Was lest Ihr gerade?

Alles, was es sonst noch zu bequatschen und zu begucken gibt.

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rapor
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von rapor »

Was schauen die denn dann auf ihren Schmartphon, wenn sie nicht lesen können? Auch am PC lese ich meistens, da bleibt ja nur noch die Spielekonsole oder Spiele und Filmchen.

Ich entdecke gerade, mal wieder, einenDER SF-Schriftsteller aus den50er bis 70ern wieder, Philip K Dick. Es gibt nicht nur seine 43 Romane, sondern auch eine Sammlung der 118 Kurzgeschichten in 5 Bänden. Über 3000 Seiten für 'nen Fuffi.
Spannend ist auch seiner Sichtweise aus einer Zeit, als es noch nicht einmal Transistoren gab und alles über Röhren und Relais lief. Wahnsinn, was er da für Ideen entwickelt hat. Filme wie "Blade Runner", "Total Recall", Minority Report", "Screamers" und "Die Körperfresser Kommen" beruhen auf ihnen. Oft geht es um die Balance zwischen Realität und Gedankenwelt, alternative Welten und das Verhalten von Menschen unter diesen Umständen.
Auch 2 mir nicht bekannte Filme habe ich, in der Bücherei, entdeckt.
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Mechtenbergkraxler
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Was wollt Ihr loswerden?

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Nachdem in einem anderen Fred über das Aufräumen im Bücherregal diskutiert wurde (mache ich immer dann, wenn absolut nichts mehr in die Regale gequetscht werden kann. Die Kraxlerin macht dann immer ´ne zweite Reihe auf, aber das ist nicht mein Ding), empfehle ich die Abgabe der Bücher bei der Büchertafel Ruhrgebiet https://www.buechertafel.com/ . Der Erlös des Verkaufs kommt zu 100 % sozialen Zwecken in der Region zu.

Leider haben die momentan auch ihr Lager rappelvoll, weil Corona auch zum Aussortieren von Büchern genutzt wird. Gerne dort gelegentlich mal den letzten Stand abfragen.

MK
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rapor
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von rapor »

Ich hab gerade mal wieder in alten Walter Moers Comics geblättert. Dabei ist mir sein bitterböses Lied des kleinen Arschlochs für Greenpeace untergekommen. gemeinerweise wurde er aus dem Wettbewerb geschmissen!
Zur Melodie des Couplet aus der Operette "Der Zigeunerbaron".
T: Ignaz Schnitzer, M: Johann Strauss, Wien 1885.
https://www.lyricsera.com/13629-lyrics- ... ertan.html
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Lo
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Das Vorbilderbuch (aussem Kohlenpott)

Beitrag von Lo »

Vor ein paar Tagen hatte ich Lust darauf, ein Buch noch einmal - zum zweiten Mal - zu lesen, was bei mir eigentlich so gut wie nie vorkommt.
Titel: VORBILDERBUCH (is aussem Ruhrgebiet)
Der Titel und „Kleine Galerie der Menschlichkeit“ als Untertitel lassen vielleicht nicht spontan erahnen,
wie kurzweilig, spannend, lustig – und nachdenklich machend dieses Buch ist.

Da schreiben 33 (!) Autoren aus dem Ruhrgebiet über Menschen, die ihnen in ihrem Leben begegnet sind, die ihnen etwas mitgegeben haben, sei es der „Klümpken-Fielosof“ vonne Bude, oder ein Lehrer, ein Lügenbaron aus Bochum, ein Lebenskünstler, ein Kumpel, der klauende tolle Dieter aus Gelsenkirchen-Erle von unserer Margit Kruse, oder vonne Großtante Maria, die alle "Tammaria" nannten….

