Besetzung des alten Straßenverkehrsamtes
Moderatoren: Verwaltung, Redaktion-GG
Besetzung des alten Straßenverkehrsamtes
Im warmen Sommer '81 besetzten eine Reihe von Jugendlichen das alte Straßenverkehrsamt in der Rheinelbestraße. Sie wollten ein gemeinsames Wohn- und Kulturprojekt in den Räumen aufziehen.
Zur gleichen Zeit etwa waren die Aktivitäten des Jugendzentrums in Selbstverwaltung "Komic" im Arminbunker eingeschlafen, einerseits, weil die Unterstützung der Nutzer sehr stark nachgelassen hatte und andererseits weil auch die Personalsituation der Hauptamtlichen desolat war - die letzte Sozialarbeiterin war kaum drei Monaten im Amt krankheitsbedingt aus dem Leben geschieden. Die Bedingungen im Hochbunker mit seinen U-förmigen Räumlichkeiten waren ohnehin nie sehr gut. Maximal etwa 100 Zuschauer konnten einer Veranstaltung mit den Augen folgen.
Die Besetzung der Rheinelbestraße durch ziemlich junge Menschen traf auf größere Skepsis bei den bisherigen Jugenzentrums- und Kulturaktivisten. Der "Emscherbote machte ein zweiteiliges Interview mit den Besetzern, das wiederum sehr heftige Reaktionen auslöste.
Hier zunächst das Interview aus dem Emscherboten 2. Staffel Heft 10:
Zur gleichen Zeit etwa waren die Aktivitäten des Jugendzentrums in Selbstverwaltung "Komic" im Arminbunker eingeschlafen, einerseits, weil die Unterstützung der Nutzer sehr stark nachgelassen hatte und andererseits weil auch die Personalsituation der Hauptamtlichen desolat war - die letzte Sozialarbeiterin war kaum drei Monaten im Amt krankheitsbedingt aus dem Leben geschieden. Die Bedingungen im Hochbunker mit seinen U-förmigen Räumlichkeiten waren ohnehin nie sehr gut. Maximal etwa 100 Zuschauer konnten einer Veranstaltung mit den Augen folgen.
Die Besetzung der Rheinelbestraße durch ziemlich junge Menschen traf auf größere Skepsis bei den bisherigen Jugenzentrums- und Kulturaktivisten. Der "Emscherbote machte ein zweiteiliges Interview mit den Besetzern, das wiederum sehr heftige Reaktionen auslöste.
Hier zunächst das Interview aus dem Emscherboten 2. Staffel Heft 10:
Geboren im Jahre der Meisterschaft - nicht wie ihr alle denkt, sondern 3 Jahre früher!
2. Teil des Interviews
Der zweite Teil des Interviews folgte in Ausgabe 11 des Emscherboten:
Geboren im Jahre der Meisterschaft - nicht wie ihr alle denkt, sondern 3 Jahre früher!
Die Reaktionen
Im Emscherboten 12 gab es dann heftige Leserbriefe, aber auch einen Beitrag des Komic-Mitgründers und städtischen Sozialarbeiters Werner Montel sowie eine Doppelseite, von den Besetzern selbst gestaltet.
Das Projekt überlebte den Herbst nicht. Das Straßenverkehrsamt wurde - wenn ich mich recht entsinne - von den Besetzern aufgegen und kurze Zeit danach abgerissen. Als dann das ganze Gußstahlwerkgelände auch platt gemacht wurde, hatte die Stadt eine sehr attraktive Fläche mit Anbindung an den Ruhrschnellweg, auf dem sie dann ein paar Jahre später ihr Renommierprojekt Wissenschaftszentrum platzierte.
Das Projekt überlebte den Herbst nicht. Das Straßenverkehrsamt wurde - wenn ich mich recht entsinne - von den Besetzern aufgegen und kurze Zeit danach abgerissen. Als dann das ganze Gußstahlwerkgelände auch platt gemacht wurde, hatte die Stadt eine sehr attraktive Fläche mit Anbindung an den Ruhrschnellweg, auf dem sie dann ein paar Jahre später ihr Renommierprojekt Wissenschaftszentrum platzierte.
Geboren im Jahre der Meisterschaft - nicht wie ihr alle denkt, sondern 3 Jahre früher!
-
- Abgemeldet
@JürgenB
Nimmst du noch nachträglich ein Lob für diese Reportage an?
Nimmst du aktuell ein Lob dafür an, diese hier wieder zugänglich gemacht zu haben?
Könntest du vielleicht "Dreck -Spaß -Tränen -Farbe" in besserer Auflösung (lesbar) einscannen?
Werner Montels Anmerkungen (Gedanken eine Alt-Komic-Ers beim betreten des autonomen Kulturhauses) zu seinem Besuch im besetzten Haus sind zeitlos gut.
Nimmst du noch nachträglich ein Lob für diese Reportage an?
Nimmst du aktuell ein Lob dafür an, diese hier wieder zugänglich gemacht zu haben?
Könntest du vielleicht "Dreck -Spaß -Tränen -Farbe" in besserer Auflösung (lesbar) einscannen?
Werner Montels Anmerkungen (Gedanken eine Alt-Komic-Ers beim betreten des autonomen Kulturhauses) zu seinem Besuch im besetzten Haus sind zeitlos gut.
Tja, sehe ich jetzt erst, dass die Auflösung nicht voll rüberkommt. Das war eine Doppelseite im Emscherboten und wie du siehst auch so layoutet, dass ich nicht genau eine Emscherbotenseite einscannen konnte, weil es dann voll durch den Text gegangen wäre.
Dann muss ich das wohl eher mit den einzelnen Spalten machen. Wird leider noch ein bißchen dauern. Allein das Zusammenfügen der Scans hat mich gestern den ganzen Abend gekostet.
Dann muss ich das wohl eher mit den einzelnen Spalten machen. Wird leider noch ein bißchen dauern. Allein das Zusammenfügen der Scans hat mich gestern den ganzen Abend gekostet.
Geboren im Jahre der Meisterschaft - nicht wie ihr alle denkt, sondern 3 Jahre früher!
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Emscherboten 2. Staffel Heft 10
Hier zunächst das Interview aus dem Emscherboten 2. Staffel Heft 10:
EMSCHERBOTE
SEITE 8
AKTIONISMUS UND PERSPEKTIVE
Gespräch mit den Hausbesetzern
Emscherbote: Was ist geplant im besetzten Haus ?
D: Wir haben erstmal alle Initiativen für den 11. Sept. eingeladen. Es geht uns primär darum, daß wir abchecken können, inwieweit wir Unterstützung von den einzelnen Initiativen bekommen.
M: Ich will das mal weitergeben an die Initiativen, daß gerade die sich nicht nur immer um ihre eigenen Probleme kümmern, Anti-AKW, Menschliche Stadt, die Grünen, sondern sich auch an einem Autonomen Kulturhaus beteiligen und nicht nur ihren Scheuklappenweg gehen.
EB: Wie stellt ihr euch das vor, wie das hier im Haus weitergeht ? Finanzen, technische Anlagen, Heizung wenn es jetzt auf den Winter zugeht.
S: Da brauchen wir erst mal eine Menge Leute, um überhaupt irgendwelche Vorstellungen zu entwickeln. Momentan sieht das ja so aus, daß wir jeden Tag hier rausfliegen können. Und da ist jede Planung, wie das hier finanziert werden soll, unnütze Energieaufwendung.
M: Es sind ein paar Kamine da, an denen man Öfen anschließen kann. Das würde von daher gehen, denn die Heizungsanlage ist für`n Auspuff.
D: Wir haben vor, die 2. Etage als Wohnetage einzurichten. Da können mindestens 20 -30 Leute drin wohnen. Und die können 50 DM Miete bezahlen. Mit 1500 DM kommt man für die Heizung wohl hin und den Rest kann man über Veranstaltungen und Bierverkauf reinkriegen.
