen zu blühen. Das Ganze war ziemlich halbherzig angegangen worden, realiter sah es schon im ersten Jahr weitaus trauriger aus als auf den Fotos. Eine Frau, die dort regelmäßig ihren Hund ausführte, erzählte, daß das Gelände weder bewacht noch gepflegt würde und dementsprechend den Blumen der Garaus gemacht würde.

Auf dem Gelände bearbeiteten zwei Männer getrennt voneinander den Boden mit Spitzhacke bzw. Gartengerät. Mit einem von beiden kam ich ins Gespräch:
Es handelte sich um Arbeitslose, die Eisenschrott aus der Brache buddeln – wohlgemerkt, das Zeug liegt da nicht einfach zum Aufsammeln rum - und dem Schrotthändler verkaufen. Eine der wenigen Möglichkeiten, zusätzlich an ein wenig Bargeld zu kommen, das nicht mit staatlichen Leistungen verrechnet wird. Er hat mir den damaligen Preis pro Tonne genannt. Es braucht einige Eimer, um auch nur eine Pizza kaufen zu können. Der Abtransport erfolgt zu Fuß in Eimern oder mit den Rad; manche haben eine Schubkarre. Er hat sich darüber beklagt, daß Arbeitslose als arbeitsscheues Gesindel beschimpft werden …

Heute, Karfreitag 2007, sah das Blumenband erbärmlich aus, jemand hat eine Markierung aufgestellt, wahrscheinlich, damit niemand drauf rum trampelt. Gearbeitet hat heute morgen niemand, dafür habe ich unterwegs in einem kleinem Wäldchen dorthin die Schlafstätte eines Obdachlosen entdeckt, sozusagen im Schatten des Maritim …

Blumenband 2006
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Blumenband 2007
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aka = candid
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armut

Beitrag von aka = candid »

Brache Rheinische Straße 2007
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Schrottsammler 2006
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aka = candid
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armut

Beitrag von aka = candid »

Schrottsammler 2006
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"Bodenschätze" 2006
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aka = candid
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armut

Beitrag von aka = candid »

Obdachloser 2007
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Obdachloser 2007 - mit Blick aufs Maritim ..
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Kleinbürger
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Lebensmittelkarte 1992

Beitrag von Kleinbürger »

hab ich noch innem Schuhkarton gefunden...

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... gibt`s die eigentlich immer noch ?!

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uuupps !! ... hoffentlich hab ich jetzt nich `nen schon vorhandenen topic übersehen.

Gast
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Beitrag von Gast »

Wieso hat das kleine Dienstsiegel keine Nummer?

MichaL
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Beitrag von MichaL »

Anonymous hat geschrieben:Wieso hat das kleine Dienstsiegel keine Nummer?
Weil es aufgedruckt ist.

Heinz
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Beitrag von Heinz »

Zum Verständnis für Unbedarfte: worum geht es?

MichaL
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Beitrag von MichaL »

Heinz hat geschrieben:Zum Verständnis für Unbedarfte: worum geht es?
Das waren wohl die Wertgutscheine, die das Sozialamt anstatt Bargeld zahlte,
zum Teil auch an Asylbewerber.

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Detlef Aghte
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Leergutsammler

Beitrag von Detlef Aghte »

ich habe vor einem Bundesligaspiel das "Schalke Unser" verkauft,dabei erstmals richtig mitbekommen,wieviel Leute da rumlaufen,und leere Flaschen suchen.Eine traurige Episode spielte sich gleich neben mir ab. Ein ungefähr 40 jähriger hatte sein Depot für die gesammelten Pullen gleich in meiner Nähe, als er von einem wohl alten Bekannten angesprochen wurde, und aufgefordert wurde mit zukommen, nen Bier zu trinken und gemeinsam ins Stadion zu gehen. Auf die Idee ,das sein gegenüber garnicht ins Stadion wollte ist der natürlich nicht gekommen, Der Flaschensammler wand sich wie ein Aal und wollte aus der Nummer raus, ohne aufzufallen. Ein Ganz trauriges Spielchen.

Erinnerte mich an die Kippensammler Anfang der 50iger, die den verblieben Rest von Tabak in eine Pfeife bröselten und qualmten.

Detlef
Wer durch des Argwohns Brille schaut,
sieht Raupen selbst im Sauerkraut
W. Busch

Heinz
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Ex Offizier der Südvietnamesischen Armee

Beitrag von Heinz »

Ich sprach letztes Jahr länger mit einem Ex Offizier der Südvietnamesischen Armee, der hier sein Geld durch Flaschensammeln verdient, aber auch jede andere Arbeit macht, die er bekommen kann.
So viele Niederschläge und Dramen, wie er hat einstecken und mitmachen müssen, dazu die Isolierung hier, ging mir recht Nah.

Zum Thema "Wertgutschein" fällt mir ein, dass es viele Bürger gab, die die Gutscheine von den Empfängern aufkauften, damit die Geld zur freien Verfügung hatten und nicht an den Kassen stigmatisiert wurden.
Außerdem war die Gutscheinausgabe wesentlich teurer, als eine Bargeldausgabe, sollte aber wohl einen erzieherischen Effekt haben.