Beim Lesen dieser vielen, absolut kurzweiligen Geschichten passierte es dann: mir kamen plötzlich Menschen in den Sinn, die ich längst vergessen habe. Menschen, die mir irgendwo in meinem Leben einen kleinen Schubs gegeben haben, Vorbilder oder Begleiter für eine bestimmte Zeit meines Lebens, ohne die ich vielleicht andere Entscheidungen für mich getroffen hätte, die Eigenschaften an mir oder Einstellungen in mir verändert haben.
Später begegneten mir andere Menschen, die hier und da an kleinen Schräubchen, Rädchen und Weichen meines Lebens drehten, und es vielleicht bis heute gar nicht wissen, dass ich ohne sie vielleicht ganz woanders gelandet wäre.
Und wer weiß, wen ich noch alles treffen werde?

Ach ja: das Buch!
Das ist so ein Leseschätzchen, das mich beim vergnüglichen Lesegenuss an manche Weggefährt/innen erinnern ließ.
Empfehle ich aufrichtig gern.
Bild

VORBILDERBUCH
Kleine Galerie der Menschlichkeit
240 Seiten · gebunden · mit Lesebändchen · 9,90 €
ISBN 978-3-942094-95-5
Verlag Henselowsky Boschmann
https://www.vonneruhr.de/vorbilderbuch.html
Komm´doch mal gucken: https://www.kohlenspott.de/

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Minchen
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von Minchen »

Nachdem ich mir alle Bände Harry Potter von Stephen Fry mal wieder habe vorlesen lassen, las ich heute noch dazu passend "Snape - a definitive reading" von Lorrie Kim. Ein absolut fantastisches Buch.

Severus Snape gehört zu den interessantesten literarischen Figuren überhaupt.

From the tip of his wand burst the silver doe: She landed on the office floor, bounded once across the office, and soared out of the window. Dumbledore watched her fly away, and as her silvery glow faded he turned back to Snape, and his eyes were full of tears.
"After all this time?"
"Always," said Snape.


Zum Glück war ich allein zuhause. :?
Kassandra war doch eine furchtbare Populistin.

Das ist die Seuche unserer Zeit: Verrückte führen Blinde.
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Mechtenbergkraxler
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Minchen hat geschrieben:
18.07.2021, 19:33
Nachdem ich mir alle Bände Harry Potter von Stephen Fry mal wieder habe vorlesen lassen, las ich heute noch dazu passend "Snape - a definitive reading" von Lorrie Kim. Ein absolut fantastisches Buch.

Severus Snape gehört zu den interessantesten literarischen Figuren überhaupt.
Wir gucken uns zur Zeit die alten Harry Potter DVDs an (ohne Reklame, wunderbar!), jeden Monat ein Exemplar. Wenn man (er,sie,es) weiß, dass Snape eigentlich kein Böser ist, findet man ihn jetzt plötzlich viel sympathischer als beim ersten Auftritt im Kino vor vielen Jahren.

Aber das ist ja der Lesefred, hätte ich fast vergessen. Nach dem Motto "immer mal einen modernen oder alten Klassiker ins Programm einschieben" habe ich mir jüngst Aldous Huxley "Schöne neue Welt" vorgenommen. Da gab es 2013 eine flott geschriebene neue Übersetzung, die sich gut lesen lässt. Es wirkt total irre, dass dieses Buch 1932 erschienen ist, mit einer Vision einer Zukunftswelt, in der uns viele Dinge sehr realistisch erscheinen. Orwells "1984" stellt die Zukunft finster und diktatorisch dar; Huxleys neue Welt besteht nur aus glücklich konsumierenden, sorgfältig in Kasten eingeteilten Menschen - und wirkt auf eine subtile Art fast noch finsterer als Orwells Welt. Witzig, dass sowohl Orwell "das ist ja fast wie bei Orwell" als auch Huxley "da haben wir ja bald unsere schöne neue Welt" gerne zitiert werden, aber die wenigsten Zitierer die Bücher wirklich gelesen haben. Beide lohnen sich als Lektüre, vielleicht sogar direkt hintereinander. Dann wissen zumindest Leserin oder Leser, was auf uns zukommen kann.