M: Die Investitionen für die Heizungsanlage würde ich weniger als Problem ansehen, als die Installation.
EB: Ich halte es für illusorisch, einen total autonomen Freiraum, vor allem in so einem großen Haus über längere Zeit aufrecht zu erhalten.
M: Den Zeitraum, den wir autonom, d.h. ohne Gelder von Stadt oder Landschaftsverband, aushalten, der braucht nur so lange dauern, bis wir bewiesen haben, daß wir das autonom machen können. Dann können wir fordern und uns nicht weiter selbst ausbeuten. Die Arbeit für das Kulturzentrum muß dann bezahlt werden, weil die Sache irgendwie wichtig ist für Gelsenkirchen.
EB: Damit überseht ihr aber die Gefahr, daß euch dann vorgehalten wird, daß es eine Zeit lang gut geht, aber dann liegt es genauso kaputt da wie das KOMIC.
M: Die Gefahr seh ich auch.
EB: Ich habe schon mehrfach hier gehört, ihr könnt euch nicht mit dem KOMIC identifizieren. Dabei ist die Zielsetzung, eben die einer Kulturinitiative, ziemlich die gleiche. Um sich also so einer Argumentation der Stadt zu entziehen, wäre doch zu überlegen, in wie weit ihr nicht mit dem Verein KOMIC zusammenarbeiten könnt, um diese besseren Räumlichkeiten zu nutzen.
M: Würd ich voll unterstützen.
D: Ich glaub auch, daß die Zielsetzung durchaus mit unserer übereinstimmt, aber ich weiß gar nicht, was wir jetzt dazu sagen sollen. Da haben wir uns selbst noch nicht drüber unterhalten.
EB: Früher war im KOMIC genügend Mitarbeit da, aber dann griff eine starke Konsumhaltung um sich. Wie wollt ihr das verhindern ?
D: Ich glaube, das Problem ist im KOMIC ganz anders gelaufen. Wie es Haus der Offenen Tür wurde, war auf einmal der Stab fester Mitarbeiter da. Da sagten die Besucher: "Wenn die da sind, warum sollte ich da auch noch was machen ?" Und genau den Fehler sollten wir hier vermeiden und denen niemand vorsetzen, auf den sie das abwälzen können.
EB: Wie wollt ihr das ändern, wenn hier Leute dabei sind, die auch im KOMIC waren und da sporadisch mitgearbeitet haben und dann die Arbeit eingestellt haben ?
D: Wir wollen das z.B. ändern, in dem hier auch Leute wohnen und somit ein viel besserer Kontakt zustande kommt.
M: Ich halte das für einen wesentlichen Punkt, obwohl auch eine starke Fluktuation herrschen wird.
EB: Was ihr immer wieder beklagt, ist die mangelhafte Unterstützung durch die Gelsenkirchner Scene. Wie erklärt ihr euch das ?
S: Wenn ich zu den Leuten komme und frage, warum die nicht mitmachen, dann krieg ich nur zu hören: "da sind ja nur Chaoten." Die sind einfach nicht mehr fähig, sich normal mit Leuten zu unterhalten, wenn es nicht um ideologische Sachen geht. Wenn wir hier `ne Lesung der Marx-Engels-Gesellschaft machen würden, dann wären die Leute hier. Die wissen überhaupt nicht, was politische Arbeit heißt (diese Ungebildeten/der Tipper) ...
SEITE 9
D: Die Gelsenkirchner Scene hat nur ein paar Initreffs und die paar Kneipen, in denen sie sich zurückzieht. Die baut einfach nix mehr auf. Die treffen sich nur noch und quatschen. Dann machen sie mal ein Anti-KKW-Fest und dann mal `ne Zeitung, dann fahren sie mal nach Brokdorf und sonst nichts mehr. Und das ist für mich kein politischer Kampf, der da produziert wird. Da steckt mehr dahinter: da steckt Leben hinter, da steckt Spaß hinter und nicht nur jeden Abend in die Kneipe gehen und jeden 2. Tag auf ein Initreffen gehen.
EB: Dem möchte ich auf der anderen Seite entgegen halten, daß euch Aktionismus vorgehalten wird, daß bei euch die Perspektive vermißt wird und daß man von daher sagt, daß es eh nicht hinhauen wird. Es heißt: "Die wissen gar nicht richtig, was sie wollen, wie das in den nächsten 2 Monaten weitergehen wird...
D: Das wissen wir ja auch nicht !
EB: ... auf der anderen Seite ist da in der Gelsenkirchner Scene ein ganz anderer Arbeitsstil, auch wenn sicherlich auch mal eine Portion Aktionismus fehlt.
D: Wenn die Gelsenkirchner Scene sich nur irgendwo reinhängt, wo sie genau weiß, das läuft jetzt und die und die Perspektiven sind da, dann find ich das ganz schön traurig.
U: Wenn ich ein Anti-AKW-Mensch bin, dann hab ich was, wofür ich arbeiten kann. Es ist zwar weit weg, aber ich vertret was. Ich arbeite für Sachen, die in der Zukunft passieren. Das Haus ist aktuell. Und die wenigsten Leute sind in der Lage, an einem aktuellen Projekt zu arbeiten. Anti-AKW ist immer noch irgendwie utopisch. Das ist unglaublich viel Papier und Flugblatt und mal hinfahren irgendwann, während das Hau jeden tag aktuell ist und es ist immer hier und es kann jeden Tag hier gearbeitet werden.
EB: Dem kann ich entgegen halten: ohne Arbeit, die sich in die Zukunft richtet, stehst du auf einmal dumm da, wenn du hier auch mit Scheuklappen in den Tag hineinarbeitest. Wenn nicht die Menschlichere Stadt für die nächsten 5 Jahre hier in Gelsenkirchen was macht und die Grünen was für die Umweltpolitik bis zum Ende des Jahrhunderts, die also ihre politische Arbeit auf die Zukunft richten, dann fehlen dir auf einmal die Rahmenbedingungen, um hier im besetzten Haus weiterarbeiten zu können.
U: Ich hab ja nicht gemeint, daß für die Zukunft zu arbeiten Scheiße ist, aber ich meine nur, n u r für die Zukunft zu arbeiten, ist Quatsch. Das, was an aktuellen Sachen laufen kann, wird nicht ausgenutzt.
M: Es ist ja auch anders, als bei bei einer reinen Wohnraumbesetzung. Hier gibt es über Kultur und Politik viel mehr Berührungspunkte zu den Initiativen.
EB: Das Problem ist doch aber auch, wenn - konsequent weitergedacht - ihr verlangt, daß sich die Gelsenkirchner Scene mit hier einklinkt und mitrödelt. Dann sagen die aber auch, daß ihre eigentliche Arbeit droht, da unterzugehen und daher die Vorbehalte kommen und die Initiativen von daher auch wenig Perspektive sehen.
M: Aber da ist doch auch eine Wechselwirkung. Da machen vielleicht dann auch Leute mit, die hier eine Initiative tagen sehen.
U: Es geht darum, daß der Anspruch eines Kulturhauses gerechtfertigt wird, und zwar dadurch, daß jeder seinen Teil zu dieser Kultur beiträgt.
D: Die Unterstützung durch die Nachbarn ist wesentlich größer als die von der Gelsenkirchner Scene und das ist irgendwie deprimirend.
EB: Die 68er haben den 76er Spontis vorgeworfen, wie theoriefeindlich sie wären. Und die 76er werfen den 81ern erst recht vor, daß sie die 80er perspektivlos angehen mit "no future" und Aktionismus. Das scheint mir der Konflikt zu sein, warum für euch die Unterstützung ausbleibt. Und auch wenn ihr den Initiativen einen stringenten, sicherlich auch ein bißchen lustfeindlichen Arbeitsstil vorwerft, vermiß ich bei euch einen Arbeitsstil, der durchaus auch unangenehme Arbeiten erledigen muß, theoretischen und Verwaltungskram, der notwendig ist.