Reiner Kampmann, der Kämmerer, der uns das Hans Sachs Haus versaubeutelt hat mit Olli Wittke zusammen, hat so seine steile politische Karriere begonnen.
Er fuhr in seinem kleinen Heimat-Nest persönlich die Asylbewerber an und verteilte Gutscheine. 8)

Kleinbürger
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Re: Wertgutscheine

Beitrag von Kleinbürger »

Heinz hat geschrieben:... Zum Thema "Wertgutschein" fällt mir ein, dass es viele Bürger gab, die die Gutscheine von den Empfängern aufkauften, damit die Geld zur freien Verfügung hatten und nicht an den Kassen stigmatisiert wurden.
Außerdem war die Gutscheinausgabe wesentlich teurer, als eine Bargeldausgabe, sollte aber wohl einen erzieherischen Effekt haben.
Man konnte sich auf einer Liste eintragen und für eine bestimmte Summe im Monat die Wertgutscheine "kaufen", dann selbst damit einkaufen gehen um das Verfahren ad absurdum zu führen und mit den Asylbewerbern solidarisch zu sein.
Ich weiß nicht mehr wer das organisierte - die evang. Kirche ? - erinnere mich aber an einige "kabanett"-artige Szenen an der Kasse bei Akzenta und beim Kunze im "Reförmchen" :wink:
Widerstand hat Spaß gemacht !

Meine Befürchtung ist allerdings, das diese Methode zukünftig fest in HARTZ VII eingeplant ist -
vielleicht will uns die SPD ja so zur Solidarität zwingen :wink:

Heinz
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Dritte Welt in GE

Beitrag von Heinz »

Vor 2 Wochen machte mich jemand auf die "Flaschensammler" aufmerksam.
Mir war gar nicht bewusst, dass davon so viele Menschen leben. Irgendwie hatte ich auch eine Vorstellung, wie Flaschensammler aussehen müssten und gekleidet sind.
Nichts davon stimmte.
Ich bekam eine Führung über die Bahnhofstraße. Bei mir gab es abwechselnd staunen, entsetzen, Verblüffung...
Manche suchen heimlich und verlegen nach Flaschen, andere offensiv öffentlich. Manche sind gut bis sehr gut gekleidet, manche ärmlich und mit verschmutzter Kleidung. Jung, alt Männer Frauen.

Nachdem ich gestern in Essen auf der Kettwiger einen Profi Akkordsammler bei der Arbeit sah, musste ich heute den türkischen Büdchen-Mann meines Vertrauens über dieses Phänomen befragen.

Für ihn ist das natürlich ein großes Ärgernis, weil er das viele Leergut annehmen muss, ohne eine Gegenleistung zu bekommen. Er sagte mir, dass die Spanne von bitterarmen Rentnerinnen über die üblichen Alkis bis zu Normalverdienern ginge, die sich damit aus Geiz ihren Urlaub finanzieren würden.

Zurück zum Profisammler:

Typ Wikinger mit geflochtenem Zopf, Bart, drahtig. Ungefähr 35. Für das sammeln getuntes Fahrrad. Hinten rechts ein 11er Kasten für Leergut. Links ein Köcher für verschiedene Greifzangen. Die Länge und Winkelung auf die verschiedenen Abfallbehälter abgestimmt. Daneben eine extra Sammeltasche für King-Size Flaschen.
Über dem Lenker quer zwei kurze Zangen, für den raschen Zugriff.
Er kam auf mich zugedüst, scharfe Bremsung vor dem Mülleimer, Zange raus, mit schlafwandlerischer Sicherheit eine Flasche geangelt und zack - Flasche in den Kasten, Zange am Lenker festgeklemmt düste er weiter. Ich stand noch eine Minute da und dachte, dass ich ein Déjà Vu aus einem Karl Mey Film mit Indianern und Pfeil und Bogen hätte.

Leute.......... solche Erwerbstätigkeiten kenne ich nur aus meinen Reisen in Afrika und Lateinamerika. Und die liegen schon ein paar Jährchen zurück.

AUFWACHEN

Gast
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Beitrag von Gast »

@Heinz

Wer soll aufwachen?

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JürgenB
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Re: Dritte Welt in GE

Beitrag von JürgenB »

Heinz hat geschrieben: Leute.......... solche Erwerbstätigkeiten kenne ich nur aus meinen Reisen in Afrika und Lateinamerika. Und die liegen schon ein paar Jährchen zurück.

AUFWACHEN
Was ist das Problem Heinz? Da haben die Grünen (Jürgen Trittin) doch mal was für die sozial Schwächsten erreicht.

Ich kannte derartige Beschäftigung von meinen Reisen nach New York. Dort ist das durchaus ein ehrenwerter Job für die Obdachlosen. Warum also nicht auch in Hartzland?
Geboren im Jahre der Meisterschaft - nicht wie ihr alle denkt, sondern 3 Jahre früher!

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