MK
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Minchen
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von Minchen »

Das war bei uns alles Schullektüre, 1984, Brave New World, The Great Gatsby, Lord of the Flies, The Hobbit, The Catcher in the Rye, und wie sie alle hießen. Englisch LK halt.

Ich habe seit September mehr als 20 Bücher gelesen, und das ist für mich echt gut. Alle auf Englisch. Kindle unlimited hat angeblich eine Million Bücher. :mrgreen:
Ich kann gar nicht genug davon kriegen.
Es gibt so viele Serien, von deren Existenz ich bisher nichts geahnt hatte. Bin aber dabei aufzuholen. :P
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Lo
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Monsieur Paillot im Nirgendwo - Ruhrgebiet

Beitrag von Lo »

Stell Dir vor, Du lernst einen wahrhaften Zeitzeugen kennen,
der Dir beinahe bis in Kleinste beschreibt, wie das Leben vor 228 Jahren hier im Ruhrgebiet funktionierte, und wie es hier aussah – in Düsseldorf, Dorsten, Hagen, Mülheim, Dortmund, Duisburg, Essen, Bottrop, Osterfeld oder Kirchhellen.
Lange, sehr lange, bevor es die Industrie gab.
Und er beschreibt es Dir so, dass Du es Dir richtig bildlich und lebendig vorstellen kannst,
weil er höchst sorgfältig Tagebuch führte. Weder Schnaps, noch Pumpernickel hat er ausgelassen, auch nicht sein Erstaunen darüber, dass unbegüterte Bauern in Westfalen mitsamt Weib, erwachsenen Kindern und Gesinde zusammen in einem Bett schlafen.
Und nichts davon ist in der Neuzeit erdacht, sondern tatsächlich 1794 aufgeschrieben von einem gewissen Pierre-Hippolyte-Léopold Paillot, einem wohlhabenden Gerbermeister aus Frankreich, der aufgrund der Schrecken der französischen Revolution gezwungen war, Hals über Kopf sein Haus in Frankreich zu verlassen und mit einem Fuhrwerk und einem Teil seines Hab und Gutes hier bei uns „inne Gegend“ landete, mal hier und mal dort wohnte. Spannend.
Bild

Aus dem Klappentext:
„Monsieur Pierre-Hippolyte-Léopold Paillot möchte seinen wohlhabenden Kopf nicht verlieren. Zwar sind Paris und die Revolution ziemlich weit weg, aber es ist 1794, und die "Schreckensherrschaft" rückt Schritt für Schritt bedrohlich näher…“
So macht er sich denn mit Familie und Verwandtschaft auf ins sichere Rheinland und nach Westfalen. Monsieur Paillot ist schwer neugierig, schaut ganz genau hin, schreibt alles auf. Einiges ist ihm suspekt, zum Beispiel Pumpernickel und die Unterkünfte; anderes dort im Nirgendwo überrascht ihn, ja, Dorffeste und Wacholderschnaps nötigen ihm sogar ein ganz klein wenig Bewunderung ab.“


Bild

Werner Boschmann, der den Tagebüchern – eigentlich auf der Suche nach historischen Einzelheiten über eine Hamborner Zeche - durch einen glücklichen Zufall auf die Spur gekommen ist, schreibt:
„Unser Ruhrgebiet Ende des 18. Jahrhunderts, zu einer Zeit, als im republikanischen Frankreich die Guillotine herrscht…, Düsseldorf, Dorsten, Hagen, Mülheim, Dortmund, Duisburg, Essen, Bottrop, Osterfeld und Kirchhellen…, gesehen durch die Augen eines unfreiwilligen Besuchers! Welch eine Geschichte!“
„Durch Paillot erfahren wir ehrliche, wertvolle Erkenntnisse über unsere Vorfahren. Mit den Augen eines Fremden blickt er auf eine Region, die sich zwei, drei Generationen später völlig gewandelt haben wird. Wir schauen auf unsere Wurzeln und können – mit einem feinen Lächeln – dass das ganze Grundsätzliche unserer heutigen Mentalität – und hier meine ich nicht nur die Liebe zum Stielmus – schon vor 225 Jahren erkennbar war, ja, dass wir im Ruhrgebiet eine gewachsene Identität besitzen (die uns seit Jahrzehnten in Gänze abgesprochen wird).“