D: Das können wir erst, wenn wir von der Scene unterstützt werden.
M: Die Bewegung kommt mehr aus dem Bauch, als aus dem Kopf. Von daher kannst du nicht erwarten, daß sich der Bauch sehr theoretisch äußert.
EB: Aber das Verhältnis zwischen Bauch und Kopf find ich nicht gesund.
M: Das ist natürlich ein Problem. Der Punk kommt sehr tief vom Bauch. Und da eine Verbindung zu schaffen, die selbst die alten Knacker nicht geschafft haben, werden wir auch nicht schaffen. Man muß es immer wieder versuchen.
EB: Die Leute, die hier drin sind, haben, glaub ich, schon begriffen, wenn auch teilweise noch unbewußt, daß sie hier einen Freiraum brauchen, um unkommerziell Kultur auszuleben und frei von Bevormundung sein wollen. Letztendlich ist ...
SEITE 10
... das nichts anderes, als was auch schon die Ziele der Jugendzentrumsbewegung Anfang der 70er war. Nur haben hier Leute aus lauter Aversion gegen die notwendige Organisations- und Verwaltungsarbeit, die z.B. das KOMIC mit sich brachte, große Bauchschmerzen und sie kapieren nicht, daß da eine bestimmte Mischung vorhanden sein muß.
D: Und das kapiert die Scene auch nicht, daß eine Mischung vorhanden sein muß. Die sagen: "Solange da solche Chaoten drin sind, kommen wir nicht da rein."
M: Wir bemühen uns darum. Nur das ist keine Sache von 14 Tagen.
EB: Auf der anderen Seite ist es ja auch so, daß da Leute bei euch sind, die einfach nur ihre Bedürfnisse ausleben wollen und sagen: "Hauptsache, wir haben den Freiraum." und sich nicht drum kümmern, daß andere Leute hier in der Stadt fleißig weiter in die Disco gehen und konsumieren oder deren Eltern weiter vor der Glotze hängen und auf die "zündelnen Berater" in der Auguststr. schimpfen. Dagegen richtet sich politische Arbeit in dieser Stadt, in dem sie versucht, auch ein bißchen Breitenwirkung zu erzielen. Da scheint mir hier im besetzten Haus eine große große Aversion zu herrschen, wo es den Leuten nur darum geht, s i c h selbst zu verwirklichen und kaum noch nach außen zu gehen und zu kritisieren, was an Kultur in dieser Stadt kaputt ist.
M: Von den Punks wird das Haus noch zu sehr ausgenutzt als genutzt. Und von den Besuchern aus der linken Scene, die das hier mal besucht haben, wird das Haus auch nur ausgenutzt. Aber wir brauchen auch Leute, die hier ein bißchen kontinuierlich arbeiten und Ordnung reinbringen. Die sind wichtig, die Leute.
U: "Breitenwirkung" ist doch so`n Scheiß-DKP-Traum, irgendwie massenfreundlich zu sein. Wieso muß man massenfreundlich sein ?
M: Um politisch was zu erreichen.
EB: Du willst doch hier ein Modell leben. Wie willst du denn den Leuten das Modell vermitteln. Das ist doch auch das Problem, daß das in deinem Text für den EMSCHERBOTEN nicht durchkommt. Du schreibst einen Text und kümmerst dich letztendlich einen Dreck darum, daß du verstanden wirst.
U: Das ist nicht wahr ! Der ist wirklich so einfach gehalten, wie es geht. Wenn ihr mir hier euren sprachlichen Konsenszwang aufdrücken wollt, dann sperr ich ich dagegen !
M: Du fragst dauernd, wie wollen w i r das vermitteln. Das ist nicht unsere Aufgabe. Da müssen die anderen auch mitmachen.
EB: Ist die Hausbesetzung denn dann Selbstzweck ??
U: Auch, natürlich !
EB: Also Selbstzweck. Was willst du denn darüberhinaus erreichen ?
U: Lebensselbstzweck. Es gibt nur Leben für sich selbst.
M: Wir haben hier einen Freiraum geschaffen und den muß man auch ausnutzen. Und das kann man den anderen anbieten. Wobei die beste Möglichkeit wohl ist, mal einen Schlafsck zu schnappen und eine Woche hier zu pennen. Alles, was du von den Leuten hörst, die noch nicht hier geschlafen haben, kannst du vergessen. Die haben uns noch nicht am Frühstückstisch gesehen. Mit einem Flugblatt kann man denen das gar nicht beibringen.
EB: Aber das Problem, worauf ich vielleicht auch die mangelhafte Unterstützung durch die Gelsenkirchner Scene zurückführe, ist, daß die gar nicht wissen, was ihr euch für Auswirkungen auf das gesamte Leben in dieser Stadt, nicht nur auf die Scene, versprecht. Ihr habt hier ein Haus besetzt und das ist schon Kritik an den Zuständen. Aber was wollt ihr an Alternativen zu den Zuständen hier anbieten, außer, daß ihr sagt, das läuft hier alles Scheiße ?
D: Daß hier jeder mitarbeiten kann, daß sie sehen, da tut sich was. Warum können wir das nicht auch bei uns in der Straße machen ?
M: Das wir erstmal was tun, ist doch wichtig.
D: Wenn du mal hier ein Straßenfest machst, und die Leute sehen das, dann können die das in ihrer Straße auch mal machen, aber sie wissen nicht, wie sie das organisieren sollen.
U: Ich habe irgendwie das Gefühl, du willst irgendwas sehen. Bevor das Haus hier besetzt wurde, gab es nichts in Gelsenkirchen. Das braucht seine Zeit und du willst alles sofort und das geht nicht. Sei zufrieden, daß was läuft.
EB: Ich bin nicht zufrieden, daß i r g e n d w a s läuft, ich bin erst zufrieden, wenn ich weiß, w a s da läuft. Wie habt ihr euch das denn vorgestellt, wie die Arbeit weitergeht, wenn hier geräumt ist?
M: Es gibt auch noch andere Häuser.
EB (stöhnend): und wenn ihr aus dem nächsten und noch 3 Häusern geflogen seid ?
SEITE 11
M: Das ist eine hypothetische Frage.
EB: Absolut nicht! Mir geht es darum, wie es weitergeht, wenn ihr euren Aktionismus nicht mehr beim Wände streichen austoben könnt und ihr als kulturpolitische Initiative ohne Haus weitermachen wollt, die z.B. in anderen Räumlichkeiten ihre Veranstaltungen durchziehen will, das Autonome Kulturhaus als Konzept weiterverfolgt und nicht nur aktionistisch vor sich hinrödelt.
H: Dann besetzen wir das KOMIC !
EB: Wie wollt ihr inhaltlich weiterarbeiten ?
(Schweigen)
U: Wir wollen eine andere Lebenskultur leben.
M: Wenn wir das Haus nicht mehr haben, müssen wir eben auf die Straße gehen und da arbeiten.
EB: Und wozu ?
M: Wir wollen leben, wir wollen zusammen arbeiten, wir wollen zusammen ein Fest organisieren.
D: Wir sind doch keine Partei und brauchen doch kein Parteiprogramm.
EB: Tja, da kommt die Perspektivlosigkeit doch ziemlich klar zum Ausdruck (na, atmest du auf? Haste endlich raus, was du wissen wolltest / der Tipperich)
D: Du schaffst dir erst eine Perspektive und gründest danach eine Gruppe. So ist das hier in der Gelsenkirchner Scene eben in der letzten Zeit immer gelaufen.
M: Wir wollen möglichst viel Leute dazu kriegen, daß sie begreifen, daß das, was sie wollen nicht das ist, was sie kriegen.
EB: Dann verhaltet ihr euch wie die Disco-Typen, die abends in die Disco gehen und sich die ganze Woche darauf freuen. Die sind dann happy, denn die leben, bloß wie !!!
D: Gerade das wollen wir verhindern, daß wir nur für uns leben. Wir leben mit anderen und für andere.
(Puh, endlich geschafft ! Und schöne Grüße an Günther Schulze, der bestreitet, das so`n Interview Arbeit ist und man nach der Arbeit befreit aufatmen darf. Wenn er meint, sein Job für MdB Poß wäre anstrengender dann macht er das bestimmt nicht in seiner Freizeit)
Jürgen
EMSCHERBOTE
SEITE 8
AKTIONISMUS UND PERSPEKTIVE
Gespräch mit den Hausbesetzern
Emscherbote: Was ist geplant im besetzten Haus ?
D: Wir haben erstmal alle Initiativen für den 11. Sept. eingeladen. Es geht uns primär darum, daß wir abchecken können, inwieweit wir Unterstützung von den einzelnen Initiativen bekommen.
M: Ich will das mal weitergeben an die Initiativen, daß gerade die sich nicht nur immer um ihre eigenen Probleme kümmern, Anti-AKW, Menschliche Stadt, die Grünen, sondern sich auch an einem Autonomen Kulturhaus beteiligen und nicht nur ihren Scheuklappenweg gehen.
EB: Wie stellt ihr euch das vor, wie das hier im Haus weitergeht ? Finanzen, technische Anlagen, Heizung wenn es jetzt auf den Winter zugeht.
S: Da brauchen wir erst mal eine Menge Leute, um überhaupt irgendwelche Vorstellungen zu entwickeln. Momentan sieht das ja so aus, daß wir jeden Tag hier rausfliegen können. Und da ist jede Planung, wie das hier finanziert werden soll, unnütze Energieaufwendung.
M: Es sind ein paar Kamine da, an denen man Öfen anschließen kann. Das würde von daher gehen, denn die Heizungsanlage ist für`n Auspuff.
D: Wir haben vor, die 2. Etage als Wohnetage einzurichten. Da können mindestens 20 -30 Leute drin wohnen. Und die können 50 DM Miete bezahlen. Mit 1500 DM kommt man für die Heizung wohl hin und den Rest kann man über Veranstaltungen und Bierverkauf reinkriegen.
M: Die Investitionen für die Heizungsanlage würde ich weniger als Problem ansehen, als die Installation.
EB: Ich halte es für illusorisch, einen total autonomen Freiraum, vor allem in so einem großen Haus über längere Zeit aufrecht zu erhalten.
M: Den Zeitraum, den wir autonom, d.h. ohne Gelder von Stadt oder Landschaftsverband, aushalten, der braucht nur so lange dauern, bis wir bewiesen haben, daß wir das autonom machen können. Dann können wir fordern und uns nicht weiter selbst ausbeuten. Die Arbeit für das Kulturzentrum muß dann bezahlt werden, weil die Sache irgendwie wichtig ist für Gelsenkirchen.
EB: Damit überseht ihr aber die Gefahr, daß euch dann vorgehalten wird, daß es eine Zeit lang gut geht, aber dann liegt es genauso kaputt da wie das KOMIC.
M: Die Gefahr seh ich auch.
EB: Ich habe schon mehrfach hier gehört, ihr könnt euch nicht mit dem KOMIC identifizieren. Dabei ist die Zielsetzung, eben die einer Kulturinitiative, ziemlich die gleiche. Um sich also so einer Argumentation der Stadt zu entziehen, wäre doch zu überlegen, in wie weit ihr nicht mit dem Verein KOMIC zusammenarbeiten könnt, um diese besseren Räumlichkeiten zu nutzen.
M: Würd ich voll unterstützen.
D: Ich glaub auch, daß die Zielsetzung durchaus mit unserer übereinstimmt, aber ich weiß gar nicht, was wir jetzt dazu sagen sollen. Da haben wir uns selbst noch nicht drüber unterhalten.
EB: Früher war im KOMIC genügend Mitarbeit da, aber dann griff eine starke Konsumhaltung um sich. Wie wollt ihr das verhindern ?
D: Ich glaube, das Problem ist im KOMIC ganz anders gelaufen. Wie es Haus der Offenen Tür wurde, war auf einmal der Stab fester Mitarbeiter da. Da sagten die Besucher: "Wenn die da sind, warum sollte ich da auch noch was machen ?" Und genau den Fehler sollten wir hier vermeiden und denen niemand vorsetzen, auf den sie das abwälzen können.
EB: Wie wollt ihr das ändern, wenn hier Leute dabei sind, die auch im KOMIC waren und da sporadisch mitgearbeitet haben und dann die Arbeit eingestellt haben ?
D: Wir wollen das z.B. ändern, in dem hier auch Leute wohnen und somit ein viel besserer Kontakt zustande kommt.
M: Ich halte das für einen wesentlichen Punkt, obwohl auch eine starke Fluktuation herrschen wird.
EB: Was ihr immer wieder beklagt, ist die mangelhafte Unterstützung durch die Gelsenkirchner Scene. Wie erklärt ihr euch das ?
S: Wenn ich zu den Leuten komme und frage, warum die nicht mitmachen, dann krieg ich nur zu hören: "da sind ja nur Chaoten." Die sind einfach nicht mehr fähig, sich normal mit Leuten zu unterhalten, wenn es nicht um ideologische Sachen geht. Wenn wir hier `ne Lesung der Marx-Engels-Gesellschaft machen würden, dann wären die Leute hier. Die wissen überhaupt nicht, was politische Arbeit heißt (diese Ungebildeten/der Tipper) ...
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D: Die Gelsenkirchner Scene hat nur ein paar Initreffs und die paar Kneipen, in denen sie sich zurückzieht. Die baut einfach nix mehr auf. Die treffen sich nur noch und quatschen. Dann machen sie mal ein Anti-KKW-Fest und dann mal `ne Zeitung, dann fahren sie mal nach Brokdorf und sonst nichts mehr. Und das ist für mich kein politischer Kampf, der da produziert wird. Da steckt mehr dahinter: da steckt Leben hinter, da steckt Spaß hinter und nicht nur jeden Abend in die Kneipe gehen und jeden 2. Tag auf ein Initreffen gehen.
EB: Dem möchte ich auf der anderen Seite entgegen halten, daß euch Aktionismus vorgehalten wird, daß bei euch die Perspektive vermißt wird und daß man von daher sagt, daß es eh nicht hinhauen wird. Es heißt: "Die wissen gar nicht richtig, was sie wollen, wie das in den nächsten 2 Monaten weitergehen wird...
D: Das wissen wir ja auch nicht !
EB: ... auf der anderen Seite ist da in der Gelsenkirchner Scene ein ganz anderer Arbeitsstil, auch wenn sicherlich auch mal eine Portion Aktionismus fehlt.
D: Wenn die Gelsenkirchner Scene sich nur irgendwo reinhängt, wo sie genau weiß, das läuft jetzt und die und die Perspektiven sind da, dann find ich das ganz schön traurig.
U: Wenn ich ein Anti-AKW-Mensch bin, dann hab ich was, wofür ich arbeiten kann. Es ist zwar weit weg, aber ich vertret was. Ich arbeite für Sachen, die in der Zukunft passieren. Das Haus ist aktuell. Und die wenigsten Leute sind in der Lage, an einem aktuellen Projekt zu arbeiten. Anti-AKW ist immer noch irgendwie utopisch. Das ist unglaublich viel Papier und Flugblatt und mal hinfahren irgendwann, während das Hau jeden tag aktuell ist und es ist immer hier und es kann jeden Tag hier gearbeitet werden.
EB: Dem kann ich entgegen halten: ohne Arbeit, die sich in die Zukunft richtet, stehst du auf einmal dumm da, wenn du hier auch mit Scheuklappen in den Tag hineinarbeitest. Wenn nicht die Menschlichere Stadt für die nächsten 5 Jahre hier in Gelsenkirchen was macht und die Grünen was für die Umweltpolitik bis zum Ende des Jahrhunderts, die also ihre politische Arbeit auf die Zukunft richten, dann fehlen dir auf einmal die Rahmenbedingungen, um hier im besetzten Haus weiterarbeiten zu können.