Ich habe dieses Buch eigentlich nur so als Bettlektüre vorm Einschlafen nehmen wollen.
Tja, und nachdem ich zu Lesen begann, war mir das Einschlafen nicht mehr wichtig. Alles, was Monsier Paillot hier bei uns erlebte, ist so lebendig beschrieben und mit reichlich alten Karten, Dokumenten und Beschreibungen ergänzt, dass es für mich, der ich in meinen acht Volksschuljahren nur minimale Geschichtsvermittlung genießen durfte, zu meinem persönlichen Geschichtsbuch des Ruhrgebietes wurde, auch wenn es sich nur auf das Jahr 1794 beschränkt. Denn ganz nebenbei erfuhr ich eine ganze Menge über die Französische Revolution: lebendig, spannend und fernab der üblichen Jahreszahlenpaukerei.

Kurzum: Werner Bergmann und Werner Boschmann haben durch den Tagebuch-Fund und dessen Bearbeitung und Veröffentlichung mit diesem Buch ein (Zeit-)Fenster aufgestoßen, durch das man in das Ruhrgebiet von vor 228 Jahren schauen kann.
Auch optisch gefällt mir das Buch durch sein Querformat.
Für mich eine kurzweilige Pflichtlektüre für jeden Ruhrgebietler. Preiswert dazu.

Monsieur Paillot im Nirgendwo
Land und Leute aus der Sicht eines Revolutionsflüchtlings
am Vorabend des Reviers
herausgegeben von Werner Bergmann und Werner Boschmannn
aus dem Französischen übersetzt von Luc le Gall
96 Seiten · gebunden · 2. Auflage · 14,90 €
ISBN 978-3-942094-34-4
Im Buchhandel oder direkt beim Verlag Henselowsky Boschmann
https://www.vonneruhr.de/monsieur_paillot.html

Bissi Tage!
Lo
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Heinz H.
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Re: Monsieur Paillot im Nirgendwo - Ruhrgebiet

Beitrag von Heinz H. »

Lo hat geschrieben:
14.01.2022, 10:53
Stell Dir vor, Du lernst einen wahrhaften Zeitzeugen kennen,
der Dir beinahe bis in Kleinste beschreibt, wie das Leben vor 228 Jahren hier im Ruhrgebiet funktionierte, und wie es hier aussah – in Düsseldorf, Dorsten, Hagen, Mülheim, Dortmund, Duisburg, Essen, Bottrop, Osterfeld oder Kirchhellen.[...]
Danke für die Info Lo,
meine Gattin hat mit das Buch heute aus der Bücherei Kottmann mitgebracht.
Freu mich aufs Schmökern. :buch:
"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat."
Dr. Peter Paziorek

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Lo
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von Lo »

Wie schön, bin gespannt, wie es Dir gefällt!
Es ist wirklich aussergewöhnlich und überhaupt kein dröges Geschichtsbuch.
Liebe Grüße und viel Spaß beim Schmökern!
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Pedder vonne Emscher
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von Pedder vonne Emscher »

Noch lese ich es nicht. Aber empfohlen wird mir "Der Buchhändler" von Petra Johann. Klingt spannend. Werde morgen im örtlichen Buchhandel (Meyersche, Kottmann) danach Ausschau halten.
Viele verlieren ihren Verstand deshalb nicht, weil sie keinen haben.
Arthur Schopenhauer

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Mechtenbergkraxler
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von Mechtenbergkraxler »

Diese Lektüre spielt zwar in der Stadt, deren Name nicht genannt werden darf (Lüdenscheid-Nord o.ä.), ich kann sie aber trotzdem allen Ruhrgebietsliebhabern empfehlen: "Kosmos Hansa - Eine Belegschaft erzählt" Im Buchhandel problemlos bestellbar; ich hab´s von ´nem Kumpel geschenkt bekommen, der in Mengede wohnt, und ruckzuck ausgelesen.