U: Ich hab ja nicht gemeint, daß für die Zukunft zu arbeiten Scheiße ist, aber ich meine nur, n u r für die Zukunft zu arbeiten, ist Quatsch. Das, was an aktuellen Sachen laufen kann, wird nicht ausgenutzt.
M: Es ist ja auch anders, als bei bei einer reinen Wohnraumbesetzung. Hier gibt es über Kultur und Politik viel mehr Berührungspunkte zu den Initiativen.
EB: Das Problem ist doch aber auch, wenn - konsequent weitergedacht - ihr verlangt, daß sich die Gelsenkirchner Scene mit hier einklinkt und mitrödelt. Dann sagen die aber auch, daß ihre eigentliche Arbeit droht, da unterzugehen und daher die Vorbehalte kommen und die Initiativen von daher auch wenig Perspektive sehen.
M: Aber da ist doch auch eine Wechselwirkung. Da machen vielleicht dann auch Leute mit, die hier eine Initiative tagen sehen.
U: Es geht darum, daß der Anspruch eines Kulturhauses gerechtfertigt wird, und zwar dadurch, daß jeder seinen Teil zu dieser Kultur beiträgt.
D: Die Unterstützung durch die Nachbarn ist wesentlich größer als die von der Gelsenkirchner Scene und das ist irgendwie deprimirend.
EB: Die 68er haben den 76er Spontis vorgeworfen, wie theoriefeindlich sie wären. Und die 76er werfen den 81ern erst recht vor, daß sie die 80er perspektivlos angehen mit "no future" und Aktionismus. Das scheint mir der Konflikt zu sein, warum für euch die Unterstützung ausbleibt. Und auch wenn ihr den Initiativen einen stringenten, sicherlich auch ein bißchen lustfeindlichen Arbeitsstil vorwerft, vermiß ich bei euch einen Arbeitsstil, der durchaus auch unangenehme Arbeiten erledigen muß, theoretischen und Verwaltungskram, der notwendig ist.
D: Das können wir erst, wenn wir von der Scene unterstützt werden.
M: Die Bewegung kommt mehr aus dem Bauch, als aus dem Kopf. Von daher kannst du nicht erwarten, daß sich der Bauch sehr theoretisch äußert.
EB: Aber das Verhältnis zwischen Bauch und Kopf find ich nicht gesund.
M: Das ist natürlich ein Problem. Der Punk kommt sehr tief vom Bauch. Und da eine Verbindung zu schaffen, die selbst die alten Knacker nicht geschafft haben, werden wir auch nicht schaffen. Man muß es immer wieder versuchen.
EB: Die Leute, die hier drin sind, haben, glaub ich, schon begriffen, wenn auch teilweise noch unbewußt, daß sie hier einen Freiraum brauchen, um unkommerziell Kultur auszuleben und frei von Bevormundung sein wollen. Letztendlich ist ...
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... das nichts anderes, als was auch schon die Ziele der Jugendzentrumsbewegung Anfang der 70er war. Nur haben hier Leute aus lauter Aversion gegen die notwendige Organisations- und Verwaltungsarbeit, die z.B. das KOMIC mit sich brachte, große Bauchschmerzen und sie kapieren nicht, daß da eine bestimmte Mischung vorhanden sein muß.
D: Und das kapiert die Scene auch nicht, daß eine Mischung vorhanden sein muß. Die sagen: "Solange da solche Chaoten drin sind, kommen wir nicht da rein."
M: Wir bemühen uns darum. Nur das ist keine Sache von 14 Tagen.
EB: Auf der anderen Seite ist es ja auch so, daß da Leute bei euch sind, die einfach nur ihre Bedürfnisse ausleben wollen und sagen: "Hauptsache, wir haben den Freiraum." und sich nicht drum kümmern, daß andere Leute hier in der Stadt fleißig weiter in die Disco gehen und konsumieren oder deren Eltern weiter vor der Glotze hängen und auf die "zündelnen Berater" in der Auguststr. schimpfen. Dagegen richtet sich politische Arbeit in dieser Stadt, in dem sie versucht, auch ein bißchen Breitenwirkung zu erzielen. Da scheint mir hier im besetzten Haus eine große große Aversion zu herrschen, wo es den Leuten nur darum geht, s i c h selbst zu verwirklichen und kaum noch nach außen zu gehen und zu kritisieren, was an Kultur in dieser Stadt kaputt ist.
M: Von den Punks wird das Haus noch zu sehr ausgenutzt als genutzt. Und von den Besuchern aus der linken Scene, die das hier mal besucht haben, wird das Haus auch nur ausgenutzt. Aber wir brauchen auch Leute, die hier ein bißchen kontinuierlich arbeiten und Ordnung reinbringen. Die sind wichtig, die Leute.
U: "Breitenwirkung" ist doch so`n Scheiß-DKP-Traum, irgendwie massenfreundlich zu sein. Wieso muß man massenfreundlich sein ?
M: Um politisch was zu erreichen.
EB: Du willst doch hier ein Modell leben. Wie willst du denn den Leuten das Modell vermitteln. Das ist doch auch das Problem, daß das in deinem Text für den EMSCHERBOTEN nicht durchkommt. Du schreibst einen Text und kümmerst dich letztendlich einen Dreck darum, daß du verstanden wirst.
U: Das ist nicht wahr ! Der ist wirklich so einfach gehalten, wie es geht. Wenn ihr mir hier euren sprachlichen Konsenszwang aufdrücken wollt, dann sperr ich ich dagegen !
M: Du fragst dauernd, wie wollen w i r das vermitteln. Das ist nicht unsere Aufgabe. Da müssen die anderen auch mitmachen.
EB: Ist die Hausbesetzung denn dann Selbstzweck ??
U: Auch, natürlich !
EB: Also Selbstzweck. Was willst du denn darüberhinaus erreichen ?
U: Lebensselbstzweck. Es gibt nur Leben für sich selbst.
M: Wir haben hier einen Freiraum geschaffen und den muß man auch ausnutzen. Und das kann man den anderen anbieten. Wobei die beste Möglichkeit wohl ist, mal einen Schlafsck zu schnappen und eine Woche hier zu pennen. Alles, was du von den Leuten hörst, die noch nicht hier geschlafen haben, kannst du vergessen. Die haben uns noch nicht am Frühstückstisch gesehen. Mit einem Flugblatt kann man denen das gar nicht beibringen.
EB: Aber das Problem, worauf ich vielleicht auch die mangelhafte Unterstützung durch die Gelsenkirchner Scene zurückführe, ist, daß die gar nicht wissen, was ihr euch für Auswirkungen auf das gesamte Leben in dieser Stadt, nicht nur auf die Scene, versprecht. Ihr habt hier ein Haus besetzt und das ist schon Kritik an den Zuständen. Aber was wollt ihr an Alternativen zu den Zuständen hier anbieten, außer, daß ihr sagt, das läuft hier alles Scheiße ?
D: Daß hier jeder mitarbeiten kann, daß sie sehen, da tut sich was. Warum können wir das nicht auch bei uns in der Straße machen ?
M: Das wir erstmal was tun, ist doch wichtig.
D: Wenn du mal hier ein Straßenfest machst, und die Leute sehen das, dann können die das in ihrer Straße auch mal machen, aber sie wissen nicht, wie sie das organisieren sollen.
U: Ich habe irgendwie das Gefühl, du willst irgendwas sehen. Bevor das Haus hier besetzt wurde, gab es nichts in Gelsenkirchen. Das braucht seine Zeit und du willst alles sofort und das geht nicht. Sei zufrieden, daß was läuft.
EB: Ich bin nicht zufrieden, daß i r g e n d w a s läuft, ich bin erst zufrieden, wenn ich weiß, w a s da läuft. Wie habt ihr euch das denn vorgestellt, wie die Arbeit weitergeht, wenn hier geräumt ist?
M: Es gibt auch noch andere Häuser.
EB (stöhnend): und wenn ihr aus dem nächsten und noch 3 Häusern geflogen seid ?
SEITE 11
M: Das ist eine hypothetische Frage.
EB: Absolut nicht! Mir geht es darum, wie es weitergeht, wenn ihr euren Aktionismus nicht mehr beim Wände streichen austoben könnt und ihr als kulturpolitische Initiative ohne Haus weitermachen wollt, die z.B. in anderen Räumlichkeiten ihre Veranstaltungen durchziehen will, das Autonome Kulturhaus als Konzept weiterverfolgt und nicht nur aktionistisch vor sich hinrödelt.
H: Dann besetzen wir das KOMIC !
EB: Wie wollt ihr inhaltlich weiterarbeiten ?
(Schweigen)
U: Wir wollen eine andere Lebenskultur leben.
M: Wenn wir das Haus nicht mehr haben, müssen wir eben auf die Straße gehen und da arbeiten.
EB: Und wozu ?
M: Wir wollen leben, wir wollen zusammen arbeiten, wir wollen zusammen ein Fest organisieren.
D: Wir sind doch keine Partei und brauchen doch kein Parteiprogramm.
EB: Tja, da kommt die Perspektivlosigkeit doch ziemlich klar zum Ausdruck (na, atmest du auf? Haste endlich raus, was du wissen wolltest / der Tipperich)
D: Du schaffst dir erst eine Perspektive und gründest danach eine Gruppe. So ist das hier in der Gelsenkirchner Scene eben in der letzten Zeit immer gelaufen.
M: Wir wollen möglichst viel Leute dazu kriegen, daß sie begreifen, daß das, was sie wollen nicht das ist, was sie kriegen.
EB: Dann verhaltet ihr euch wie die Disco-Typen, die abends in die Disco gehen und sich die ganze Woche darauf freuen. Die sind dann happy, denn die leben, bloß wie !!!
D: Gerade das wollen wir verhindern, daß wir nur für uns leben. Wir leben mit anderen und für andere.
(Puh, endlich geschafft ! Und schöne Grüße an Günther Schulze, der bestreitet, das so`n Interview Arbeit ist und man nach der Arbeit befreit aufatmen darf. Wenn er meint, sein Job für MdB Poß wäre anstrengender dann macht er das bestimmt nicht in seiner Freizeit)
Jürgen
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DRECK SPASS TRÄNEN FARBE und PERSPEKTIVEN
Emscherboten 2. Staffel Heft 12:
DRECK SPASS TRÄNEN FARBE und PERSPEKTIVEN
DIE RHEINELBESTRASSE LEBT
Autonomes Kulturhaus Rheinelbestraße.
Seit 12 Wochen bin ich jetzt Hausbesetzer. Das Haus, was ist das ? Nur eine Überschrift, mehr, weniger ? Gestern Nacht wurde die Tür vom vegetarischen Restaurant eingetreten, vermutlich um an das eingeschlossene Bier heran zu kommen. Ich habe angefangen das Schloß provisorisch zu reparieren. Im Kopf schon wieder Gedanken von Aufgabe, von Wut ... Probleme !?
Wer hat die nunmal nicht, bei uns wirken sie sich nur besonders stark aus. Werkzeug, das über Wochen von uns angeschleppt worden ist, wird ständig geklaut. Keiner weiß welche Typen das machen. Nichts ist mehr da und da macht sich schnell Resignation breit. Im Moment sind im Haus nur 7 Leute. Wir überlegen was noch so zu tun ist, aber ohne Materialien ist keine Arbeit abzuschließen. Wir klopfen erstmal Löcher in die Wände, aber nicht aus Wut und Verzweiflung, sondern um die mittlerweile eingetroffenen Öfen an die Kamine anzuschließen. Ein anderer streicht im geplanten Cafe die Wände, gefegt wird auch. Überhaupt wird zur Zeit viel saubergemacht. Fast täglich fällt aufs neue Dreck an und dann steht der Bau ja auch schon 6 Jahre leer. In irgendwelchen Ecken liegt eigentlich immer was herum. Auf einer Vollversammlung haben wir eigentlich mal beschlossen den ganzen Bau von oben bis unten gründlich zu reinigen. Irgendwie hat es noch nicht geklappt, weil oft zu wenig Leute da sind um die Aktion erfolgreich durchzuziehen. So um fünf wird es jetzt auch schon dämmerig, sodaß dann fast nichts mehr zu reißen ist. Es ist viel zu tun, da muß auch ständig für Bier und andere Getränke gesorgt werden, da das im Augenblick die einzige Einnahmequelle ist. Das Restaurant ist wegen "Umbau" zur Zeit geschlossen.
Mittlerweile ist es dunkel und Kerzen müssen überall aufgestellt werden. Wenn man im Moment so dasitzt dann wird es einem auch arschkalt. Trotzdem wird es abends immer etwas voller. Ein paar Punks tauchen auf, wollen heute abend hier herumfeten. So ist es fast jeden Tag im Haus, es ist nicht viel los, da wird mehr oder weniger produktiv gewurstelt, ohne das es in dem riesigen Gebäude auffällt.
Abends bleibt oft Zeit für kleine Rückblicke, von wegen Entwicklung, den Tränen und dem Spaß.
Damals, nach der offiziellen Schließung des selbstverwalteten Jugendzentrums Komik überlegten sich einige von uns, daß ja wohl in Gelsenkirchen nun voll und ganz ein Haus in Selbstverwaltung fehlen würde. Selbstverwaltet, weil wir keinen Bock haben uns von irgendwelchen Institutionen vorschreiben zu lassen, was wir tun, bzw. zu lassen haben. Vorgefertigte Freizeitangebote regen nicht zur eigenen Initiative an und lassen Kreativität von Leuten erst gar nicht aufkommen. Ganz zu schweigen von politischen und kulturellen Gruppen die in bestehenden Häusern nicht aufgenommen werden, weil sie angeblich untragbar sind. Für uns soll alles möglich sein, was irgendwie etwas damit zu tun hat, gegen Beton, Bürokraten und Umweltzerstörung anzugehen. Also irgendwie weg vom bestehenden Konsumscheiß.
Die Sichtung leerstehender Häuser in Gelsenkirchen fiel uns nicht sonderlich schwer und so kamen wir auch schnell auf das ehemalige Straßenverkehrsamt in der Rheinelbestraße. Beim ersten Einstieg um die Räumlichkeiten etc. abzuchecken, alamierte allerdings ein übereifriger Nachbar sofort die Polizei. Also waren die freundlichen Helfer vorgewarnt, so daß von da an alles ziemlich schnell gehen mußte. Gesagt, getan, zwei Tage später waren noch einige "Exoten" und "Chaoten" informiert und die Besetzung ging am ersten Tag mit cirka zehn Leuten los. So spontan war das alles eigentlich nicht unbedingt gedacht, aber von viel Laberei halten wir Erstbesetzer eigentlich bis heute nicht viel. Es sei denn es geht um wichtige Sachen, die werden schon mal eingehend diskutiert und oft vor sich hergeschoben. Es gibt einiges was wir nicht so klar auf die Reihe bekommen (Wasserversorgung, Veranstaltungen ...). Vielleicht fehlen uns in einigen Punkten auch die Erfahrungen. Unsere Kritiker mögen dies bitte bedenken. Das Gefasel auf vielen Vollversammlungen geht uns oft selbst auf den Geist.
Zurück zu der Besetzung, das Zentrum einer kaum spürbaren Bewegung war also besetzt. Einige Transparente wurden provisorisch gemacht und aufgehangen, fertig ! Eine Absprache mit Gelsenkirchener Initiativen und der Szene fand im eigentlichen Sinne nicht statt, obwohl das Thema Hausbesetzungen in aller Munde war.