Wer aus einer klassischen Ruhrgebietsfamilie stammt, wo die halbe Verwandtschaft auffem Pütt, inne Hütte oder eben auffe Kokerei gearbeitet hat, der wird sich hier wieder finden. Es sind 17 Männer und 2 Frauen interviewt worden, die bis zur Stilllegung auf der Kokerei Hansa in Dortmund-Huckarde gearbeitet haben. Die Kapitel sind aus dem Leben gegriffen: Kollegen, Chefs, Ehefrauen, Arbeit, Gefahren, Unfälle, Betriebsräte, Zeitvertreibe, Alkohol, Betrieb als Heimat und vieles mehr. Das Tolle daran ist, dass die Interviews nicht etwa in Schöndeutsch geglättet wurden, sondern so zu Papier gebracht (transkribiert) wurden, wie die Leute gesprochen haben. Da fühlt man sich sofort an Geburtstagsfeiern bei Onkel Willi erinnert, an Geschichten, die Vattern erzählt hat, wenn er entweder besonders gut oder besonders schlecht gelaunt von der Arbeit gekommen ist. An alles das, was man als Köttel so aufgeschnappt hat, denn - das Gefühl wird man nicht los - diese Arbeitswelt mit ihrer Härte aber unglaublichen Lässigkeit und Familiarität hat es später nicht mehr gegeben. Die Betriebe, die ich im Beruf kennengelernt habe, waren keine "Familienpütts" mehr. Da wagte auch keiner, während der Arbeit Alkohol anzurühren oder sonstwie über die Stränge zu schlagen.

Wie gesagt, ein tolles Buch, dessen Location genauso gut Kokerei Nordstern, Consol, Dahlbusch oder andere hätte gewesen sein können, tatsächlich ein Kosmos für sich. Näheres z.B. hier: https://www.route-industriekultur.ruhr/ ... -erzaehlt/

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rapor
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Re: Was lest Ihr gerade?

Beitrag von rapor »

Gestern abend habe ich, auf einen Rutsch, "Lenin auf Schalke" gelesen. Nur 186 Seiten, recht groß gedruckt.
GE aus Ossi-Sicht, der Autor, Gregor Sander, wohnte kurz bei einer Cousine eines Freundes in Dickebank. Daher viel über Ückendorf, alles aus sehr persönlicher Sicht, mit vielen kleinen Begebenheiten. Eine sehr direkte und schonungslose Sicht eines Außenstehenden im Jahr 2020. Er füllt sich hier oft einmal an die Zeit kurz nach der Wende drüben erinnert
"...wenn deine letzte Hoffnung Künstler sind, die du auch noch anlocken musst, dann bist du wirklich im Eimer."

Über die Marina:"...ein betonbecken, nicht viel größer als ein Fußballfeld der Glüclauf Kampfbahn......Um das Hafenbecken ist vorsichtshalber alles mit Beton betoniert, damit auch gar nicht erst der Gedanke von Natur entsteht.
...über das Wohnen dort Einfamilienhäuser, die im Block formiert sind. Alle Fassaden sind weiß, alle Dächer sind schwarz und die Firste kaum 20 Meter voneinander entfernt.....daß Menschen über 300.000 Euro für so einen Albtraum in Weiß aufeinem ehemaligen Kohlekraftwerksgelände bezahlen.2
"Und den nächsten Westdeutschen, der uns fragt, wo wir am Tag des Mauerfalls waren, der sich wärmen will am Lagerfeuer unserer Erinnerung und nichts wissen will, vom Davor und Danach, den fragen wir: Wo warst du, als in Gelsenkirchen die Lichter ausgingen? In der Stadt, die die Kohle geliefert hat für den Reichtum zwischen Hamburg und München?"

Das Buch hat mich sehr angesprochen.
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Lo
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Ruhrbesetzung 1923 - Ein Jahr spricht für sich

Beitrag von Lo »

Verdelli, hätte man uns früher in der Schule Geschichte so lebhaft und verständlich vermittelt, wie man sie in diesem Buch nachlesen kann, erst recht Geschichte, die doch hier bei uns im Ruhrgebiet „umme Ecke“ stattgefunden hat, wäre das Fach sicher mehr geliebt worden.
Werner Boschmann schreibt über den von "oben" verordneten passiven Widerstand der Ruhrgebietsbevölkerung, über Streiks, Anschläge, Dienstverweigerung der Reichsbahn, tödliche Übergriffe und die drohende Hungersnot im Ruhrgebiet. Mit Schilderungen aus französischer und aus deutscher Sicht und er schreibt in diesem Buch von den behaltenswerten Erlebnissen der "kleinen Leute", wie der des Eisenbahners Fritz von der Höh, der auf seiner Lokomotive zwischen Schalke und Horst-Emscher an der Kanalbrücke durch Schüsse der französischen Soldaten zu Tode kam, des Polizisten Johann Przybilla, des mutigen Hausmeisters Liesenfeld oder der seines Großvaters Theodor Martin, oder der des Gladbecker Oberbürgermeisters, der im Bett verhaftet wurde. Aber auch über die französische Besetzung von Stiepel, der "Dortmunder Bartholomäus-Nacht" und den "Essener Blutsamstag".
Die Geschichte des "Dattelner Abendmahls" hat mich beim Lesen berührt, und mich spontan an Heiligabend 1914 erinnert, als sich deutsche, britische und französische Soldaten in Schützengräben gegenüberliegend für wenige Stunden Weihnachtsfrieden verbrüderten.
Kurzum, dieses "Geschichts-Buch" ist alles andere, als dröge, weil hier der großen Geschichte auch die aufgezeichneten realen Erlebnisse der kleinen und namentlich benannten Leute beigefügt sind, und man beim Lesen „dranbleibt.“
Bild
Ruhrbesetzung 1923
Ein Jahr spricht für sich
Werner Boschmann
208 Seiten - mit 56 Abbildungen von Ansichtskarten Altenessen bis Zweckel
ISBN 978-3-948566-18-0
Bücher vonne Ruhr

https://www.vonneruhr.de/ruhrbesetzung_1923.html
Komm´doch mal gucken: https://www.kohlenspott.de/

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Heinz H.
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Die jüdische Gemeinde von Buer und ihr Bethaus an der Maelostraße

Beitrag von Heinz H. »

Bild
"Die jüdische Gemeinde von Buer und ihr Bethaus an der Maelostraße"
Eine Spurensuche, erschienen in der Reihe "Heimat Gelsenkirchen",
Dr. Lutz Heidemann 2023, ISBN 978-3-00-074030-5

Astrid Becker hat geschrieben:
Das Buch zur Widmung ist auf dem Markt, ein Werk, das seinesgleichen sucht, an dessen Entstehung ich als Lektorin mitwirken durfte: 🙂
"Die jüdische Gemeinde von Buer und ihr Bethaus an der Maelostraße" - rund 300 fast durchgängig bebilderte Seiten über das Geschäftsleben in Gelsenkirchen-Buer, mit einem ausführlichen Teil über Erle, zwischen der Jahrhundertwende und 1930 angesiedelt und zusammengetragen von Stadtplaner a.D. Dr. Lutz Heidemann.
Ein phantastisches Nachschlagewerk zum Blättern, Studieren, Erkennen, Raten, Staunen, Lernen und nicht zuletzt Verschenken ist da - Karlheinz Weichelt hatte mit einem bislang unbekannten Glasplattenfoto der jüdischen Synagoge in Buer einen Schatz gehoben, der schließlich zu diesem Buch führte!
https://www.facebook.com/astrid.becker. ... wdJGpkN1Tl

Jetzt erhältlich bei Buchhandlung Kottmann in Buer!
"Gelsenkirchen kann wirklich froh sein, dass es Buer hat."
Dr. Peter Paziorek

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