In unserer anfangs leichtsinnigen Überschätzung war uns doch schnell klar, daß ein Haus in der Größenordnung nicht nur für uns dasein konnte, sondern von möglichst vielen Leuten und Gruppen genutzt werden sollte. Irgendwo fehlte ein solches Haus und unsere spontane Aktion sollte eine Aktion für alle sein, so in dem Sinne miteinander am gleichen Haus ziehen. In den ersten Tagen und Wochen der Besetzung wuchs eigentlich die Zahl der Interessierten immer weiter an. Die Kneipe entstand, das vegetarische Restaurant, später der Inforaum und mehr. Der Ausbau an sich machte viel Spaß, besonders, wenn man streckenweise sehen konnte, wie es voran ging. Die erste Initiative die voll in das Haus einstieg war auch bald da, baute sich einen Homosexuellenraum auf, der bis heute einer der tollsten Räume im Haus ist.
Doch mit der Zeit stellten wir uns notgedrungen die Frage, wie läuft es eigentlich mit unserer Autonomie !? Viele Typen tauchten im Haus auf, für die wiederum das Haus nichts anderes war als eine Konsumanstalt. Dieses Problem haben wir bis heute noch nicht in den Griff bekommen, aber wer hat das schon geschafft. Dieses Neuland ist eine Herausforderung der wir bisher noch nicht gewachsen waren. In sogenannten öffentlichen Jugendhäusern mit der dicken Knete läufts auch nicht anders. Bei uns sieht man den Anspruch, ein "autonomes Kulturhaus" zu sein bei weitem noch nicht erfüllt. Wir überlegen uns, ob wir diesen Anspruch überhaupt noch aufrecht erhalten können, oder ob wir nicht vielmehr zunächst sehen müssen daß das Wohnen in der oberen Etage angenehmer wird, daß wir als erstes unsere Ideen verwirklicht werden können. Vielleicht müssen wir das Kulturhaus bis auf weiteres aus Mangel an Interesse (innerhalb wie außerhalb) schließen, obwohl das Gedanken sind die wir versuchen werden in der Zukunft überflüssig zu machen.
Mit cirka 15 aktiven Leuten können wir im Augenblick nicht alle unsere Ziele in die Tat umsetzen, das geht einfach nicht. Doch der Versuch etwas neues aufzubauen, ein Haus mit Hilfe von einfachsten Mitteln aufzupeppeln, dieser Versuch bleibt vorerst, auch wenn uns im Haus die Probleme fast über den Kopf wachsen. Da gibt es Leute die einfach so auf zerstören getrimmt sind, daß sie selbst vor Freiräumen ohne Repression und eigenen Sachen nicht Halt machen können. Das ist auch und vonwegen nur Wut im Bauch und no future.
Wir halten unsere Ideen für denkens- und lebenswert und werden sie versuchen zu praktizieren, trotz alledem !!!
Heulen ist nicht, auch, wenn wir fürwahr Gründe genug dazu hätten. Wir brauchen im Grunde auch keine weisen Ratschläge und schon lange kein Mitleid. Was wir brauchen und was wir uns wünschen sind vor allem Leute die an unserem Leben teilhaben wollen, die auch in schlechten Tagen, wenn der Frust kreist, uns Mut machen damit wir nicht resignieren. Das Haus kostet Kraft und zehrt an der Substanz auch der stärksten unter uns. Der Konflikt zwischen aktiven und inaktiven ist im Haus sehr stark da und reibt mit auf. Da wird es niemanden wundern, wenn wir ne Menge Idealismus haben müssen um ohne Wasser und Strom auf unbefristete Zeit zurande zu kommen. Das ist die Sache, daß einige das können und andere eben nicht. Viele von uns brauchen auch ne Menge Erfolgserlebnisse um konsequent weiterarbeiten zu können, andere kommen mit weniger aus.
Nunja, Gelsenkirchen wurde auch nicht über Nacht verschandelt und wenn wir den Winter überleben ist schon wieder ein wesentliches Stückchen "geschafft".
Falls einige von euch in der Szene oder einzelne uns ein bißchen unterstützen wollen, dann hört doch mal rum, ob ihr nicht irgendetwas organisieren könnt. Um einige Anhaltspunkte zu geben, kommt gleich so eine Art Materialliste.
Aufe Daua hilft nur Paua !!!!!
Hausbesetzer aus der Rheinelbestraße
Ja,ja, ja, wenn du so spontan überlegst, was du gebrauchen könntest, um ein Haus wieder in Schuß zu bringen, wirst du vielleicht auf folgendes Zeugs kommen. Vielleicht fällt dir auch mehr ein, dann können wir das bestimmt auch gebrauchen.
Folgende sachen werden bei uns mehr oder weniger dringend benötigt:
Farben aller Art
Bauholz
jede Art von Möbeln
Ofenrohre
Türglocke (2 Stck. so`ne Art Kuhglocke)
Werkzeug (große Teile, Hammer, Sägen ..)
Geschirr (Töpfe, Kannen ....)
Brennmaterial (Kohlen, Holz ...)
Handwerker
Mickey Maus hefte und andere Comiks für die Pausen
Blumen, Pflanzen
Bilder, Plakate
Öfen
Glasscheiben, Fensterkitt
Praktiker und Theoretiker (Berater)
Stoffe
und, und, und ....................
DRECK SPASS TRÄNEN FARBE und PERSPEKTIVEN
DIE RHEINELBESTRASSE LEBT
Autonomes Kulturhaus Rheinelbestraße.
Seit 12 Wochen bin ich jetzt Hausbesetzer. Das Haus, was ist das ? Nur eine Überschrift, mehr, weniger ? Gestern Nacht wurde die Tür vom vegetarischen Restaurant eingetreten, vermutlich um an das eingeschlossene Bier heran zu kommen. Ich habe angefangen das Schloß provisorisch zu reparieren. Im Kopf schon wieder Gedanken von Aufgabe, von Wut ... Probleme !?
Wer hat die nunmal nicht, bei uns wirken sie sich nur besonders stark aus. Werkzeug, das über Wochen von uns angeschleppt worden ist, wird ständig geklaut. Keiner weiß welche Typen das machen. Nichts ist mehr da und da macht sich schnell Resignation breit. Im Moment sind im Haus nur 7 Leute. Wir überlegen was noch so zu tun ist, aber ohne Materialien ist keine Arbeit abzuschließen. Wir klopfen erstmal Löcher in die Wände, aber nicht aus Wut und Verzweiflung, sondern um die mittlerweile eingetroffenen Öfen an die Kamine anzuschließen. Ein anderer streicht im geplanten Cafe die Wände, gefegt wird auch. Überhaupt wird zur Zeit viel saubergemacht. Fast täglich fällt aufs neue Dreck an und dann steht der Bau ja auch schon 6 Jahre leer. In irgendwelchen Ecken liegt eigentlich immer was herum. Auf einer Vollversammlung haben wir eigentlich mal beschlossen den ganzen Bau von oben bis unten gründlich zu reinigen. Irgendwie hat es noch nicht geklappt, weil oft zu wenig Leute da sind um die Aktion erfolgreich durchzuziehen. So um fünf wird es jetzt auch schon dämmerig, sodaß dann fast nichts mehr zu reißen ist. Es ist viel zu tun, da muß auch ständig für Bier und andere Getränke gesorgt werden, da das im Augenblick die einzige Einnahmequelle ist. Das Restaurant ist wegen "Umbau" zur Zeit geschlossen.
Mittlerweile ist es dunkel und Kerzen müssen überall aufgestellt werden. Wenn man im Moment so dasitzt dann wird es einem auch arschkalt. Trotzdem wird es abends immer etwas voller. Ein paar Punks tauchen auf, wollen heute abend hier herumfeten. So ist es fast jeden Tag im Haus, es ist nicht viel los, da wird mehr oder weniger produktiv gewurstelt, ohne das es in dem riesigen Gebäude auffällt.
Abends bleibt oft Zeit für kleine Rückblicke, von wegen Entwicklung, den Tränen und dem Spaß.
Damals, nach der offiziellen Schließung des selbstverwalteten Jugendzentrums Komik überlegten sich einige von uns, daß ja wohl in Gelsenkirchen nun voll und ganz ein Haus in Selbstverwaltung fehlen würde. Selbstverwaltet, weil wir keinen Bock haben uns von irgendwelchen Institutionen vorschreiben zu lassen, was wir tun, bzw. zu lassen haben. Vorgefertigte Freizeitangebote regen nicht zur eigenen Initiative an und lassen Kreativität von Leuten erst gar nicht aufkommen. Ganz zu schweigen von politischen und kulturellen Gruppen die in bestehenden Häusern nicht aufgenommen werden, weil sie angeblich untragbar sind. Für uns soll alles möglich sein, was irgendwie etwas damit zu tun hat, gegen Beton, Bürokraten und Umweltzerstörung anzugehen. Also irgendwie weg vom bestehenden Konsumscheiß.
Die Sichtung leerstehender Häuser in Gelsenkirchen fiel uns nicht sonderlich schwer und so kamen wir auch schnell auf das ehemalige Straßenverkehrsamt in der Rheinelbestraße. Beim ersten Einstieg um die Räumlichkeiten etc. abzuchecken, alamierte allerdings ein übereifriger Nachbar sofort die Polizei. Also waren die freundlichen Helfer vorgewarnt, so daß von da an alles ziemlich schnell gehen mußte. Gesagt, getan, zwei Tage später waren noch einige "Exoten" und "Chaoten" informiert und die Besetzung ging am ersten Tag mit cirka zehn Leuten los. So spontan war das alles eigentlich nicht unbedingt gedacht, aber von viel Laberei halten wir Erstbesetzer eigentlich bis heute nicht viel. Es sei denn es geht um wichtige Sachen, die werden schon mal eingehend diskutiert und oft vor sich hergeschoben. Es gibt einiges was wir nicht so klar auf die Reihe bekommen (Wasserversorgung, Veranstaltungen ...). Vielleicht fehlen uns in einigen Punkten auch die Erfahrungen. Unsere Kritiker mögen dies bitte bedenken. Das Gefasel auf vielen Vollversammlungen geht uns oft selbst auf den Geist.
Zurück zu der Besetzung, das Zentrum einer kaum spürbaren Bewegung war also besetzt. Einige Transparente wurden provisorisch gemacht und aufgehangen, fertig ! Eine Absprache mit Gelsenkirchener Initiativen und der Szene fand im eigentlichen Sinne nicht statt, obwohl das Thema Hausbesetzungen in aller Munde war.
In unserer anfangs leichtsinnigen Überschätzung war uns doch schnell klar, daß ein Haus in der Größenordnung nicht nur für uns dasein konnte, sondern von möglichst vielen Leuten und Gruppen genutzt werden sollte. Irgendwo fehlte ein solches Haus und unsere spontane Aktion sollte eine Aktion für alle sein, so in dem Sinne miteinander am gleichen Haus ziehen. In den ersten Tagen und Wochen der Besetzung wuchs eigentlich die Zahl der Interessierten immer weiter an. Die Kneipe entstand, das vegetarische Restaurant, später der Inforaum und mehr. Der Ausbau an sich machte viel Spaß, besonders, wenn man streckenweise sehen konnte, wie es voran ging. Die erste Initiative die voll in das Haus einstieg war auch bald da, baute sich einen Homosexuellenraum auf, der bis heute einer der tollsten Räume im Haus ist.
Doch mit der Zeit stellten wir uns notgedrungen die Frage, wie läuft es eigentlich mit unserer Autonomie !? Viele Typen tauchten im Haus auf, für die wiederum das Haus nichts anderes war als eine Konsumanstalt. Dieses Problem haben wir bis heute noch nicht in den Griff bekommen, aber wer hat das schon geschafft. Dieses Neuland ist eine Herausforderung der wir bisher noch nicht gewachsen waren. In sogenannten öffentlichen Jugendhäusern mit der dicken Knete läufts auch nicht anders. Bei uns sieht man den Anspruch, ein "autonomes Kulturhaus" zu sein bei weitem noch nicht erfüllt. Wir überlegen uns, ob wir diesen Anspruch überhaupt noch aufrecht erhalten können, oder ob wir nicht vielmehr zunächst sehen müssen daß das Wohnen in der oberen Etage angenehmer wird, daß wir als erstes unsere Ideen verwirklicht werden können. Vielleicht müssen wir das Kulturhaus bis auf weiteres aus Mangel an Interesse (innerhalb wie außerhalb) schließen, obwohl das Gedanken sind die wir versuchen werden in der Zukunft überflüssig zu machen.
Mit cirka 15 aktiven Leuten können wir im Augenblick nicht alle unsere Ziele in die Tat umsetzen, das geht einfach nicht. Doch der Versuch etwas neues aufzubauen, ein Haus mit Hilfe von einfachsten Mitteln aufzupeppeln, dieser Versuch bleibt vorerst, auch wenn uns im Haus die Probleme fast über den Kopf wachsen. Da gibt es Leute die einfach so auf zerstören getrimmt sind, daß sie selbst vor Freiräumen ohne Repression und eigenen Sachen nicht Halt machen können. Das ist auch und vonwegen nur Wut im Bauch und no future.
Wir halten unsere Ideen für denkens- und lebenswert und werden sie versuchen zu praktizieren, trotz alledem !!!
Heulen ist nicht, auch, wenn wir fürwahr Gründe genug dazu hätten. Wir brauchen im Grunde auch keine weisen Ratschläge und schon lange kein Mitleid. Was wir brauchen und was wir uns wünschen sind vor allem Leute die an unserem Leben teilhaben wollen, die auch in schlechten Tagen, wenn der Frust kreist, uns Mut machen damit wir nicht resignieren. Das Haus kostet Kraft und zehrt an der Substanz auch der stärksten unter uns. Der Konflikt zwischen aktiven und inaktiven ist im Haus sehr stark da und reibt mit auf. Da wird es niemanden wundern, wenn wir ne Menge Idealismus haben müssen um ohne Wasser und Strom auf unbefristete Zeit zurande zu kommen. Das ist die Sache, daß einige das können und andere eben nicht. Viele von uns brauchen auch ne Menge Erfolgserlebnisse um konsequent weiterarbeiten zu können, andere kommen mit weniger aus.
Nunja, Gelsenkirchen wurde auch nicht über Nacht verschandelt und wenn wir den Winter überleben ist schon wieder ein wesentliches Stückchen "geschafft".
Falls einige von euch in der Szene oder einzelne uns ein bißchen unterstützen wollen, dann hört doch mal rum, ob ihr nicht irgendetwas organisieren könnt. Um einige Anhaltspunkte zu geben, kommt gleich so eine Art Materialliste.
Aufe Daua hilft nur Paua !!!!!
Hausbesetzer aus der Rheinelbestraße
Ja,ja, ja, wenn du so spontan überlegst, was du gebrauchen könntest, um ein Haus wieder in Schuß zu bringen, wirst du vielleicht auf folgendes Zeugs kommen. Vielleicht fällt dir auch mehr ein, dann können wir das bestimmt auch gebrauchen.
Folgende sachen werden bei uns mehr oder weniger dringend benötigt:
Farben aller Art
Bauholz
jede Art von Möbeln
Ofenrohre
Türglocke (2 Stck. so`ne Art Kuhglocke)
Werkzeug (große Teile, Hammer, Sägen ..)
Geschirr (Töpfe, Kannen ....)
Brennmaterial (Kohlen, Holz ...)
Handwerker
Mickey Maus hefte und andere Comiks für die Pausen
Blumen, Pflanzen
Bilder, Plakate
Öfen
Glasscheiben, Fensterkitt
Praktiker und Theoretiker (Berater)
Stoffe
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